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Arbeiten:
Es gibt viel zu tun! GLASKLAR „Arbeiten“ begleitet die
Abgeordneten durch die Sitzungswoche, schaut sich an, wie ein
Gesetz entsteht und hat junge Menschen getroffen, die im Bundestag
arbeiten. Und was macht eigentlich ein Bundestagspräsident und
was eine Fraktionsvorsitzende? GLASKLAR hat einfach mal
nachgefragt.
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Politik aktiv gestalten:
Mitmischen.de ist das Jugendforum des Deutschen Bundestages im
Internet. Die Plattform bietet Chats mit Abgeordneten des
Bundestages, Diskussionsforen, Abstimmungen, Nachrichten und
Hintergrundberichte zu aktuellen politischen Themen.
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Nachwuchstalent
Vieles drehte sich im Parlamentsviertel in den letzten Wochen um den Fußball. Aber nicht alles. Wenn zum Beispiel Ursula Heinen im Tunnel zwischen Reichstagsgebäude und Paul-Löbe-Haus von Kolleginnen und Kollegen angesprochen wird, dann geht es nicht um Ballack oder Ronaldinho, sondern um einen für sie viel wichtigeren Star. Die Vorsitzende der Frauengruppe der CDU/CSU-Fraktion hat nämlich Familienpolitik für sich ganz persönlich umgesetzt. Das Ergebnis ist Töchterchen Anna, über das Ursula Heinen „sehr glücklich“ ist. Zumal sie nach eigenen Worten zu den „klassischen Fällen“ gehört, zu den vielen Akademikerinnen, die sich erst relativ spät fürs Kind entscheiden. Das geplante Elterngeld könnte sie allerdings nicht in Anspruch nehmen, auch wenn es bereits in Kraft wäre. „Als Abgeordnete kann man nicht einfach ein Jahr aussteigen.“ Deshalb bleibt Anna zu Hause in Köln, tagsüber in der Obhut einer Erzieherin, in den restlichen Stunden sorgt der Papa für die Kleine.
Zwischenbilanz mit 79
Auch beim Empfang für Otto auf der Fraktionsebene im Reichstagsgebäude sind keine Fußballstars anzutreffen, sondern Prominente aus Diplomatie und Politik. Geehrt wird nicht etwa Erfolgstrainer Otto Rehhagel, sondern Otto Graf Lambsdorff, der jetzt sein Amt bei der Friedrich-Naumann- Stiftung aufgegeben hat. „Auf Otto konnte man sich immer verlassen“, schwärmt der ehemalige US-Außenminister Henry Kissinger, der extra zu diesem Anlass nach Deutschland gekommen ist. Über sich selbst sagt er, er spreche „am ersten Tag so Deutsch, dass es erst am nächsten Tag ankommt“.
Auch die früheren FDP-Vorsitzenden Hans-Dietrich Genscher und Wolfgang Gerhardt, der Lambsdorff bei der Naumann-Stiftung folgt, geben dem 79-Jährigen die Ehre. Der jetzige FDP-Chef Guido Westerwelle lobt Lambsdorff als „Persönlichkeit, die Geschichte geschrieben hat“. Lambsdorff selbst gibt sich gewohnt kurz und schlagfertig. Seine Antwort auf die Elogen: „Schön, dass Sie eine Zwischen- und keine Schlussbilanz ziehen.“
Hoch im Westen
Fünf Stars einer ganz anderen Machart sind in der nordrhein-westfälischen Landesvertretung anzutreffen. Sie sind überlebensgroß, tragen Namen wie „Große Sinnende“ oder „Der Gestürzte“, wurden vom Bildhauer Wilhelm Lehmbruck geschaffen und für einige Wochen aus dem Duisburger Lehmbruck- Museum ausgeliehen. Hans-Heinrich Grosse- Brockhoff, Chef der Staatskanzlei NRW, weist darauf hin, dass Nordrhein-Westfalen „eine der dichtesten und reichhaltigsten Kulturlandschaften der Welt“ bilde, in der nicht das Erbe von Fürsten, sondern das von Bürgerinnen und Bürgern zusammengetragen worden sei. Duisburgs Oberbürgermeister Adolf Sauerland würdigt Lehmbruck – neben Gerhard Mercator – als „wichtigsten Sohn“ der Stadt. Petra Weis, Duisburger SPD-Bundestagsabgeordnete, schwärmt von dem Lehmbruck- Museum. Sie liebe die bildende Kunst von Kindesbeinen an und sei auch Mitglied im Freundeskreis der Stiftung. „Es geht auch darum, das Ruhrgebiet als Kulturlandschaft noch bekannter zu machen.“
Alte Haudegen
Und noch ein Abend ohne Fußball. Auch ohne Stars? Journalisten drängen sich ja normalerweise nicht in den Mittelpunkt, sondern geben sich als Beobachter und Zaungäste. Beim Fest zum 35. „Dienstjubiläum“ der „Gelben Karte“, des ältesten und renommiertesten journalistischen Hintergrundkreises in Berlin, ist es in der Bremer Landesvertretung einmal umgekehrt. Die Journalisten werden gefeiert, und Politiker sowie aktuelle und ehemalige Regierungssprecher gratulieren. So Klaus Bölling, der sich über die Bildung manch jüngerer Journalisten Sorgen macht. „Wenn jemand bei der SPD-Pressestelle um ein Interview mit Herbert Wehner bittet, als Antwort bekommt, der sei gerade mit Franz Josef Strauß im Gespräch, und dann immer noch nicht stutzig wird“, dann müsse man sich schon Gedanken machen.
Die Lichtgestalt
Wo bleibt denn nun das Thema Nummer eins? Den Fußball kann man in diesen Wochen im Parlamentsviertel nicht umdribbeln. Direkt vor dem Bundestag lockt ein Nachbau des Berliner Olympiastadions die Fans, die politisch Interessierten unter ihnen können sich in der „Bundestagsarena“ über das Parlament informieren, und am Brandenburger Tor lädt der Fußball- Globus ein. Und der Kaiser ist natürlich auch zur Stelle. Zur Eröffnung der Ausstellung „Kunst und Fußball“ enthüllt Franz Beckenbauer im Kunst- Raum des Bundestages ein Porträt seiner selbst. Als ihn ein Journalist fragt, ob er sich auf dem Bild wiedererkenne, meint er: „Es ist ganz gelungen, muss aber schon älter sein. Denn darauf hab ich ja noch dunkle Haare.“ Vizepräsident Wolfgang Thierse hingegen meint, ein Porträt vom Franz sei gar nicht nötig gewesen. „Schließlich kennen wir ihn doch alle.“ Das gilt natürlich auch für Detlef Parr, der einen Fußball bei sich hat, auf dem er Autogramme von Prominenten aus Fußball und Politik sammelt. Beckenbauer hat sich darauf schon verewigt. Das trifft sich gut für den FDP-Abgeordneten. Denn ehe der Kaiser eintrifft, wird Parr zur namentlichen Abstimmung ins Plenum gerufen.
Text: Klaus Lantermann
Erschienen am 6. Juni 2006