Das Parlament
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Das Parlament
Nr. 13 / 27.03.2006
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Heike Schmidt

Begrüßt mit karibischem Lächeln

Botschaften in Berlin (X): Die Repräsentanz von Jamaika

Bei Jamaika denkt man zuallererst an Urlaub. An Palmen umsäumte Sandstrände, Rasta, Rum und Reggae-Musik. Niemand, der nicht davon träumt, hier einmal die Seele baumeln zu lassen. Wer jedoch erwartet, dass sich die Exotik auch in der Berliner Botschaft des Karibikstaates niederschlägt, wird enttäuscht: Die Repräsentanz residiert nicht etwa im feinen Diplomatenviertel und wurde auch nicht von internationalen Architekturbüros gebaut - sie besteht aus einem schlichten Mietshaus auf einem Altberliner Hinterhof.

Unweit des Friedrich-Wilhelm-Platzes in der Schmargendorfer Straße 32, mitten im gutbürgerlichen Friedenau, weisen auf einem schlichten Hinterhof grün-gelb-schwarze Fahnen den Weg. Ganz und gar nichts an diesem Ort ist deutsch: Denn seit ihrem Umzug aus Bonn im Mai 2002 sitzt hier die Botschaft der Republik Jamaika.

Wer über die Vertretung berichten will, der kann wenig zum Inventar oder über das Gebäude sagen, dafür aber umso mehr über die Herzlichkeit und die Offenheit ihrer Mitarbeiter. Glücklicherweise trügt der erste Eindruck, der entsteht, wenn man die Botschaft betritt: Kahle weiße Bürowände und schwarze Sitzgruppen vermitteln alles andere als karibisches Flair. Karg und kühl wirkt das, keinesfalls wie die Vertretung eines Landes, in das viele Menschen gern aus dem grauen kalten Winter entfliehen würden. Nur hier und da gibt es Hinweise darauf, dass das Land, um das es hier geht, zu Recht als paradisisches Fleck- chen Erde gilt. Bilder von traumhaften Stränden, Wasserfällen und exotischen Blüten lassen Besucher ins Träumen geraten. Und wer erst die Botschafterin und ihre Mitarbeiter kennenlernt, der stellt fest, dass dies alles andere als ein langweiliges Bürogebäude ist.

Der Empfang in der Botschaft ist warm, Gäste werden mit einem karibischen Lächeln begrüßt. Der Botschafterin ist es wichtig, über die Lebensfreude der Jamaikaner zu berichten. Während Marcia Gilbert-Roberts über ihre Arbeit und ihr Heimatland erzählt, kommt sie immer wieder darauf zu sprechen: "Für viele von uns ist das Leben sehr hart. Umso wichtiger ist es, allen Herausforderungen offen und mit Gelassenheit zu begegnen. Ich denke diese Gelassenheit und Lebensfreude ist ganz typisch für unser Land." Und in der Tat scheint in Jamaika zu gelingen, was in Europa gerade heiß diskutiert wird: das friedliche Mit- und Nebeneinander vieler verschiedener Kulturen und Religionen. In Jamaika leben Christen, Juden, Muslime und Angehörige kleinerer Religionsgemeinschaften zusammen.

Wenn die Botschafterin von der Wichtigkeit der Religion für die Jamaikaner erzählt, von den unzähligen Kirchen und Gotteshäusern und der großen Toleranz, mit der man sich begegnet, dann ist deutlich spürbar, wie sehr sie ihr Land liebt und wie stark sie mit ihrer Kultur verbunden ist: "Es ist wirklich ganz unwichtig, zu welcher Religion du dich bekennst; als Jamaikaner bist du Teil einer Gemeinschaft." Ähnlich bunt gemischt wie die Religionen ist die Herkunft der Einwohner, sie haben afrikanische, europäische, indische und chinesische Wurzeln. Sogar eine kleine deutsche Gemeinde gibt es dort seit dem 18. Jahrhundert: Germantown.

Die Berliner Repräsentanz Jamaikas ist nicht nur für Deutschland zuständig, sondern auch für andere europäische Staaten, vor allem in Osteuropa: die Tschechische Republik, Russland, Ungarn, Polen, den Vatikan, die Ukraine, die Slowakei und die Schweiz. "So oft ich kann, besuche ich diese Länder und tausche mich mit meinen Kontaktpersonen vor Ort aus", sagt die Botschafterin Marcia Gilbert-Roberts. Durch Gespräche mit den Honorarkonsuln wird sie regelmäßig über die aktuelle Lage in den von ihr betreuten Ländern unterrichtet. Besonders am Herzen liegt es ihr, sagt sie, "engen und regelmäßigen Kontakt zu den dort lebenden Jamaikanern zu halten". Oft tauscht sie sich persönlich mit ihnen aus. Allerdings haben sich nicht allzu viele aus der karibischen Sonne ins kalte Europa gewagt; in Berlin leben gerade einmal 100 Jamaikaner, in Ungarn sind es nur zehn. "Seit dem vergangenen Jahr leben sogar zwei Jamaikaner in der Slowakei, zuvor war es nur einer."

Angesichts der wenigen Landsleute, die nach Europa gekommen sind, ist die Betreuung durch die Botschafterin natürlich besonders gut. Marcia Gilbert-Roberts weiß genau um deren Situation, ihre Nöte und Sorgen. Sie kann nachvollziehen, wie schwer es ist, die Karibik zu verlassen und im fremden Europa neu anzufangen und Fuß zu fassen. Den Kontakt zur Heimat zu halten, auch über die Botschaft, sei da besonders wichtig.

Als Botschafterin konzentriert sich Marcia Gilbert-Roberts darauf, die Beziehungen zwischen Jamaika und Deutschland zu festigen. Damit meint sie bei weitem nicht nur die wirtschaftlichen Verbindungen: Kultureller Austausch ist ihr ebenso wichtig, wie das gegenseitige Kennenlernen. Gerne würde sie mehr Europäer für ihr Land und für die vielen Menschen unterschiedlichster Herkunft begeistern, die hier zu Hause sind und das Leben trotz vieler Schwierigkeiten offenbar etwas leichter nehmen als wir.

Das zu erreichen, ist das erklärte Ziel ihre Arbeit. Für diejenigen, die sie nicht persönlich mit ihrer Be-geisterung für ihre Heimat anstecken kann, gibt es auf der Website der Botschaft unter "www.jamaican-embassy-berlin.de" erste Eindrücke von der Karibikinsel. Hier sind nützliche Informationen und Links für Neugierige und Touristen aufgereiht. Auch Aussteiger und Volontäre finden hier Rat. Wer nach Jamaika will, um dort zu arbeiten, zu leben oder sich zu erholen, kann sich direkt an die Botschaft wenden und in der Rubrik "Feedback" mit ihr in Kontakt treten. Falsche Bescheidenheit ist unangebracht: Für den Wunsch, das Land mit den freundlichen Menschen zu besuchen, hat man in der Botschaft größtes Verständnis.


Ausdruck aus dem Internet-Angebot der Zeitschrift "Das Parlament" mit der Beilage "Aus Politik und Zeitgeschichte"
© Deutscher Bundestag und Bundeszentrale für politische Bildung, 2005.