Das Parlament
Mit der Beilage aus Politik und Zeitgeschehen

Das Parlament
Nr. 46 / 08.11.2004
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Thorsten Busch

"Die Deutschen sollten sich sagen: Deutschland ist gut, und wir werden es noch besser machen!"

Antrittsrede von Matthias Platzeck als Bundesratspräsident am 5. November

Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) hat die Deutschen zu mehr Optimismus aufgerufen. "Hören wir endlich auf mit der Schwarzmalerei!", forderte er am 5. November in Berlin in seiner Antrittsrede als Bundesratspräsident. Es sei "eine typisch deutsche Eigenheit, Erfolge und bisher Erreichtes klein zu reden", sagte Platzeck im Bundesrat. Dabei werde die "einzigartige Leistung" der Einheit "überall auf der Welt mit großem Respekt gewürdigt". Die Deutschen sollten sich daher sagen: "Deutschland ist gut, und wir werden es noch besser machen!"

Zugleich räumte Platzeck ein, das "Wunder der deutschen Einheit" habe in den vergangenen Jahren "enorme finanzielle und auch mentale Kräfte gebunden". Deutschland habe sich zu lange mit sich selbst beschäftigt. Jetzt gelte es, den Anschluss an die Welt nicht zu verpassen. Bei der deutschen Vereinigung "wollten wir vielleicht zu schnell zu viel erreichen", sagte Platzeck. Die hohen Erwartungen vieler Menschen seien daher inzwischen in Enttäuschung und Resignation umgeschlagen. Platzeck warnte vor einseitiger Berichterstattung in den Medien, die einen "Keil in die deutsche Nation" treibe. "Ganz besonders dramatisch" sei es, wenn dadurch die Dankbarkeit der Ostdeutschen gegenüber dem Westen in Frage gestellt werde.

Der Aufbau Ost sei zwar nicht gescheitert, doch es habe auch Fehler gegeben. "Weil der Mut zur Veränderung damals fehlte, wandern wir heute auf dem schmalen Grat zwischen der Notwendigkeit grundlegender Reformen und der Bewahrung sozialer Gerechtigkeit", so der brandenburgische Ministerpräsident. Die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe bestärke viele Ostdeutsche in ihrer Überzeugung, "nicht wahrgenommen zu werden, in dieser Republik nicht vorzukommen". Dieses Gefühl müsse man ernst nehmen, so Platzeck. Politiker müssten bereit sein, "immer wieder zuzuhören und zu erklären".

Es gelte nun aber, sich auf die eigenen Stärken zu konzentrieren, um das "Ziel eines modernen und leistungsfähigeren Deutschlands" zu erreichen. Eine besondere Stärke sei dabei "der solidarische Zusammenhalt untereinander", sagte Platzeck. Dieses "Erfolgsmodell" habe sich bewährt und sei auch weiterhin "die Klammer für das Zusammenwachsen beider Teile Deutschlands". Gern erinnere er an Regine Hildebrandt, so Platzeck, die immer gesagt habe: "Der eigentliche Sinn des Lebens liegt im Miteinander!"

Dieser "Geist der Gemeinsamkeit" müsse auch bei der Reform des deutschen Föderalismus zum Ausdruck kommen. Der Ruf einiger Länder nach mehr Wettbewerb untereinander solle als Ergänzung und nicht als Ersatz des Solidarprinzips verstanden werden. Ein Scheitern der Föderalismuskommission aus egoistischen Motiven der Länder oder des Bundes könne sich Deutschland nicht leisten, warnte Platzeck. Dies würde das Vertrauen der Bürger in das politische System beschädigen. Wohin dieser Vertrauensverlust führen könne, hätten die geringe Wahlbeteiligung und die Ergebnisse der vergangenen Landtags- und Kommunalwahlen gezeigt. Die Erfolge rechtsextremer Parteien zeigten eine gesellschaftliche Stimmung auf, die es umzukehren gelte. Der Staat müsse sich "gegen Extremisten mit aller Härte wehren", sagte Platzeck, und das Vertrauen derer, "die ihnen auf den Leim gegangen sind", zurückgewinnen.

EU-Erweiterung gewürdigt

In diesem Zusammenhang würdigte Platzeck die Erweiterung der Europäischen Union. Deutschland sei damit "vom östlichen Außerand" in die politische Mitte Europas gerückt. Die "enge Verbindung zum Nachbarland Polen" biete den Deutschen die Chance, "unseren Köpfen auch unsere Herzen in Richtung Osten folgen zu lassen". Ihm liege die Vertiefung des deutsch-polnischen Verhältnisses besonders am Herzen, so Platzeck, und er freue sich, dass seine Amtszeit als Bundesratspräsident "zu einem großen Teil mit dem deutsch-polnischen Jahr zusammenfällt".

Staatsminister Rolf Schwanitz gratulierte Platzeck im Namen des Bundeskanzlers und der Regierung. Er erklärte, Deutschland stehe jetzt "im Wechsel von der Reformrhetorik zum Reformvollzug". Die Umsetzung der Arbeitsmarktreformen sei aber nicht allein Sache der Verwaltung, sondern auch der Politik. Auch im Hinblick auf zukünftige Neuerungen müssten Bund und Länder ihrer gemeinsamen Verantwortung gerecht werden, so Schwanitz.

Mit Platzeck wurde erstmals ein brandenburgischer Ministerpräsident zum Präsidenten des Bundesrates gewählt.


Ausdruck aus dem Internet-Angebot der Zeitschrift "Das Parlament" mit der Beilage "Aus Politik und Zeitgeschichte"
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