Das Parlament
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Das Parlament
Nr. 40 / 04.10.2005
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Jutta Witte

Wie sich die Parteien für die Landtagswahlen positionieren

Rheinland-Pfalz

Die Bundestagswahl ist noch nicht verdaut und der Koalitionspoker läuft in Berlin auf vollen Touren, da müssen sich rheinland-pfälzische Politiker bereits lästigen Fragen zum nächsten Urnengang stellen. Das Land wird seit 14 Jahren sozial-liberal regiert, davon beinahe elf unter der Führung des sozialdemokratischen Urgesteins Kurt Beck. Damit ist es ein Exot in der Bundesrepublik - schon allein deswegen, weil es zu den letzten fünf Bundesländern gehört, in denen die SPD noch mitregiert. Am 26. März ist Landtagswahl und alle Parteien fühlen sich durch das Ergebnis der Bundestagswahl irgendwie bestärkt, obwohl die jetzigen Mehrheitsverhältnisse in Berlin völlig anders aussehen als im Land.

Mit einem satten Vorsprung ist die Koalition bei den Landtagswahlen 2001 ausgestattet worden. Der Löwenanteil ging an die SPD, die mit 44,7 Prozent fast die absolute Mehrheit holte während die Liberalen sich mit 7,8 Prozent und der Rolle eines eher schwachen Juniorpartners begnügen mussten. Die CDU schließlich erlebte unter ihrem Spitzenkandidaten Christoph Böhr einen Absturz auf 35,3 Prozent. Das Landesergebnis der Bundestagswahl jedoch spricht nach Böhrs Auffassung eine andere Sprache. "Stark und selbstbewusst" sieht Becks alter und neuer Herausforderer seine Partei. 36,9 Prozent haben die rheinland-pfälzischen Christdemokraten am 18. September bekommen. Der Vorsprung gegenüber der SPD ist mit 2,6 Prozent zwar nur gering. Dennoch liegt der Landesverband im Vergleich der Bundesländer auf Platz zwei direkt hinter Baden-Württemberg. In zehn von fünfzehn Wahlkreisen punkteten die CDU-Kandidaten. Für "sehr gewagt" hält Böhr es zwar, hieraus Schlüsse für die nächste Landtagswahl zu ziehen. Dennoch deuten die Landesergebnisse nach seiner Einschätzung auf eine klare schwarz-gelbe Mehrheit in Rheinland-Pfalz hin. "Das ist auch unser Ziel für die Landtagswahl 2006", betont Böhr selbstbewusst.

Wenn auch die Aufholjagd aus Sicht der CDU gelungen ist, wird Böhr dennoch im März 2006 zum zweiten Mal gegen einen Amtsinhaber antreten müssen, der fest im Sattel sitzt. Beck gilt trotz der schlechten Großwetterlage, in der sich seine Partei seit langem befindet, als nahezu unangefochtener Landesvater und Vertreter sozialdemokratischer Urtugenden. Beides hatte sich im Wahlkampf vor fünf Jahren als Erfolgsrezept erwiesen. Trotz eines Schuldenbergs, den die CDU bis 2006 auf mehr als 30 Millionen Euro schätzt, verweist der Regierungschef zudem auf landespolitische Erfolge vor allem in den Bereichen Bildung und Wirtschaft.

Landesspezifischer Wahlkampf

Konsequent vermarktet Beck Rheinland-Pfalz als "Land der Bildungsreform", unter anderem mit einem bundesweit beispielhaften Ganztagsangebot an den Schulen, mit Kindergärten, die bereits Zweijährige aufnehmen und fördern, und mit Grundschulen, in denen schon in den ersten beiden Schuljahren Fremdsprachen unterrichtet werden sollen. Das Ergebnis der Bundestagswahl bezeichnet Beck als eine gute Grundlage um seine Arbeit fortzusetzen. "Die SPD hat wieder gelernt zu gewinnen", sagt er. Der Ministerpräsident sieht sich im eigenen Land weder von der Linkspartei.PDS bedroht, die bei der Bundestagswahl 5,6 Prozent der Zweitstimmen in Rheinland-Pfalz holte und besonders in sozial schwachen Gebieten gut abschnitt, noch fürchtet er um seinen jetzigen Koalitionspartner. "Ich muss da keine Ängste hegen", betont er mit Blick auf die FDP.

Mit 11,7 Prozent liegt die rheinland-pfälzische FDP deutlich über dem Bundesergebnis ihrer Partei. Der Zugewinn an Zweitstimmen ging vor allem zu Lasten der CDU. Vor diesem Hintergrund kann die Partei Selbstbewusstsein zeigen, vor allem in einem Bundesland, dessen Wirtschaft vorwiegend mittelständisch geprägt ist. So stoßen auch Ankündigungen von den Grünen, der FDP bei den Landtagswahlen den dritten Platz streitig machen zu wollen, bei Wirtschaftsminister Hans-Artur Bauckhage auf äußerste Gelassenheit. "Rheinland-Pfalz ist wirtschaftlich mehr als gut aufgestellt", erklärt Becks Stellvertreter. Damit könne die Koalition punkten. "Aber jeder weiß natürlich auch, wer hier im Land Wirtschaftsminister ist", fügt er hinzu und verweist auf ein Wirtschaftswachstum von 1,2 Prozent in den lvergangenen zwei Jahren, das über dem Bundesdurchschnitt liege, und auf eine Exportquote, mit das Land mit an der Spitze stehe.

Angesichts der guten Lage auf dem rheinland-pfälzischen Arbeitsmarkt sei nicht davon auszugehen, dass Themen wie die Umverteilung von oben nach unten bei der Landtagswahl eine große Rolle spielen würden. SPD und FDP setzen darauf, dass der kommende Wahlkampf durch die vorgezogene Bundestagswahl, die dann schon ein halbes Jahr zurück liegen wird, ein landesspezifischer wird. Ob und zu wessen Gunsten die FDP eine Koalitionsaussage machen wird, werde sie im Februar entscheiden. Für Beck ist dies derzeit ohnehin kein Thema: "Wir müssen so stark werden", betont der Ministerpräsident, "dass gegen uns nicht regiert werden kann."


Ausdruck aus dem Internet-Angebot der Zeitschrift "Das Parlament" mit der Beilage "Aus Politik und Zeitgeschichte"
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