Das Parlament
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Das Parlament
Nr. 46 / 08.11.2004
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Martin Agüera

Mehr Geld für das Militär

Nach dem März-Terror in Spanien

Vor dem Hintergrund der schrecklichen Terroranschläge in Madrid am 11. März dieses Jahres, die über 190 Todesopfer forderten, erhöht die neue spanische Regierung unter Ministerpräsident José Luis Rodriguez Zapatero ihren Verteidigungshaushalt für 2005 um 4,2 Prozent. Dies hat die sozialistische Regierungspartei kürzlich dem spanischen Parlament mitgeteilt. Damit klettert der Etat im kommenden Jahr auf knapp 7,2 Milliarden Euro - etwa 330 Millionen Euro mehr als in diesem Jahr.

Insbesondere das Budget für das Centro Nacional de Inteligencia, dem spanischen militärischen Geheimdienst, wird um 17 Prozent aufgestockt, "um seine Funktionen im Kampf gegen den Terrorismus sowie die neuen Gefahren zu verstärken". Dies teilte das Büro des Staatssekretärs für Rüstung im spanischen Verteidigungsministerium, Francisco Pardo Piqueras, in einer Pressemitteilung am 20. Oktober mit. Ana Pardo, Sprecherin von Pardo Piqueras, bestätigte diese Meldung mit dem Hinweis, dass die neue Regierung bestrebt sei, die Marschrichtung der Vorgängerregierung in Bezug auf militärische Beschaffungsprogramme weitgehend fortzusetzen. Diese Aussage kam überraschend, blieb im Zuge der neuen Regierungsbildung doch lange Zeit im Unklaren, wie sich die neue Administration und vor allem der neue Verteidigungsminister José Bono positionieren würden.

Schon kurz nach den Wahlen, die nur drei Tage nach den Terroranschlägen stattfanden, löste Zapatero sein Wahlkampfversprechen ein und zog alle 1.500 spanischen Soldaten aus dem Irak ab. Dies belastet bis heute das einst hervorragende bilaterale Verhältnis zu den Vereinigten Staaten schwer. Allerdings hatten Zapatero sowie sein Außenminister Miguel Angel Moratinos bereits früh im Wahlkampf anklingen lassen, dem Verhältnis zu europäischen Partnern wie Frankreich und Deutschland wieder mehr Gewicht beizumessen. Die europäische Achse sei, betonten Außenpolitikexperten, ohnehin von Spanien in den vergangenen Jahren stark vernachlässigt worden. Dies sei zu Gunsten eines exklusiven Verhältnisses zwischen dem ehemaligen Regierungschef José María Aznar und US-Präsident George W. Bush geschehen.

Beiträge zum Friedenserhalt

In Bezug auf die Verteidigungsausgaben gingen Rüstungsexperten in den vergangenen Monaten eher von einer künftigen Abkehr von großen Beschaffungsprogrammen zur strategischen Machtprojektion aus. Vielmehr würde sich Madrid um Aspekte wie den Heimatschutz kümmern, dem nach dem 11. März wesentlich mehr Bedeutung beigemessen werden sollte, glaubten die Experten. Dazu zählt ebenfalls der von Bono angekündigte Rückzug des 500 Mann starken Bataillons aus Afghanistan zum Ende dieses Jahres. Insofern überraschte die Offenlegung der geplanten Verteidigungsausgaben, da keines der großen Programme einer grundsätzlichen Neubewertung unterzogen wurde. Der Verteidigungsetat für 2005, schrieb das Verteidigungsministerium in seiner Pressemitteilung, garantiere die Erfüllung eingegangener internationaler Kompromisse, um Beiträge zum Erhalt des Friedens und Stabilität weltweit zu leisten.

Nach einer ersten Einschätzung der Ankündigungen werden Beschaffungsprogramme wie das Transportflugzeug A400M, der Eurofighter, die vier F-100 Fregatten, und die 216 Kampfpanzer Leopard-2E auch weiterhin im Mittelpunkt der Rüstungspolitik Spaniens stehen. Verteidigungsminister Bono hat rund 1,3 Milliarden Euro für die Modernisierung seiner Streitkräfte veranschlagt; knapp 535 Millionen Euro für logistische Unterstützung sowie 183 Millionen Euro für militärische Forschung und Entwicklung. Die Ausgaben für neue Beschaffungsmaßnahmen wie die 24 Kampfhubschrauber Tiger, das strategische "Machtprojektionsschiff" LLX, die vier S-80 U-Boote, die ab 2005 finanziert werden, belaufen sich auf 583,9 Millionen Euro. Traditionell vorfinanziert wird diese Summe für die neuen Beschaffungsmaßnahmen auf Grund der Knappheit der Verteidigungsressourcen durch das Industrieministerium. Mit diesen Finanzspritzen kann das spanische Verteidigungsministerium beschaffungspolitische Bindungen eingehen. Diese Mittel müssen allerdings in einigen Jahren an das Schwesterministerium zurückgezahlt werden. Derzeit ist in Madrid davon die Rede, noch vor Jahresende drei weitere Programme bekannt zu geben - jeweils eines für jede Teilstreitkraft. Dabei dürfte es sich um ein Munitionsprogramm für das Heer, einen Abstandsflugkörper für die Luftwaffe und das elektronische Kampfsystem der U-Boote handeln.

Bilaterale Kooperation

Das elektronische Kampfsystem war Gegenstand bilateraler Gespräche zwischen Bono und seiner französischen Kollegin Michèle Alliot Marie im September in Barcelona. Dabei habe Frankreich Spanien eine Rolle bei einem möglichen europäischen Werftenverbund in Aussicht gestellt, sollte es bei anstehenden Rüstungsprogrammen mehr Priorität auf die bilaterale Kooperation legen. Branchenkennern zufolge bevorzugt die spanische Marine für die elektronische Kampfausstattung ihrer Schiffe eine enge Kooperation mit amerikanischen Rüstungsunternehmen. Die Zusammenarbeit stand auch auf der Agenda eines Treffens am 15. Oktober 2004 in Berlin zwischen Pardo Piqueras und seinem deutschen Amtskollegen im Verteidigungsministerium, Peter Eickenboom. Das Treffen, das Anwesenden zufolge in "vollkommener Harmonie und Übereinstimmung" verlaufen sei, dürfte sich auch mit der spanischen Entscheidung des Abstandslenkflugkörpers befasst haben. Unter anderem bemüht sich die in München ansässige EADS Lenkflugkörpersystem GmbH um den Auftrag in Madrid, der als politisch umkämpft gilt. Der Widersacher des Programms kommt ebenso aus Frankreich - MBDA.


Ausdruck aus dem Internet-Angebot der Zeitschrift "Das Parlament" mit der Beilage "Aus Politik und Zeitgeschichte"
© Deutscher Bundestag und Bundeszentrale für politische Bildung, 2005.