Das Parlament
Mit der Beilage aus Politik und Zeitgeschehen

Das Parlament
Nr. 25 - 26 / 20.06.2005
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Johanna Metz

Zur Person: Josep Borrell


Geboren wurde der Katalane Josep Borrell Fontelles am 24. April 1947 in Pobla de Segur, einem kleinen Pyrenäendorf in der Lérida. Schon als Kind half er in der Bäckerei seines Vaters und verkaufte Brot in den umliegenden Gebirgsdörfern. Dafür verließ er im Alter von zehn Jahren die Grundschule und lernte fortan zu Hause für das Abitur. In Madrid studierte Borrell danach Luftfahrt, Flugzeugtechnik und Wirtschaftswissenschaften, bevor er sein Studium mit Hilfe von Stipendien auch im Ausland fortsetzte: Zunächst in Paris, dann an der Universität in Stanford, Kalifornien, wo er seinen Magister in Energiewirtschaft und Angewandter Mathematik ablegte. Aus den USA zurückgekehrt, promovierte er in Madrid und übernahm, jetzt als Doktor der Wirtschaftswissenschaften, an der Universität Complutense einen Lehrstuhl in Wirtschaftsanalyse. In dieser Zeit begann sich der Wissenschaftler auch in der Politik zu engagieren. Seit 1975 Mitglied der Sozialistischen Arbeiterpartei Spaniens (PSOE), wurde er 1979, im Alter von 32 Jahren, in den Stadtrat von Madrid gewählt. 1986 errang er einen Sitz im spanischen Parlament. Bald stieg er in die Regierung auf: Von 1991 bis 1996 galt er als Minister für Bauwesen, Verkehr und Umwelt als enger Vertrauter von Ministerpräsident Felipe González. Nachdem die Sozialisten die Wahlen verloren hatten, lenkte Borrell sein Augenmerk zunehmend auf die Europapolitik. Im Oktober 1999 übernahm er für fünf Jahre den Vorsitz des spanischen Parlamentsausschusses für Europaangelegenheiten. Im Verfassungskonvent vertrat er seit 2002 das spanische Parlament. Dann feierten die spanischen Sozialisten ein Comeback, von dem auch Borrell profitierte: Als Spitzenkandidat bei der Europawahl am 13. Juni 2004 erzielte er mit der Parole "Zurück zu Europa" das beste Ergebnis der Parteigeschichte. Nur wenige Wochen später wählten ihn die Europa-Abgeordneten mit großer Mehrheit zu ihrem Präsidenten. Ein Vorgang, der insbesondere bei den kleineren Fraktionen für Missstimmung sorgte, hatten sich doch die beiden stärksten Fraktionen im Europäischen Parlament zuvor miteinander abgesprochen. Sie vereinbarten, dass Borrell, der als brillianter Redner gilt und dem langjährige Beobachter einen "Hang zum Pragmatismus" attestieren, nur die ersten zweieinhalb Jahre der Legislaturperiode im Amt bleiben soll.

Solange möchte Borrell vor allem eines: Er will in der außenpolitisch zerstrittenen EU-Volksvertretung für einen Konsens werben und den Menschen die "europäischen Vorgänge näher bringen und verständlich machen". Immer wieder hatte er sich im Vorfeld des Europäischen Gipfels für eine Fortsetzung des Ratifizierungsverfahrens ausgesprochen.


Ausdruck aus dem Internet-Angebot der Zeitschrift "Das Parlament" mit der Beilage "Aus Politik und Zeitgeschichte"
© Deutscher Bundestag und Bundeszentrale für politische Bildung, 2005.