INITIATIVEN ZU EU-RECHTSAKTEN
Bei Auftragsvergaben deutsche Besonderheiten berücksichtigen
(wi) Der Wirtschaftsausschuss hat sich am 15. Mai dafür ausgesprochen, dass bei der Formulierung von EU-Rechtsakten über die Koordinierung der Auftragsvergabe durch Auftraggeber darauf zu achten ist, dass die nationalen Besonderheiten bei der Bestimmung der anzuwendenden Tarife berücksichtigt werden.
Im Einzelnen geht es um Richtlinienvorschläge im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung (Rats-Dok. Nr. 10346/00), im Bereich öffentlicher Liefer-, Dienstleistungs- und Bauaufträge (Rats-Dok. Nr. 10345/00) und um eine Verordnung zu öffentlichen Dienstleistungsaufträgen für den Personenverkehr (Rats-Dok. Nr. 10776/00).
Tarifvorschriften einhalten
Dazu nahm der Ausschuss einen Entschließungsantrag von SPD und Bündnisgrünen an. Entschließungsanträge der CDU/CSU und der PDS lehnte er mehrheitlich ab. Die Rechtsakte dürften nicht dazu führen, dass die Regelungen nur in einigen EU-Staaten umsetzbar sind, so die Koalition. Andernfalls könnte es in Deutschland zu Anwendungsproblemen des Tariftreuegesetzes bei Vergaben oberhalb der Schwellenwerte für die europäische Vergabe kommen.
Die im Entschließungsantrag vorgeschlagenen Formulierungen ermöglichten es allen Mitgliedstaaten, das jeweils übliche nationale Verfahren zur Bestimmung der einzuhaltenden tariflichen Vorschriften beizubehalten. Sie entsprächen zugleich den Vorschriften des Tariftreuegesetzes. Der Ausschuss tritt unter anderem dafür ein, für eigenwirtschaftlich betriebene Verkehrsnetze oder Linienbündel keine Pflicht zur Ausschreibung vorzugeben. Eine Vergabe nach Qualitätsvergleich müsse möglich sein. Die Laufzeit für öffentliche Dienstleistungsaufträge im öffentlichen Personennahverkehr sollte wegen der Investitionssicherheit acht Jahre betragen. Für ausländische Anbieter sollte es eine Niederlassungspflicht in dem Land der Dienstleistung geben.
Die CDU/CSU hatte die Vorschläge der EU-Kommission als Öffnung des Vergabewesens für den elektronischen Geschäftsverkehr begrüßt. Sie trügen allerdings den Erfordernissen der informationstechnischen Sicherheit nicht ausreichend Rechnung. Für die Übermittlung von Angeboten oder anderen sensiblen Dateninhalten per Fax oder auf elektronischem Weg sei eine zuverlässige Verschlüsselung notwendig. Bei kleineren Betrieben und Auftraggebern erlaube die technische Ausstattung derzeit eine Teilnahme am elektronischen Geschäftsverkehr nicht. Kleinere öffentliche Auftraggeber könnten gezwungen sein, ihre Ausschreibungen zu bündeln, um entsprechende technische Einrichtungen zu benutzen. Dies könnte die Teilnahme mittelständischer Unternehmen an Ausschreibungen reduzieren.
"Kleine" nicht benachteiligen
Die Regelung zu Rahmenvereinbarungen begünstige einseitig die öffentlichen Auftraggeber, lautet eine weitere Kritik der Union. Die Auftragnehmer müssten Personal und technische Ausrüstung vorhalten, ohne sicher sein zu können, dass die Auftragsmenge auch abgerufen wird. Klein- und Mittelbetriebe könnten wegen ihrer Struktur keine Überkapazitäten für eventuelle Aufträge aufrechterhalten. Beklagt wird auch, dass die EU-Vorschläge keine Grenzen für vergabefremde Aspekte bei öffentlichen Beschaffungen vorgeben. Dies sei strikt abzulehnen. Die PDS begrüßte die Möglichkeiten, beschäftigungspolitische, soziale und ökologische Ziele mit öffentlichen Aufträgen verfolgen zu können. Dies sei wichtig, um Standards in der öffentlichen Daseinsvorsorge zu sichern.