Besuch in den Landesvertretungen
Fast wie zu Hause - die Länder hatten geladen
Einheit in Vielfalt - so das föderalistische Motto in der Bundesrepublik. Die geselligen Runden gestern Abend in den heimatlichen Landesvertretungen waren allerdings eher einheitlich denn vielfältig gestaltet. Hier eine kleine Kostprobe:
Baden-Württemberg
So warm wie das Bundesland, so auch die Atmosphäre in seiner Vertretung in der Tiergartenstraße. Bei den Baden-Württembergern wurde es gestern Abend richtig gemütlich. An den Stehtischchen, von der baden-württembergischen Handwerkervertretung signiert, steckten Abgeordnete und Jugendliche ihre Köpfe zusammen, um Meinungen über jugendliche Arbeitskreispolitik und regionale Eigenheiten auszutauschen. Neben so mancher parteiinterner Grundsatzdiskussion konnte man auch der einen oder anderen Erzählung über Missgeschicke im Alltagsgeschäft lauschen. Wer zu schüchtern war, den sprachen die älteren "Kollegen" selbst an. Ein Abgeordneter soll sogar mit auf die anschließende Kneipentour gezogen sein.
Bayern
Das Zusammentreffen zwischen Jugendlichen und
Abgeordneten in der bayerischen Landesvertretung stand wie zu
erwarten ganz im Zeichen des vorgestrigen Wahltages. Die
überwältigende CSU-Mehrheit vom Vorabend und Gottvaters
Heldentaten wurden triumphal besungen.
Dazu gab es schon vor Beendigung der kurzen
Begrüßungsrede die obligatorische bayerische
Maß.
Berlin
Das Treffen mit den Berliner Abgeordneten fand im Roten Rathaus statt, dem Sitz der Berliner Landesregierung am Alexanderplatz. Dort, wo sonst Wowereit und Co. die Geschicke der Hauptstadt lenken, durften die Berliner Teilnehmer von Jugend und Parlament Platz nehmen.
Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern
In den vergleichsweise kleinen Ländervertretungen von Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg bot sich eine gute Gelegenheit zu persönlichen Gesprächen mit den Abgeordneten. Bei Spätzle und Gulasch oder wahlweise Tomaten-Mozzarella-Salat und Schokomousse wurde es schnell intim. Die Politiker erzählten aus ihrem Alltag in Berlin und ihrem Wahlkreis. Die Jugendlichen berichteten begeistert von ihren jüngsten Erfahrungen bei Jugend und Parlament. Während sich die Brandenburger in Gespräche unter vier Augen vertieften, tauschten die MVler ihre Erlebnisse in großer Runde aus.
Hamburg und Niedersachsen
Überraschend viele Abgeordnete hatten sich im Restaurant des Jakob-Kaiser–Hauses eingefunden, um die JuP-Teilnehmer aus den beiden Nord-Ländern zu empfangen. Nach einer kurzen Begrüßung stand das Buffet im Mittelpunkt der Aktivitäten. Anschließend saßen Teilnehmer und MdBs bzw. deren Vertreter in lockerer Runde gemütlich zusammen und tauschten sich aus.
Nordrhein-Westfalen
Ausgerechnet bei der Begegnung mit den Abgeordneten aus dem Land, das die meisten Teilnehmer zu Jugend und Parlament entsandte, war am gestrigen Abend extrem wenig los. Eine kurze Begrüßung, lieblos ausgelegte NRW-Faltblätter, ein mäßig originelles Buffet und dürftige MdB-Prominenz waren das eine. Das parallel gefeierte Sommerfest in der Landesvertretung selbst und die Tatsache, dass die Mehrzahl der Abgeordneten um 19:00 Uhr (dorthin?) entschwand, waren das andere. Immerhin: Einige wenige eifrige Volksvertreter aus der Heimat zeigten Durchhaltevermögen - auch über den Tellerrand hinaus.
