Das Parlament
Mit der Beilage aus Politik und Zeitgeschehen

Das Parlament
Nr. 25 - 26 / 20.06.2005
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Ines Gollnick

Der Unternehmer: Klaas Hübner

Parlamentarisches Profil

Klaas Hübner ist live wie auf seinen Fotos. Mit seinem Lachen und seiner positiven Art fällt es ihm leicht, Türen zu öffnen. Sein Charme wirkt natürlich. Seine kommunikative Ader ist seine Stärke. Auch das dürfte ein Grund dafür sein, dass der Sozialdemokrat beim Seeheimer Kreis zu einem der Sprecher gewählt worden ist. Jüngst war er gefordert, gegen die Kritik an Bundespräsident Horst Köhler auch aus den eigenen Reihen für die Seeheimer Stellung zu beziehen, nachdem sich ein Seeheimer-Kollege sehr weit aus dem Fenster gehängt hatte. Hübner ist einer, der sendet und empfängt, redet und zuhört. Gute Voraussetzungen für den Politiker, der seit 2002 Mitglied des Deutschen Bundestages, gleichzeitig als Unternehmer tätig ist und damit wirtschaftlichen Sachverstand in das Parlament trägt. Der gelernte Bankkaufmann kümmert sich als Unternehmer um das kaufmännische Rechnungswesen und die strategische Finanzplanung in seinen vorwiegend technisch ausgerichteten Firmen. Für das operative Geschäft hat er einen Geschäftsführer, damit er sich ganz auf das Parlamentsmandat konzentrieren kann.

Der 38-jährige Vater von vier Kindern wurde mit 23 Jahren Unternehmer. Nach dem Vordiplom forderte ihn der Fall der Mauer heraus, sich in den neuen Bundesländern selbstständig zu machen. Eine deutsche Bank hatte ihn beauftragt, den Personalstock in den neuen Bundesländern mit aufzubauen. Da es Ausbildungsdefizite gab, machte er sich selbstständig, um Bankkaufleute auszubilden. Es folgte eine Ausweitung der Selbstständigkeit auf den metallverarbeitenden Sektor, der heute den Schwerpunkt der unternehmerischen Tätigkeit ausmacht; insgesamt heute rund 230 Mitarbeiter. Die Firmen sind in ihrer Rechtsform selbstständig geblieben, was die Identifikation der Mitarbeiter fördert. Als Dach gibt es ein einheitliches Management.

Die politischen Turbulenzen scheinen dem Blondschopf nichts anzuhaben. Er sieht optimistisch in die Zukunft, wie er sagt. Das ist sein Naturell. Anstehende Veränderungen begreift er als Chance. "Das Gros der Menschen sieht das jedoch nicht so. Das muss man als Politiker wissen." Sein Realitätssinn wird deutlich, wenn er seine Sicht des politischen Geschäfts beschreibt: "Ich finde, man kann Politik nicht im Sinne einer Lebensplanung machen. Wenn man gewählt ist, muss man in diesem Zeitraum versuchen, das zu erreichen, was man erreichen will", formuliert er pragmatisch. In einem unternehmerischen Leben sei man permanent mit unerwarteten Situationen konfrontiert. Deshalb falle es ihm leicht, sich auf die neue Situation einzustellen. Nur die Familie sei traurig, denn vorerst fällt wegen des Wahlkampfes der Familienurlaub flach.

Hübner, 1967 in Bad Harzburg geboren, ist mit 16 Jahren durch die Friedensbewegung zur SPD gekommen. Nach dem Mauerfall engagierte er sich in Sachsen-Anhalt in Orts- und Kreisverbänden. Der Versuch, 1994 in den Landtag einzuziehen, scheiterte. Als sich ihm 2001 die Chance bot, sich um ein Mandat für die Bundestagswahl 2002 zu bewerben, griff er zu - mit Erfolg. Er gewann den Wahlkreis 72 (Bernburg - Bitterfeld - Saalkreis) direkt mit großem Vorsprung vor der CDU (43,3 zu 32,5 Prozent).

Kann es für einen Unternehmer überhaupt spannend sein, im Verteidigungsausschuss des Deutschen Bundestages zu sitzen? Er formuliert dies positiv: "Das Interessante am Verteidigungsausschuss ist, dass die Bundeswehr das einzige Gebilde ist, das man nahezu mit einem Unternehmen vergleichen kann. Ich kann hier meinen unternehmerischen Geist einbringen. Das Militärfachliche ist weniger mein Feld. Ich kümmere mich vor allen Dingen um Fragen der Beschaffung, des Managements und der Finanzierung. Insofern fühle ich mich da sehr gut aufgehoben", so Hübner.

