Das Europäische Parlament hat sich am 21. April in Straßburg gegen den Abschluss des von der EU-Kommission mit den Vereinigten Staaten ausgehandelten Abkommens zur Übermittlung von Flugpassagierdaten an amerikanische Sicherheitsbehörden ausgesprochen. Die Abgeordneten fordern den Rat auf, das Abkommen solange nicht abzuschließen, bis der Europäische Gerichtshof (EuGH) seine Stellungnahme zu der Vereinbarkeit des Abkommens mit den Bestimmungen des Vertrags abgegeben hat.
Zuvor hatte das Parlament mit 276 gegen 260 Stimmen bei 13 Enthaltungen dafür gestimmt, das Abkommen zur Überprüfung an den EuGH zu überweisen. An diesem Ergebnis konnte auch eine eindringliche Warnung von EU-Kommissar Chris Patten, dass bei einem solchen Beschluss eine Periode des absoluten Chaos im Flugreiseverkehr zwischen Europa und den USA bevorstehe, nichts mehr ändern. Um die Prüfung abzuwarten, wurde der Bericht vom Parlament noch nicht abgestimmt, sondern in den Ausschuss zurück überwiesen. Die Forderung des Parlaments fällt zwar nicht unter das Mitentscheidungsrecht der Europaabgeordneten und ist somit weder für Kommission noch Ministerrat der EU bindend, aber dennoch ein starkes politisches Signal, das nicht einfach zu übergehen sein wird.
Eine Woche zuvor hatte der Rechtsausschuss des Parlaments dafür gestimmt, den Europäischen Gerichtshof mit der Frage der Vereinbarkeit des Abkommens mit der EU-Gesetzgebung zum Datenschutz zu befassen. Das Parlament selbst hatte am 30. März bereits in einer Entschließung festgestellt, dass der Schutz personenbezogener Daten in den USA nicht angemessen sei.
Ausgangspunkt der Auseinandersetzungen mit den USA ist das nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 in den Vereinigten Staaten verabschiedete Gesetz (Aviation and Transportation Security Act), das von den Amerika anfliegenden Fluggesellschaften fordert, den Zoll- und Einwanderungsbehörden der USA vorab die Fluggastdaten zu übermitteln. Dass diese Forderung einen Verstoß gegen die Datenschutzgesetze der EU darstellt, wird auch von der Kommission anerkannt. Nach ihren Verhandlungen mit der Administration in Washington entschied sich die Kommission im Dezember 2003 für folgendes Vorgehen: Einerseits soll ein Beschluss der EU gefasst werden, der einen ausreichenden Schutz von Fluggastdaten in den USA verlangt, andererseits ein vereinfachtes internationales Abkommen, das die Fluggesellschaften verpflichtet, den Zugriff auf die notwendigen Daten zu ermöglichen, und die US-Regierung ermächtigt, auf Daten aus dem Hoheitsgebiet der EU aktiv zuzugreifen. Auf Drängen der Europäer hatten sich die USA in den Verhandlungen bereit erklärt, den Verwendungszweck der Daten auf mögliche Verbrechen im Umfeld von Terrorismus und schwerwiegende Fällen grenzüberschreitender Kriminalität einzugrenzen. Sie stimmten auch der Forderung zu, die Daten spätestens nach dreieinhalb Jahren zu löschen. Bei der Abstimmung des Parlaments am 30. März ging es um den Beschluss; bei der jetzt erfolgten Abstimmung um die Stellungnahme zu dem "einfachen" Abkommen.
Wie die liberale Berichterstatterin Johanna Boogerd-Quaak aus den Niederlanden in der Debatte erklärte, sei die Vorlage der Kommission, gemessen an der Datenschutzgesetzgebung der EU, unseriös. Sie forderte die Kommission in Brüssel auf, das Abkommen neu auszuhandeln.
Die Innen- und Justizminister der EU wiederum hatten am 29. März im Gegenzug beschlossen, ebenfalls von allen Fluggesellschaften, die einen Flughafen in der EU anfliegen, die Vorausmeldung der Passagierinformationen an die Grenzbehörden zu verlangen. Nach den Anschlägen von Madrid einigte man sich zusätzlich darauf, den Erlass schon zum 1. Mai zu verabschieden und den Airlines im Unterlassungsfall Bußgelder anzudrohen.
Begründet wurde dieses Vorgehen vom irischen EU-Ratsvorsitz mit dem Hinweis, dass die Terrorabwehr gegenüber dem Datenschutz weiter an Bedeutung gewonnen habe.