Rheinland-Pfalz
Die Landesvertretung von Rheinland-Pfalz empfing die Teilnehmer von Jugend und Parlament in ihrem Weinkeller in den Ministergärten. Auf die Jugendlichen warteten viele der einladenden Abgeordneten, ein reichhaltiges Buffet und nicht zuletzt auch der Wein. Was fehlte, war der Hausherr oder sein Vertreter. So packte der Mitarbeiter des Besucherdienstes, Eberhard Heck, die Gelegenheit beim Schopfe, begrüßte die anwesenden Abgeordneten und Jugendlichen und eröffnete das Buffet. Im Anschluss nutzten nicht nur die Jugendlichen die Chance, mit den Parlamentariern ins Gespräch zu kommen, sondern auch Abgeordnete holten sich Nachhilfe und erkundigten sich nach Rahmenbedingungen und Ablauf der Veranstaltung Jugend und Parlament.
Saarland
Familie Heinz Becker in der Landesvertretung: fast
so wenige Personen wie in der TV-Sendung, nur vier Abgeordnete und
acht Teilnehmer. Es gab Fleisch in vielen Variationen und Salat. Im
Vorraum der Landesvertertung hängen Bilder aus dem ehemaligen
Führerbunker. Da, wo jetzt die Schranke zum Mieterparkplatz im
Wind schwankt, wurde 1945 Adolf Hitler verbrannt.
Drinnen, in dem karamellbraunen Haus, diskutierte man über die
Feinheiten zwischen dem Dialekt des ehemals preußischen und
des ehemals bayerischen Teils des Saarlandes. Der ortsfremde
Besucher hörte keinen Unterschied. Um zehn nach Acht war der
Abend dann schon vorbei, in den Ministergärten 4, 10117
Berlin.
Sachsen-Anhalt
In sehr familiärer und lockerer Atmosphäre empfingen die Abgeordneten die Teilnehmer von Jugend und Parlament aus Sachsen-Anhalt in ihrer Landesvertretung. Nach wirklich gutem Essen stellte sich die Runde der zahlreich anwesenden Abgeordneten ausführlich vor, bevor man sich lockeren Gesprächen am Tisch widmete. Die Jugendlichen selber fühlten sich sichtlich wohl: Allgemeiner Tenor war die Freude über einen netten, unterhaltsamen Abend, der wie die gesamte Veranstaltung der letzten zwei Tage, als informativ und interessant empfunden wurde. Eine weitere angenehme Überraschung war die Tatsache, dass die jungen Gäste größtenteils aufgrund politischen Interesses und nicht durch Parteizugehörigkeit nach Berlin eingeladen worden waren.
Schleswig-Holstein
Volles Haus in der Landesvertretung Schleswig-Holstein. Daran schuld war eine Großveranstaltung im Foyer und nicht Jugend und Parlament, weshalb sich die muntere Runde von 15 Teilnehmern und sieben Abgeordneten in einen kleinen Saal ins Untergeschoss gesellte. Der Chef der Landesvertretung, Werner Schönborn, begrüßte die Gäste bei Speis und Trank. Sodann zeigten sich auch die Abgeordneten redefreudig und stellten ihren Werdegang sowie die Aufgaben im Bundestag vor. Kleine Gesprächsrunden ließen das Programm gemütlich ausklingen.
Treffen der ausländischen Gäste im "12 Apostel"
Beim Treffen der ausländischen Gäste im
Restaurant "12 Apostel" gab es Antipasti, Pasta und Pizza satt.
Hier, unter den S-Bahn-Bögen nahe der Friedrichstraße,
soll es die beste Pizza der Stadt geben. Aber nicht nur das
Kulinarische stand auf dem Plan, es ging auch um die
länderspezifischen Unterschiede im politischen Engagement der
Jugendlichen. So findet es Patrycja aus Polen gut, wie aktiv sich
Jugendliche in Deutschland für die Politik einsetzen: "Bei uns
ist es viel schwerer, sich als junger Mensch einzubringen."
Auch Coline aus Frankreich war begeistert von dem Engagement der
JuP-Teilnehmer, "aber es fehlt an Spontaneität".
Nadine organisiert das Schweizer Pendant zu Jugend und Parlament
und stellte einen entscheidenden Unterschied fest: "Jugendliche
dürfen bei uns keine Parteipolitik vertreten. Sie sollen sich
ihre eigene Meinung bilden. Das parteipolitische Gehabe im
Deutschen Bundestag ist zwar amüsant, aber eigentlich war ich
geschockt." Um die Ernsthaftigkeit, mit der die Veranstaltung von
den Parlamentariern geleitet wird, beneidet sie ihre deutschen
Freunde: "Dass der Bundestagspräsident die Plenarsitzung
leitet, das finde ich klasse."
JuPITER