INTERFRAKTIONELLES GESETZ VERABSCHIEDET
Dem ethischen Tierschutz in der Verfassung gesondert Rechnung tragen
(re) Mit der klaren Mehrheit der bei der Abstimmung anwesenden 576 Abgeordneten hat der Bundestag einer Verfassungsänderung zugestimmt, der zufolge das Staatsziel Tierschutz im Grundgesetz verankert wird. Bei der namentlichen Abstimmung am 17. Mai votierten 542 Abgeordnete für eine entsprechende Gesetzesinitiative der Fraktionen von SPD, CDU/CSU, Bündnis 90/Die Grünen und FDP ( 14/8860). Mit Nein stimmten 19 Parlamentarier bei 15 Enthaltungen. Gescheitert ist hingegen ein Gesetzentwurf des Bundesrates ( 14/758).
Auf Grund interfraktioneller Einigung wurden Gesetzentwürfe der Fraktionen von SPD und Bündnisgrünen ( 14/8360), der FDP ( 14/207), der PDS ( 14/279) für erledigt erklärt.
Die Notwendigkeit für ein gemeinsames Gesetz hat sich den Fraktionen zufolge daraus ergeben, dass der Schutz von Tieren als Lebewesen in der Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland noch immer unzulänglich ist. Deshalb solle die Verankerung des Tierschutzes in der Verfassung dem Gebot eines sittlich verantworteten Umgangs des Menschen mit den Tieren Rechnung tragen. Ein ethisches Mindestmaß für das menschliche Verhalten erforderten die Leidens- und Empfindungsfähigkeit insbesondere von höher entwickelten Tieren, heißt es. Auch haben die inzwischen bekannt gewordenen Ergebnissen von Wissenschaft und Forschung, die selbst das Klonen von Tieren ermöglichten, gezeigt, dass die Regelungen des Tierschutzgesetzes dazu nicht ausreichten. Der Tierschutz sei bislang gegenüber anderen mit Verfassungsrang ausgestatteten Rechtsgütern, wie etwa der Forschungs- und Wissenschaftsfreiheit, kaum effektiv durchsetzbar. Das sei auch bei den Tierversuchen deutlich geworden. Die Notwendigkeit eines ethischen Mindeststandards für den Umgang des Menschen mit Tieren habe sich im Bereich der Tiertransporte und der Nutztierhaltung gezeigt, wie sich dies in zahlreichen Gerichtsentscheidungen widergespiegelt habe.
Für die gebotene Abwägung zwischen den Interessen der Tiernutzung und dem Anspruch der Tiere auf Schutz vor Leiden, Schäden oder Schmerzen sei es notwendig gewesen, die Rechtsebenen anzugleichen und dem Tierschutz Verfassungsrang zu geben. Deshalb habe man in Artikel 20a des Grundgesetzes neben das bereits bestehende Staatsziel des Schutzes der natürlichen Lebensgrundlagen den Schutz der Tiere aufgenommen.
Die unterschiedlichen Gesetzentwürfe hatten übereinstimmend die Aufnahme eines Staatszieles Tierschutz in das Grundgesetz vorgeschlagen. Erwogen wurde dabei sowohl eine Ergänzung des Artikels 20a Grundgesetz als auch die Einführung eines neuen Artikels 20b in das Grundgesetz.
Schon einmal hatten die Koalitionsfraktionen in dieser Legislaturperiode die Änderung des Grundgesetzes mit dem Staatsziel Tierschutz angeregt und einen entsprechenden Gesetzentwurf ( 14/282) eingebracht. Dieser war am 15. April 2000 in der namentlichen Abstimmung des Bundestages gescheitert.
Bei der abschließenden Beratung des Rechtsausschusses am 15. Mai 2002 hatten alle Fraktionen ihre Zufriedenheit darüber zum Ausdruck gebracht, dass der Tierschutz in der Verfassung verankert wird. Deshalb empfahlen die Abgeordneten die einstimmige Annahme ( 14/9090).