Das Parlament
Mit der Beilage aus Politik und Zeitgeschehen

Das Parlament
Nr. 01-02 / 03.01.2005
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Karl-Otto Sattler

Die EU und die Kommunen


Rund 70 Prozent aller EU-Rechtsvorschriften werden in Städten und Gemeinden sowie in regionalen Gebietskörperschaften konkret umgesetzt. Allein diese Ziffer illustriert, wie weitreichend Brüssel inzwischen in die kommunalen Belange hineinregiert. Ob es um EU-weite Ausschreibungen für größere Investitionsprojekte, um die Stadtentwicklung, um den öffentlichen Nahverkehr, um die Sparkassen, um die Umweltpolitik, um die Energieversorgung, um die Abwasserwirtschaft oder um manch anderes Thema geht: Bei vielen Gemeinderatssitzungen und in zahlreichen Rathausbüros sitzt die EU virtuell mit am Tisch, deren Vorschriften es zu beachten gilt. Aktuell keimt republikweit viel Unmut wegen der "Flora-Fauna-Habitat"-Richtlinie (FFH) auf, die Kommunen und Bundesländer zur Ausweisung neuer Naturschutzgebiete in erheblichem Umfang zwingt. Ein Beispiel: Das baden-württembergische Riedlingen an der Donau wehrt sich gegen die FFH-Klassifizierung eines Gebiets auf seiner Gemarkung, weil dann der lange geplante Bau einer Umgehungsstraße verboten und der Ort so in seiner Entwicklung ausgebremst werde.

Aufgabe des Ausschusses der Regionen (AdR) ist es, bei der EU-Gesetzgebung die regionalen und kommunalen Interessen zur Geltung zu bringen. Allerdings hat dieses 1991 im Vertrag von Maastricht beschlossene und 1994 ins Leben gerufene Gremium keine verbrieften Mitbestimmungsrechte, sondern kann als Instanz mit einer Beratungsfunktion nur indirekt Einfluss zu nehmen versuchen. Seit der Erweiterung der EU zählt der AdR nunmehr 317 Delegierte aus den 25 Mitgliedsstaaten. Deutschland schickt 24 Abgesandte nach Brüssel, 21 werden von den Ländern bestimmt, drei Vertreter repräsentieren die Kommunen. Die AdR-Politiker sind anders als die Brüsseler Kommissare oder die Straßburger Parlamentarier keine "Berufseuropäer": Sie müssen zu Hause ein Wahlamt bekleiden, sie können in einem Parlament sitzen oder als Regierungschef und Minister einer Volksvertretung verantwortlich sein. Diese Doppelfunktion soll sicherstellen, dass die AdR-Mitglieder als Bindeglied zwischen Brüssel und den Bürgern vor Ort fungieren.

Präsident des AdR ist seit dem Frühjahr dieses Jahres der baden-württembergische Landtagspräsident Peter Straub. Der deutschen Delegation gehört auch Petra Roth an, Oberbürgermeisterin von Frankfurt und Präsidentin des Deutschen Städtetags.


Ausdruck aus dem Internet-Angebot der Zeitschrift "Das Parlament" mit der Beilage "Aus Politik und Zeitgeschichte"
© Deutscher Bundestag und Bundeszentrale für politische Bildung, 2005.