Das Parlament
Mit der Beilage aus Politik und Zeitgeschehen

Das Parlament
Nr. 43 / 24.10.2005
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Christoph Spöckner

Streit um den Status

Damals ... vor 15 Jahren am 24. Oktober: Die 24 Abgeordneten der PDS werden als Gruppe anerkannt

Ob Gruppe, Fraktion oder fraktionslos - die Abgeordneten der Partei des demokratischen Sozialismus (PDS) haben alles schon einmal mitgemacht. Dank des Zusammenschlusses mit der Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit (WASG) ist die jüngst in Linkspartei.PDS umbenannte Partei im neuen Bundestag nun wieder in Fraktionsstärke vertreten. In der vorhergehenden Legislaturperiode saßen lediglich zwei direkt gewählte PDS-Abgeordnete im Parlament: Sie galten als fraktionslos und hatten ihren Platz im Plenum links außen in der hintersten Reihe. 1994 war die PDS noch mit 30 Abgeordneten in den Bundestag eingezogen - für einen Fraktionsstatus reichte das aber immer noch nicht.

So auch 1990: Die 24 Abgeordneten, die am 4. Oktober 1990 von der DDR-Volkskammer in den ersten gesamtdeutschen Bundestag entsandt worden waren, zwei Monate vor der eigentlichen Bundestagswahl im Dezember, konnten aufgrund ihrer zahlenmäßigen Stärke keine Fraktion bilden. Dazu wären laut Geschäftsordnung des Bundestages fünf Prozent der Mitglieder des Parlaments nötig gewesen. Das entspricht je nach Größe des Parlaments meist etwas mehr als 30 Abgeordneten. Der Bundestag erkannte die 24 Abgeordneten am 24. Oktober deshalb lediglich als Gruppe an.

Dieser rechtliche Status ermöglichte es der Partei, je einen Abgeordneten in den Ältestenrat und die Fachausschüsse zu entsenden. Allerdings hatte der weder ein Antrags- noch ein Rederecht, sondern war lediglich beratendes Mitglied. Außerdem durfte die Gruppe Vorlagen einbringen und - gemäß ihrer Stärke im Verhältnis zu den Bundestagsfraktionen - Redezeit beanspruchen. Die 24 Abgeordneten bekamen aber auch finanzielle, technische und personelle Unterstützung: Pro Monat wurde ihnen ein Grundbetrag von damals 210.000 Mark und ein Zuschlag von 7.700 Mark pro Gruppenmitglied überwiesen. Dem damaligen Vorsitzenden der Gruppe, Gregor Gysi, wurden außerdem die Rechte eines Fraktionsvorsitzenden anerkannt.

Bei den folgenden ersten gesamtdeutschen Bundestagswahlen am 2. Dezember .1990 gelang es der der PDS dann nur dank einer Sonderregelung, ins Parlament einzuziehen. Nach der Wiedervereinigung am 3. Oktober blieb schließlich nur wenig Zeit, die Bundestagswahl im Dezember vorzubereiten. Für den Einzug ins Parlament sollte es daher reichen, entweder im Wahlgebiet Ost oder im Wahlgebiet West über die Hürde von fünf Prozent zu kommen.

Daraufhin zogen 17 PDS-Abgeordnete in den Bundestag ein. Wie auch im Fall von Bündnis 90/Die Grünen stand ihnen erneut nur ein Gruppenstatus zu. Die PDS aber versuchte, ihren Status zu verbessern. Mit wenig Erfolg: Das Bundesverfassungsgericht entschied in einem Urteil im Jahr 1991 lediglich, dass den Grünen und der PDS weitergehende Mitwirkungsrechte zuerkannt werden sollen, als es die Bundestagsmehrheit ursprünglich vorgesehen hatte.

Und auch das nächste Organstreitverfahren in Karlsruhe brachte nicht das von der PDS gewünschte Ergebnis. 1997, also erst in der folgenden 14. Legislaturperiode, sprachen sich die Karlsruher Richter endgültig gegen eine Anerkennung der PDS-Gruppe als Fraktion aus - allerdings wieder verbunden mit mehr Rechten: Die Gruppe durfte von nun an ordentliche und stellvertretende Mitglieder in Ausschüsse, Unterausschüsse und Untersuchungsausschüsse entsenden sowie Gesetzentwürfe, Entschließungsanträge oder auch Große und Kleine Anfragen einbringen. Ihr Mitglied im Ältestenrat hatte künftig ein Stimmrecht.

Im Jahr 2002 erreichten die beiden direkt gewählten Abgeordneten Gesine Lötzsch und Petra Pau dann nicht einmal einen Gruppenstatus. Die PDS scheiterte, nachdem sie von 1998 bis 2002 als Fraktion im Bundestag vertreten war, an der Fünf-Prozent-Hürde. Pau und Lötzsch konnten als fraktionslose Abgeordnete zwar pro Tagesordnungspunkt drei Minuten Redezeit beanspruchen, durften aber keine Gesetzentwürfe und Anträge einbringen oder aktuelle Stunden beantragen. Dafür konnten die beiden Abgeordneten mündliche und schriftliche Anfragen stellen und in je einem Ausschuss beratend mitwirken. Um als Gruppe anerkannt zu werden, wäre lediglich ein weiterer Mitstreiter nötig gewesen.

Wie geht es weiter? Bisher waren die vier Bundestagsfraktionen schließlich in je einem der vier Ecktürme des Berliner Reichstags untergebracht. In der kommenden Legislaturperiode gibt es jedoch fünf Fraktionen. Wer also in der kommenden Legislatur seine Zelte im heiß umkämpften vierten Turm aufschlagen wird - die Linke.PDS als viertgrößte Fraktion oder die Grünen als nunmehr schwächste Kraft im Parlament - ist noch offen.


Ausdruck aus dem Internet-Angebot der Zeitschrift "Das Parlament" mit der Beilage "Aus Politik und Zeitgeschichte"
© Deutscher Bundestag und Bundeszentrale für politische Bildung, 2005.