Bürgerrechte für alle

Forum: Staatsbürgerschaft und Integration

Sevim Dagdelen, Die Linke.

Parteienübergreifend werden mittlerweile massive Versäumnisse der Integrationspolitik in der Vergangenheit beklagt. Diese beruhen aber im Wesentlichen auf den jahrzehntelangen Versäumnissen einer staatlichen Politik, die aufgrund ideologischer Borniertheit die Einwanderungssituation in Deutschland leugnete und entsprechend auch alle Anstrengungen unterließ, um diesen Einwanderungsprozess unterstützend zu begleiten, auszugestalten und vorhandene Benachteiligungen zu beseitigen. Genauso blieben auch die spezifischen interkulturellen Fähigkeiten und Möglichkeiten der Menschen mit Migrationshintergrund systematisch ungenutzt. Den Betroffenen nun einseitig mangelnde Sprachkenntnisse oder Integrationswilligkeit und -fähigkeit vorzuhalten oder dies gar als Grund für die Ablehnung einer Einbürgerung werten zu wollen, verbietet sich vor diesem Hintergrund.

Auch in diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass es bei vorhandenen Sprachschwierigkeiten und der Integration in den Arbeitsmarkt und das Bildungswesen von Migranten um ein in erster Linie soziales Problem geht, denn auch deutsche Familien und Kinder aus sozial schwachen Verhältnissen sind hiervon betroffen. Nicht undeutsche, unchristliche und untragbare Kulturen sind die Ursache für Frustration, Verweigerung, Ausgrenzung oder gar Gewalt, sondern soziale Benachteiligungen.

Voraussetzung für erfolgreiche Integrationspolitik ist deshalb die Gewährung voller Bürgerrechte, also die rechtliche, politische und soziale Gleichstellung aller hier niedergelassenen Menschen. Es ist die aktive Kommunikation und Vermittlung zwischen gleichberechtigten Kulturen. Ein solcher Prozess bietet allen Mitgliedern der Gesellschaft ein friedliches und gemeinschaftliches Zusammenleben.

Erschienen am 8. Mai 2006