Altschuldenproblematik der landwirtschaftlichen Unternehmen lösen
Berlin: (hib/MIK) Die Problematik der Altschulden der landwirtschaftlichen Unternehmen der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik soll endgültig gelöst werden. Darin waren sich Politiker und Sachverständige bei einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft am Montagvormittag ein, bei der es um Gesetzentwürfe der Bundesregierung ( 15/1662) und der FDP-Fraktion ( 15/2468) zur Änderung der Regelung über Altschulden landwirtschaftlicher Unternehmen ging. Allerdings sahen die Sachverständigen in beiden Entwürfen einen "erheblichen" Nachbesserungsbedarf. Mit ihrem Entwurf will die Regierung die Rückzahlungsbedingungen für landwirtschaftliche Altschulden ändern und bietet den Betrieben an, die mit den Banken abgeschlossenen Verträge über die nachrangige Bedienung der Altschulden gegen Zahlung eines angemessenen Ablösebetrages zu beenden. Der Abführungssatz für Zahlung auf landwirtschaftliche Altschulden soll laut Entwurf von bislang 20 Prozent des handelsrechtlichen Jahresüberschusses auf 65 Prozent der neugeregelten Bemessungsgrundlage erhöht werden. Die FDP schlägt in ihrem Entwurf vor, die Altschulden pauschal in Höhe von 33 Prozent abzulösen.
Der Vertreter des Deutschen Bauernbundes erinnerte in der Anhörung daran, dass dieses Problem vierzehn Jahre nach der Wende jetzt erneut auf dem Tisch liege und endlich gelöst werden müsse. Durch ein entsprechendes Gesetz werde die Planungssicherheit der Betriebe bei Abschluss einer Ablösevereinbarung erhöht, da konkrete Zahlungsmodalitäten getroffen würden. Allerdings dürfe der Mindestablösebetrag 50 Prozent der historischen Schulden zuzüglich der aufgelaufenen Zinsen nicht unterschreiten. Auch Dr. Wolfgang Krüger vom Deutschen Bauernverband hielt den Gesetzentwurf der Bundesregierung für "noch nicht ausreichend". So lehnte er den Eintritt in die Rangrücktrittsvereinbarung ab, da dadurch unter anderem Drittgläubigerinteressen verletzt würden. Auch beim freiwilligen Ablöseverfahren sieht er "erheblichen Nachbesserungsbedarf". Der Vertreter des Deutschen Raiffeisenverbandes, Dr. Petersen, lehnte ebenfalls einen einseitigen Eingriff in die Rangrücktrittsvereinbarung und eine Verschärfung der Rückzahlungsbedingungen "mit Nachdruck" ab. Es sei absehbar, dass eine solche gesetzliche Regelung die höchsten deutschen und EU-Gerichte beschäftigen werde, sodass erneut eine Phase quälender rechtlicher Klärung folgen würde, so Petersen. Auch er hielt eine Zahlungsverpflichtung von 65 Prozent für nicht verhältnismäßig.
Michael Hansen von der Arbeitsgemeinschaft Altschuldenumwandlung begrüßte ebenfalls die Möglichkeit der Ablöse der Altschulden durch eine Vergleichslösung. Allerdings müsse die Höhe des Ablösebetrages zumutbar und tragbar sein, ohne dass die Existenz der Betriebe gefährdet werde. Nach seiner Schätzung sind von einer solchen Regelung rund 1.500 Unternehmen betroffen. Er hielt das vorgeschlagene Verfahren allerdings für "sehr zeitaufwendig". Nach seiner Meinung ist eine prozentuale Ablösung sinnvoller. Dr. Norbert Hirschauer von der Berliner Humboldt-Universität kritisierte, dass in beiden Gesetzentwürfen in der großen Mehrheit der Fälle eine relative Besserstellung der Altschuldenunternehmen gegenüber Unternehmen ohne Altschulden verbleibe. Dietmar Schulze, Staatssekretär im brandenburgischen Landwirtschaftsministerium, betonte, dass mit dem Gesetz der Konsolidierungsprozess der Landwirtschaft in den neuen Bundesländern fortgeführt werden müsse. Im Vordergrund sollte ein wettbewerbsrechtlich zulässiger Lösungsansatz stehen, der einem breiteren Kreis von Unternehmen die Chance eröffne, ihre Altschulden ablösen zu können. Wer die Chance nicht nutze, sollte angemessene Verschärfungen der gegenwärtigen Rückzahlungsbedingungen in Kauf nehmen müssen.