Das Parlament
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Nr. 08 / 21.02.2005
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Union spricht von einer Katastrophe

Mehr als fünf Millionen Arbeitslose

Wirtschaft und Arbeit. Die CDU/CSU-Fraktion hat die Zahl von über fünf Millionen Arbeitslosen im Januar als "Katastrophe für unser Land" bezeichnet. In der Aussprache des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit über den Jahreswirtschaftsbericht der Bundesregierung (15/4700) sowie über das Jahresgutachten des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (15/4300) betonte die Fraktion am 16. Februar, der Anstieg sei nicht allein auf statistische Auswirkungen der Hartz-IV-Reform zurückzuführen. "Auch ohne Hartz-IV wären die Arbeitslosenzahlen angestiegen", so die Abgeordneten.

Sie bedauerten darüber hinaus, dass die Bundesregierung mit Ausnahme der bereits begonnenen Reformen des Vergaberechts, des Energiewirtschaftsrechts und des Kartellrechts offenbar keine weitere Reform mehr plane. Für die größte Oppositionsfraktion folgt daraus, dass die Regierung keine Perspektiven hat, wie Arbeit entstehen soll. Von 550.000 Existenzgründungen im vergangenen Jahr seien mehr als 360.000 öffentlich subventioniert worden. Die Union empfahl der Regierung, jede Gesetzgebung da-rauf hin zu überprüfen, ob sie zu Wachstum und Beschäftigung führen kann. Die FDP diagnostizierte ein zu schwaches Potenzialwachstum, um neue Beschäftigung entstehen zu lassen. Es gebe keine konsistente, geschlossene Politik, die Vertrauen schafft. Zwar gebe es Exportüberschüsse, doch springe die Binnenkonjunktur nicht an. 60 Prozent des Sozialprodukts in Deutschland würden vom privaten Konsum getragen.

Dagegen lobten die Sozialdemokraten den Reformkurs der Regierung, der zu "Akzeptanz" in der Bevölkerung geführt habe. Richtig sei, dass im neuen Jahr erstmals ein Personenkreis statistisch erfasst worden sei, der bisher zur verdeckten Arbeitslosigkeit beigetragen habe. Es gebe mehr Erwerbstätige und auch mehr Existenzgründungen. Die SPD nannte die große Zahl von Jugendlichen, die ohne Schulabschluss auf den Arbeitsmarkt kommen, einen "Skandal". Es sei eine große Verantwortung der Länder, dass die schulischen Voraussetzungen für einen Berufseintritt künftig besser werden. Bündnis 90/Die Grünen warfen der Opposition vor, zur negativen Stimmung im Land beizutragen.

Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) räumte ein, er sei mit der Situation nicht zufrieden. Er verwies auf die deutsche Exportstärke und die stark gestiegenen Gewinne international tätiger deutscher Unternehmen. Eine Ursache für die deutsche Exportstärke sei auch die moderate Lohnpolitik der vergangenen Jahre. Es sei falsch, wenn die Opposition behaupte, deutsche Unternehmen würden immer noch Arbeitsplätze in mittel- und osteuropäische Länder verlagern. Dieser Prozess sei abgeschlossen. Große Unternehmen blieben angesichts der Kostensenkung in Deutschland jetzt hier und sicherten den Standort. In den osteuropäischen Ländern stiegen die Löhne derzeit stark. Gleichzeitig stabilisiere sich die Situation hier, allerdings unter "bitteren Opfern der Beteiligten". Clement gab zu, dass er sich mit Gesetzesprojekten zur Gentechnologie und zur Stammzellentechnologie schwer tue. Er rief Bund, Länder und Kommunen auf, alle Kräfte zu mobilisieren, die zu Investitionen beitragen können.

"Pakt für Deutschland"

Unterdessen hat die CDU/CSU die Bundesregierung aufgefordert, in den nächsten Wochen ein 10-Punkte-Sofortprogramm mit dem Titel "Pakt für Deutschland" umzusetzen. In einem Antrag (15/4831) bieten die Abgeordneten der Regierung diesen Pakt an, um "gemeinsam unser Land aus der tiefsten Beschäftigungskrise seit Kriegsende" herauszuführen. Gleichzeitig bietet die Fraktion "ehrliche Gespräche über Strukturreformen in der Steuer- und Bildungspolitik" sowie über die Konzeption eines einheitlichen Arbeitsgesetzbuches an.

Die Union schlägt vor, den Beitrag zur Arbeitslosenversicherung noch in diesem Jahr von 6,5 Prozent auf fünf Prozent zu senken und die rechtliche Grundlage für betriebliche Bündnisse für Arbeit unter Wahrung der Tarifautonomie zu schaffen. Auch solle von Tarifverträgen abgewichen werden können, wenn es der Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen dient. Allerdings müssten in diesen Fällen dann die Belegschaft und der Betriebsrat jeweils mit Zwei-Drittel-Mehrheit zustimmen. Langzeitarbeitslosen sei eine Rückkehroption in den Arbeitsmarkt zu eröffnen, indem klargestellt wird, dass als Einstieg bis zu einem Jahr eine zehnprozentige untertarifliche Entlohnung möglich sein soll.

Darüber hinaus solle das Kündigungsschutzrecht so modernisiert werden, dass im Mittelstand wieder mehr Einstellungen angeregt werden. Das Jugendarbeitsschutzgesetz will die Union so fassen, dass die Betriebe mehr Möglichkeiten haben, jungen Menschen eine Chance für den Start ins Berufsleben zu geben. Ferner sei die Einstellung von Teilzeitkräften zu unterstützen, indem bei allen Schwellenwerten Teilzeitbeschäftigte entsprechend ihrer Arbeitszeit berücksichtigt werden. Zudem empfiehlt die Fraktion eine Umgestaltung des Betriebsverfassungsgesetzes, damit die betriebliche Mitbestimmung kostengünstiger wird. Das Arbeitszeitgesetz sei zu flexibilisieren, gleichzeitig seien Optionen für langfristige Arbeitszeitkonten zu schaffen. Schließlich will die Fraktion den Mittelstand entlasten, indem die Pflicht, Sicherheitskräfte und Betriebsärzte zu stellen, ausgesetzt und auf teuere Statistiken in Kleinbetrieben verzichtet wird. Der Bundestag hat den Antrag am 17. Februar zur Beratung an Wirtschaftsausschuss überwiesen.


Ausdruck aus dem Internet-Angebot der Zeitschrift "Das Parlament" mit der Beilage "Aus Politik und Zeitgeschichte"
© Deutscher Bundestag und Bundeszentrale für politische Bildung, 2005.