Der Blickwinkel des Unternehmers kommt auch bei den Standortschließungen zum Tragen: "Bei der Entscheidung welcher Standort nicht mehr aufrecht erhalten werden kann, haben wir darauf geachtet, dass wir rein fachliche und rein betriebswirtschaftliche Maßstäbe ansetzen und keine strukturfördernden. Das Ziel ist, die Bundeswehr effizienter zu gestalten. Nur so können wir Mittel für Investitionen freibekommen, die für die Transformation der Bundeswehr erforderlich sind. Die Aufgaben der Bundeswehr haben sich verändert. Da muss materiell nachgerüstet werden."

Als stellvertretendes Mitglied sitzt Hübner außerdem im Haushaltsausschuss. Dort ist er für den Etat des Bundespräsidenten zuständig und für einen Teilbereich des Etats von Finanzminister Hans Eichel, der vor allen Dingen die neuen Bundesländer betrifft. Auf die Frage, was ihn politisch leitet, antwortet Klaas Hübner mit einem Zitat: "Politiker denken an die nächsten Wahlen, Staatsmänner an die nächsten Generationen." Letzteres sei gute Politik.

"Wir müssen eine Politik machen, die auch für die nächsten Generationen richtig ist", unterstreicht er. "Seit den 70er-Jahren haben Politiker mehr Geld ausgegeben, als die Wachstumsraten es eigentlich zugelassen hätten. Damit wurden die nächsten Generationen in ihren Spielräumen sehr eingeengt." Hübner will hier eine Umkehr, unabhängig davon, ob das bei Wahlen zu einem Misserfolg führen kann. "Es ist meine feste Überzeugung, dass man eine klare Linie verfolgen muss und sich nicht nur von dem Gedanken einer Wiederwahl leiten lassen darf. Sollte ich aus dem Bundestag ausscheiden, tue ich das erhobenen Hauptes, weil ich für Dinge gekämpft habe, die meines Erachtens nachhaltig und langfristig sind. Insofern sehe ich dem Wahlergebnis gelassen entgegen, egal wie es ausfällt."

Einfache, klare Steuersätze wünscht sich der Unternehmer, gerne eine verbreiterte Bemessungsgrundlage und eine Entscheidung darüber noch in dieser Legislaturperiode. Es ginge gar nicht darum, die Steuerquote weiter zu senken. In Deutschland gäbe es momentan einen relativ moderaten Steuerbereich. Vielmehr ginge es darum, zu vereinfachen und den bürokratischen Aufwand zu verringern. Müsste man sich nicht als mittelständischer Unternehmer in den ersten Monaten des Jahres überwiegend mit Steuern und Bilanzen herumschlagen, könnte man viel intensiver an seinem Produkt arbeiten. Hübner favorisiert außerdem die geplante Erbschaftssteuerreform bei Betriebsübergängen zwischen den Generationen. Alles andere würde die Eigenkapitalquote der Firmen schwächen, zumal das Geld oft bar nicht verfügbar sei, sondern in Gebäuden und Maschinen gebunden ist.

Klaas Hübner ist laut eigenem Bekenntnis ein ungeduldiger Unternehmer - wie so viele. Parlamentarische Abläufe aber erfordern Geduld, ein Lernprozess für den Machertyp, der gerne sehr vieles schneller umgesetzt sähe. Den Arbeitsrhythmus des Unternehmers kann er zwar nicht auf die Politik übertragen. Aber dafür andere unternehmerische Eigenschaften: Ein offenes Ohr für Probleme und die Fähigkeit, Ziele zu formulieren und Mitarbeiter auf ein Ziel einzuschwören. Als Einzelkämpfer werde man in der Politik nichts, nur wenn es gelinge, andere mitzunehmen und Mehrheiten zu organisieren. Und was wünscht sich der Jungparlamentarier vor diesem Hintergrund für die eigene Partei, die gerade so schlingert? "Die SPD ist in einer Umbruchsituation. Ich wünsche mir, dass wir an dem Kurs, den der Bundeskanzler mit der Agenda 2010 und auch mit dem 20-Punkte-Plan vorgegeben hat, festhalten und entlang dieser Richtschnur weiter Politik machen. Ich wünsche mir, dass die Partei auf diesem Weg geschlossener fort fährt, als sie es bisher getan hat. Wenn man Menschen mitnehmen will, dann tut man das auf der einen Seite argumentativ, auf der anderen durch eine enorme Geschlossenheit. Diese Geschlossenheit müssen wir wieder finden."


Ausdruck aus dem Internet-Angebot der Zeitschrift "Das Parlament" mit der Beilage "Aus Politik und Zeitgeschichte"
© Deutscher Bundestag und Bundeszentrale für politische Bildung, 2005.