Gesundheit und Soziale Sicherung. Die so genannte Präimplantationsdiagnostik (PID) breitet sich nach einer kurzen Etablierungsphase in der Praxis schnell aus, wenn es keine starken rechtlichen Barrieren gibt. Zu diesem Schluss kommt das Büro für Technikfolgenabschätzung des Bundestages in einer Untersuchung der Praxis und rechtlichen Regulierung der PID in sieben Ländern, die der Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung als Unterrichtung (15/3500) vorgelegt hat.
Die Untersuchung der Länder Belgien, Dänemark, Frankreich, Großbritannien, Italien, Norwegen und den USA mache deutlich, dass die praktische Anwendung der PID international weiter fortgeschritten sei als weithin angenommen. Den Daten zufolge ergebe sich die Zahl von mindestens 1.600 Kindern, die bis Anfang vergangenen Jahres in diesen Ländern nach einer PID zur Welt gekommen sind. Die Experten schätzten die tatsächliche Zahl der Kinder allerdings weitaus höher, da in den USA und Italien eine erhebliche Zahl von PID-Zentren nicht erfasst werde.
Unter PID wird die genetische Untersuchung von Embryonen verstanden, bevor sie in den Uterus der Frau übertragen werden. Voraussetzung der PID ist eine künstliche Befruchtung. Meistens verfolgt die PID das Ziel, Embryonen zu identifizieren und auszuwählen, bei denen bestimmte Chromosomanomalien oder Genmutationen mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden können, heißt es in dem Bericht. Die Diskussion über die Stammzellenforschung im parlamentarischen Verfahren habe gezeigt, dass für eine Entscheidung über die Zulassung entscheidend ist, ob und wie sich die Anwendung der PID auf einen eng definierten Nutzerkreis eingrenzen lässt. Dazu könnten zum Beispiel Paare mit einem nachgewiesenen hohen Risiko, ein Kind mit einer schweren, genetisch bedingten Erkrankung oder Behinderung zur Welt zu bringen, gehören.
Ein Vergleich von Großbritannien und Frankreich mache deutlich, dass die Nutzung der PID am ehesten durch eine Kombination von umfangreichen Kontrollen der Praxis auf der Grundlage möglichst genauer gesetzlicher Bestimmungen effektiv eingegrenzt werden kann. Die für das französische Regulierungsmodell kennzeichnende Zulassung und Kontrolle durch eine Kommission oder Behörde im Rahmen eines gesetzlich sehr eng definierten Spektrums zulässiger Indikationen scheine am ehesten geeignet, die vom Gesetzgeber beabsichtigte Begrenzung der PID auf - wie im französischen Gesetz formuliert - Fälle in " besonders schweren, nicht heilbaren erblichen Erkrankungen" zu gewährleisten. Die gesetzlich geforderte Identifizierung des fraglichen genetischen Merkmals bei einem der Elternteile schränke den Entscheidungs- spielraum der Behörden von vornherein auf Fälle ein, in denen das Risiko einer erblichen Erkrankung bestehe. Damit sei ausgeschlossen, dass sich der Einsatz der PID auf die Diagnose von spontan auftretenden Chromosomanomalien ausweitet.
Weiter heißt es, ohne Regulierungen und einer freien Entwicklung von Angebot und Nachfrage könne davon ausgegangen werden, dass die Nutzung der PID nicht auf Einzelfälle mit besonderen Risiken oder gar auf medizinische Indikationen begrenzt bleiben wird. Unklare gesetzliche Definitionen wie in Großbritannien hätten dazu geführt, dass die zuständigen Behörden im Falle von neuen Nutzungsoptionen für die PID unter Druck über die jeweiligen Fälle entscheiden müssen. Allgemein könne aber festgestellt werden, dass mit jeder neuen medizinischen Option zum Einsatz der PID die Frage der Sinnhaftigkeit und Legitimität der Nutzung und der Einschränkung erneut gestellt werden kann. rab