Das Parlament
Mit der Beilage aus Politik und Zeitgeschehen

Das Parlament
Nr. 04 / 24.01.2005
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Johanna Metz

Bildungspolitik herausgefordert

Zuwanderung nimmt ab

Es gibt keine "Ausländerschwemme", die über die Grenzen drängt", so Marieluise Beck, die Migrationsbeauftragte der Bundesregierung anlässlich der Präsentation neuer Zahlen und Trends ihres Amtes. Tatsächlich zeigen die aktuellen Daten nicht nur, dass die Einwanderung nach Deutschland eher abnimmt: Ein beträchtlicher Teil der Einwanderer verlässt Deutschland auch Jahr für Jahr wieder. So standen 2003 knapp 770.000 Zuzügen 626.00 Fortzüge gegenüber. Aus der Differenz beider Zahlen, von Fachleuten als Wanderungssaldo bezeichnet, ergibt sich ein realer Anstieg der Zuwanderung von 150.000 Menschen, was, gemessen an der deutschen Gesamtbevölkerung, lediglich einem Anteil von 0,1 Prozent entspricht. Doch den Zahlen zum Trotz erwecke die "gefühlte Wirklichkeit" bei vielen Menschen den Eindruck, die Einwanderungsrate sei sehr groß, so Beck. Dabei blieb der Ausländeranteil von 8,9 Prozent seit 1998 unverändert konstant. In der Ausländerstatistik sind sogar Migranten erfasst, die sich als Saisonarbeiter verdingen und sich daher nur übergangsweise in Deutschland aufhalten. Für Fragen der Integrations- und Bildungspolitik sind diese Kurzaufenthalte nicht von Bedeutung.

Ein Großteil der Migranten ist diesem Land längerfristig verbunden: Mehr als die Hälfte der Ausländer wohnt über 30 Jahre in Deutschland, jeder fünfte ist hier geboren. Die größte Gruppe machen die 1,88 Millionen Türken aus. Aufgrund der "starken Unterschichtenzuwanderung", gab Beck zu bedenken, hätten die türkischen Zuwanderer wohl am ehesten Probleme, sich zu integrieren. Bemerkenswerter ist aber wohl ein anderer Befund des Bundesamtes, wonach jedes vierte Neugeborene in Deutschland mittlerweile einen ausländischen Elternteil hat. Viele dieser Kinder haben die deutsche Staatsbürgerschaft und tauchen in der Ausländerstatistik nicht auf. Dennoch sind sie von anderen Kulturen geprägt, sprechen nicht selten eine andere Muttersprache. Marieluise Beck sieht darin eine klare Herausforderung für das deutsche Bildungssystem. "Ausländerstatistik und tatsächlicher kultureller Hintergrund klaffen erheblich auseinander." Sie empfiehlt, neue statistische Kriterien, wie Muttersprache oder Wanderungshintergrund, in die Datenerfassung einzubauen, um die tatsächlichen Integrationsbedürfnisse der Menschen zu erfassen.


Ausdruck aus dem Internet-Angebot der Zeitschrift "Das Parlament" mit der Beilage "Aus Politik und Zeitgeschichte"
© Deutscher Bundestag und Bundeszentrale für politische Bildung, 2005.