Das Parlament
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Nr. 07-08 / 16.02.2004
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pot/mik

Stolpe soll Vertrag sofort kündigen

Bei Scheitern des Spitzengesprächs zur Maut

Haushalt/Verkehr und Bauwesen. Bundesverkehrsminister Manfred Stolpe (SPD) soll "unverzüglich" die formalen Voraussetzungen für eine Kündigung des Vertrages mit dem Mautkonsortium Toll Collect schaffen. Dies beschloss der Haushaltsausschuss einstimmig am 11. Februar. Weiter soll der Minister, soweit noch nicht geschehen, die Vertragsstrafen und Schadenersatzforderungen geltend machen und erforderlichenfalls einklagen. Einig waren die Abgeordneten sich jedoch auch, dass der Minister das vorgesehene Spitzengespräch mit den Vertretern des Betreiberkonsortiums für die Lkw-Maut noch führen soll.

Dabei will Stolpe ausloten, ob mit dem Konsortium weitergearbeitet werden kann oder ob der Mautvertrag endgültig gekündigt werden soll. "Ich stehe direkt vor der Entscheidung, wie es eventuell weiter gehen soll", erklärte Stolpe. Während er die im Angebot des Betreiberkonsortiums vom 27. Januar enthaltene Projektplanung für die zweistufige Mauteinführung zum 31. Dezember 2004 und zum 31. Dezember 2005 als "nachvollziehbar und in ihrer zeitlichen Abfolge plausibel" bezeichnete, seien die in der Offerte zugleich erhobenen Forderungen nach weitgehenden Vertragsänderungen zu Gunsten von Toll Collect "nicht akzeptabel". In diesem Zusammenhang erwähnte Stolpe besonders die von den Betreibern geforderte höhere Vergütung, die Einführung einer Haftungsobergrenze, die automatische Beendigung des Vertrages nach sechsmonatiger Verspätung, den Wegfall aller bisherigen Kündigungsgründe für den Bund und die Absenkung des Leistungsstandards bei der Erfassungsquote der kontrollierten Lkw. Ein Akzeptieren des vorgeschlagenen Zweistufen-Modells sei nur möglich, wenn bei Nichterfüllung hohe, nicht begrenzte Vertragsstrafen festgelegt und Unterauftragnehmer mit einem anderen, bereits in der Praxis funktionierenden Übergangssystem eingebunden werden.

Abgeordnete empört

Der Sprecher der CDU/CSU im Haushaltsausschuss zog aus dem Positionspapier des Toll Collect-Konsortiums den Schluss, dass das Unternehmen den Vertrag überhaupt nicht erfüllen wolle. Dies sei eine "Blamage" sowohl für das Unternehmen als auch für die Bundesregierung. Es müsse sichergestellt werden, dass der Schaden für den Bundeshaushalt so gering wie möglich gehalten werde. Auch die SPD sah in dem Positionspapier des Konsortiums einen "Offenbarungseid". "Die können es nicht", sagte ein Sprecher. Trotzdem sei der Bund nicht gut beraten, ohne weitere Gespräche auszusteigen. Für die SPD sitzt nicht die Regierung auf der "Anklagebank", sondern Toll Collect. Bündnis 90/Die Grünen hielten manche Forderung des Konsortiums für eine "schlichte Unverschämtheit". Eine Verschlechterung des Vertrages zu Ungunsten des Bundes sei "inakzeptabel". Die FDP hielt das Positionspapier des Konsortiums für "ein Stück aus dem Tollhaus". Es gebe nur noch zwei Alternativen: Entweder ein anderes System unter dem Dach des Konsortiums oder Kündigung des Vertrages und Wiedereinführung der Eurovignette sowie Neuausschreibung.

Im Verkehrsausschuss forderte die SPD-Fraktion Toll Collect auf, die im Angebot enthaltenen Forderungen zur Vertragsanpassung zurücknehmen. Ein verspäteter Starttermin bei verschlechterter Leistung und verringerten Haftungsverpflichtungen für das Mautkonsortium sei eine unannehmbare Kombination. Rücke Toll Collect von diesen Forderungen nicht ab, sei das "Ende der Fahnenstange" erreicht. Für Bündnis 90/Die Grünen ist das Angebot des Mautkonsortiums ein "Dokument des Selbstmisstrauens". Die "Dreistigkeit" der Forderungen nach dem Motto "Wir leisten weniger, zu einem späteren Zeitpunkt und wollen mehr Geld" lege den Verdacht nahe, Toll Collect wolle eine Kündigung durch den Bund provozieren.

Die Oppositionsfraktionen kritisierten, der Bericht des Ministers sei "viel zu unverbindlich" geblieben. Man habe schon zu viele kraftvolle Ultimaten gehört, ohne dass sich in der Sache etwas bewegt habe. Die CDU/CSU bezeichnete darüber hinaus die vollständige Haftung für mögliche Einnahmeausfälle bei einem nicht fristgerechten Funktionieren des Systems durch das Betreiberkonsortium als unabdingbare Voraussetzung für die weitere Zusammenarbeit. Sie gab zu bedenken, dass eine Einbindung weiterer Partner mit unterschiedlicher Technologie zu einer "Verschlimmbesserung" führen könne.

Die FDP hat unterdessen die Regierung in einem Antrag (15/2423) aufgefordert, trotz der Mauteinnahmeausfälle in diesem Jahr die zur Substanzerhaltung und zum bedarfsgerechten Ausbau der Verkehrsinfrastruktur erforderlichen Investitionsmittel in Höhe von 10 Milliarden Euro sicherzustellen. Um die Ausfälle teilweise zu kompensieren, solle die Regierung im Haushalt 2004 die konsumtiven Ausgaben um 1 Milliarde Euro kürzen und eine Kreditaufnahme durch die Verkehrsinfrastrukturfinanzierungsgesellschaft in maastrichtkonformer Weise ermöglichen.


Ausdruck aus dem Internet-Angebot der Zeitschrift "Das Parlament" mit der Beilage "Aus Politik und Zeitgeschichte"
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