Das Parlament
Mit der Beilage aus Politik und Zeitgeschehen

Das Parlament
Nr. 40 / 04.10.2005
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Annette Sach

Der Weg der Türkei nach Europa

Stichwort

Bereits vor 46 Jahren stellte die Türkei erstmals einen Antrag, in die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) aufgenommen zu werden, die damals noch aus sechs Mitgliedsstaaten bestand. 1964 trat ein Assoziierungsabkommen zwischen dem Land am Bosporus und der EWG in Kraft. Es stellte in Aussicht, "die Möglichkeit eines Beitritts der Türkei zu prüfen", sobald die Voraussetzungen dafür gegeben seien. Der Militärputsch in der Türkei im Jahr 1980 beendete den Weg der Annäherung abrupt. Anfang der 80er-Jahre, nach Einsetzung einer Zivilregierung, normalisierte sich das Verhältnis zwischen der EU und der Türkei wieder. Im Jahr 1987 beantragte Ankara offiziell die Aufnahme in die damalige Europäische Gemeinschaft (EG). Anfang der 90er-Jahre legen die Staats- und Regierungschefs bei ihrem Treffen in Kopenhagen Kriterien für künftige Beitrittskandidaten fest: neben wirtschaftlichen und politischen Bedingungen gehörten dazu auch die Einhaltung der Menschenrechte. 1996 trat das zwischen der EU und der Türkei geschlossene Zollabkommen in Kraft. Hinsichtlich der Beitrittswünsche der Türkei verlangte die EU Reformen bei Menschenrechtsverletzungen und in der Minderheitenfrage. 1999 erhielt die Türkei beim Gipfeltreffen in Helsinki den Status eines Beitrittskandidaten - aber erst nach einem "politischen Dialog" über offene Fragen, wie es diplomatisch hieß. Nach einer Reihe von Reformen in der Türkei einigten sich die Staats- und Regierungschefs, nach einer Empfehlung der EU-Kommission im Oktober 2004, auf Beitrittsverhandlungen mit der Türkei für den 3. Oktober 2005. Im Sommer 2005 kommt es zwischen der Türkei und der EU zu einem Streit über die Anerkennung Zyperns. Obwohl Ankara ein Abkommen über die Ausweitung der Zollunion auf die zehn neuen Mitgleider unterzeichnet hat, erklärt das Land, die Unterzeichnung bedeute keine völkerrechtliche Anerkennung des Landes. Kurz vor Beginn der Gespräche am 3. Oktober wird plötzlich der Verhandlungsrahmen in Frage gestellt. Die österreichische Regierung forderte den Satz "gemeinsames Ziel der Verhandlungen ist der Beitritt" zu streichen. Sie will, dass auch ein "alternatives Verhandlungsziel" möglich ist. Am Sonntagabend beraten jetzt die EU-Außenminister in letzter Minute auf einer Krisensitzung in Luxemburg über die Modalitäten der Verhandlungn - der Ausgang des Treffens war bei Redaktionsschluß noch offen.


Ausdruck aus dem Internet-Angebot der Zeitschrift "Das Parlament" mit der Beilage "Aus Politik und Zeitgeschichte"
© Deutscher Bundestag und Bundeszentrale für politische Bildung, 2005.