Das Parlament
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Das Parlament
Nr. 40 / 27.09.2004
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Karl-Otto Sattler

Roter Farbtupfer im schwarzen Land

Saarland: Charlotte Britz (SPD) wird Saarbrückens Oberbürgermeisterin

Nein, dies ist kein zum Erfolg uminterpretiertes Minus bei den Prozentpunkten, dies ist endlich wieder ein richtiger Sieg: Die SPD-Politikerin Charlotte Britz hat die Saarbrücker Oberbürgermeisterwahl am 19. September mit 53,7 Prozent überraschend klar gegen den CDU-Kandidaten Josef Hecken gewonnen, der entgegen hochfliegenden Erwartungen mit 46,3 Prozent gescheitert ist. Die Sozialdemokraten können noch Wahlen für sich entscheiden: ein republikweites Signal - hat doch der Rathauschef in der 180.000-Einwohner- Hauptstadt, wo fast ein Fünftel der Saar-Bevölkerung lebt, das zweitwichtigste und damit ein prestigeträchtiges Amt im Land inne.

Die Genossen hatten also allen Grund, die 46-jährige Siegerin zu feiern. Selbst der SPD-Oppositionsführer im Landtag, Heiko Maas, reiste zum Gratulieren an: Schließlich war sein Kalkül aufgegangen, zwei Wochen nach dem SPD-Absturz bei der Landtagswahl Revanche zu nehmen. Von Saarbrücken aus will Maas nun den Wiederaufbau der Landes-SPD einläuten - in der Hauptstadt hatte in den Siebzigern auch ein gewisser Oskar Lafontaine als Rathausregent seinen Aufstieg gestartet. Die OB-Neuwahl war notwendig geworden, weil SPD-Amtsinhaber Hajo Hoffmann nach einer Verurteilung wegen Untreue zurückgetreten war.

Die Sozialdemokraten können den Triumph von Charlotte Britz durchaus auch als landespolitischen Konter herausstellen: Vor der Stichwahl zwischen der bisherigen städtischen Sozialdezernentin und dem CDU-Staatssekretär im Sozialministerium hatten Ministerpräsident Peter Müller, dessen Kabinettsriege und die Unions-Landtagsfraktion für den 45-jährigen Hecken Wahlkampf gemacht. Beim ersten Durchgang der OB-Wahl, der am gleichen Tag wie die Landtagswahl stattfand, hatte Hecken mit 41 Prozent vor Britz (38,6 Prozent) rangiert. Zur Wahl der SPD-Frau in der zweiten Runde rief der am 5. September mit 9,3 Prozent ausgeschiedene Grüne Kajo Breuer auf, während die FDP-Bewerberin Karin Nehl (4,2 Prozent) den CDU-Kandidaten unterstützte. Das Saarland wird also doch nicht gänzlich schwarz eingefärbt - so wie es sich die Union nach ihrem Erfolg bei der Landtagswahl erträumt hatte. Enttäuscht meinte Norbert Blüms einstiger Büroleiter Hecken nach seiner Niederlage, Demokratie könne "hart" sein.

Bei näherem Hinsehen entpuppt sich der prozentual klare Sieg von Charlotte Britz indes als keineswegs glanzvoll: Tatsächlich wurde sie nur von knapp 21 Prozent der 140.000 Wahlberechtigten ins Amt gehievt (für Hecken entschieden sich annähernd 18 Prozent). Trotz der Spannung, die eigentlich über der Stichwahl lag, sank die Beteiligung gegenüber der ersten Runde mit bereits niedrigen 49,3 Prozent noch einmal auf bescheidene 38,5 Prozent - lediglich 54.000 Saarbrücker gaben einen Stimmzettel ab. Über drei Fünftel der Bürger zeigten sowohl der SPD wie der CDU die kalte Schulter: Diese extrem geringe Wahlbeteiligung markiert in der saarländischen Geschichte einen historischen Tiefpunkt.

Im Politikbetrieb heißt es gleich wieder business as usual. Die neue OB will sich um eine Kooperation von CDU und SPD bemühen - die Mehrheitsfindung im Stadtrat dürfte schwierig werden, haben doch Union und FDP eine hauchdünne Mehrheit von einem Sitz gegenüber rot-grün.


Ausdruck aus dem Internet-Angebot der Zeitschrift "Das Parlament" mit der Beilage "Aus Politik und Zeitgeschichte"
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