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Nr. 46 / 08.11.2004
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Götz Hausding

Die Regelungen zur Haftung bleiben weiter umstritten

Bundesrat lehnt Gentechnikgesetz erneut ab

Der von der Bundesregierung vorgelegte Entwurf des Gentechnikgesetzes findet auch im zweiten Anlauf keine Mehrheit in der Länderkammer. Als "innovationsfeindlich" und "europarechtswidrig" bezeichnete der bayerische Staatsminister Erwin Huber (CSU) in der Sitzung am 5. November 2004 das Gesetz, welches seiner Meinung nach keinen Bestand haben werde. Sowohl der schleswig-holsteinische Umweltminister Klaus Müller (Bündnis 90/Die Grünen), als auch die Bundesumweltministerin Renate Künast (Grüne) sahen hingegen eine gelungene Regelung, mit der "Koexistenz und Wahlfreiheit" für Produzenten und Verbraucher gesichert werde.

Das Gesetz basiert auf einer EU-Richtlinie und soll die Freisetzung von gentechnisch veränderten Organismen zu Erprobungs- und Forschungszwecken sowie deren In-Verkehr-Bringen regeln. Damit soll die Koexistenz von konventioneller und ökologischer Landwirtschaft und die Gentechnik nutzender Landwirtschaft gewährleistet werden. Gleichzeitig wird auch die Haftung für solche Schäden geregelt, die sich durch ungewollte Auskreuzungen ergeben. Dabei ist eine verschuldensunabhängige gesamtschuldnerische Haftung von Gentechnik-Nutzern für Schäden auf gentechnikfreien Nachbarfeldern vorgesehen.

Nach Ansicht von Bayerns Staatsminister Huber verstößt der Gesetzentwurf gegen die grundgesetzlich geschützte Chancengleichheit, das Recht auf freie Berufsausübung und europarechtliche Normen. Daher habe die EU-Kommission den Entwurf auch schon offiziell gerügt. Kritisiert werde, so Huber, dass Deutschland verbindliche und bereits beschlossene EU-Normen durch eigenen nationale Vorschriften untergrabe, beispielsweise mit dem Konzept der verschuldensunabhängigen Haftung, welche zu einem hohen und unkalkulierbaren Risiko für Landwirte führe. Er warf der Bundesregierung vor, sie lasse eine seriöse Abwägung der Gesundheits- und Verbraucherschutzaspekte bei der Gentechnik vermissen. Obwohl selbst von der Deutschen Akademie der Wissenschaften unmissverständlich darauf hingewiesen wurde, dass beim Genuss von in der Europäischen Union zugelassenen Lebensmitteln kein erhöhtes Gesundheitsrisiko gegenüber konventionell angebauten Produkten bestehe, schürten weite Teile der Bundesregierung unter dem Deckmantel des Verbraucherschutzes weiterhin ungerechtfertigt Ängste unter der Bevölkerung.

Die Sicherheit von Mensch und Umwelt habe oberste Priorität, so Huber, der darauf hinwies, dass die EU über die weltweit schärfsten Sicherheitsanforderungen für Gentechnik verfüge. Das deutlich darüber hinausgehende rot-grüne Gentechnikgesetz blockiere Forschung und Entwicklung in Deutschland und führe zum Verlust weiterer Arbeitsplätze in einer Branche, die als Zukunftstechnologie eigentlich Arbeitsplätze schaffen könnte, kritisierte der bayerische Staatminister. Es sei nicht nachvollziehbar, wenn der Bundeskanzler einerseits ein neues Bewusstsein für die Möglichkeiten der Gentechnik fordere, aber andererseits das Spielfeld seiner grünen Landwirtschaftsministerin für ideologische Grabenkämpfe überlasse. Diese, für die Bundesregierung aus seiner Sicht typische Diskrepanz zwischen Reden und Handeln, schade den Zukunftschancen des Landes, sagte Huber und forderte eine grundlegende Überarbeitung der Vorlage.

Freiheit, so der schleswig-holsteinische Umweltminister Müller, sei nicht nur die Freiheit der Gentechnikbefürworter, das zu realisieren, was technisch möglich sei. Es sei auch die Freiheit der konventionellen Landwirte und Biobauern, weiterhin gentechnikfreie Produkte anbauen zu können. Nicht zuletzt sei es auch die Freiheit des Verbrauchers, zu entscheiden, ob er gentechnisch veränderte oder gentechnikfrei erzeugte Lebensmittel im Supermarkt finden wolle. Diese Koexistenz in der Landwirtschaft sei ein wesentliches Ziel der europäischen Freisetzungsrichtlinie gewesen und werde mit dem vorliegenden Gesetzentwurf auch erreicht, so Müller. Die gentechnikfreie Landwirtschaft und der ökologische Landbau erhielten darin von Seiten des Staates einen angemessenen Schutz, nicht mehr und nicht weniger.

Strittigster Punkt im neuen Gesetz, das räumte der Minister ein, sei die Frage der Haftung. Die verschuldensunabhängige und gesamtschuldnerische Haftung gewährleiste am ehesten eine Entschädigung für konventionell oder ökologisch produzierende Landwirte, deren Aussaaten durch Genpflanzen von Nachbarfeldern verunreinigt würden. Dem zuletzt ins Gespräch gebrachten Haftungsfond von Gentechnikanwendern stehe er durchaus aufgeschlossen gegenüber. Keinesfalls könne dieser jedoch, wie von einigen Ländern gefordert, staatlich subventioniert werden, stellte Müller klar und warb noch einmal für die Zustimmung zu dem Entwurf, nicht zuletzt auch, um endlich Klarheit und sichere Rahmenbedingungen für Wirtschaft und Verbraucher zu schaffen.

Die Bundesregierung habe ihre Hausaufgaben gemacht und die europäische Richtlinie in einem Gesetz umgesetzt, sagte Bundeslandwirtschaftsministerin Renate Künast. Die Koexistenz in der Landwirtschaft und die Klärung der Haftungsfragen hätten dabei im Mittelpunkt gestanden. Für Gentechniknutzer und gentechnikfreie Produzenten herrsche nun Klarheit, sagte Künast, die das politische Ziel des Gesetzes erfüllt sieht. Es enthalte eine Abwägung zwischen beiden Seiten und garantiere die Wahlfreiheit für Bauern und Verbraucher. Damit schaffe man auch die Vorraussetzungen für eine Stärkung des Standorts Deutschland, so Renate Künast.


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