Föderale Unterschiede sind nach wie vor groß
Neue Wege bei der Lehrerbildung zu beschreiten, das scheint spätestens seit dem OECD-Deutschlandbericht über "Anwerbung, berufliche Entwicklung und Verbleib von qualifizierten Lehrerinnen und Lehrern" unumgänglich. Die Lehrer wissen zwar viel, aber sie können es ihren Schülern nicht vermitteln, wusste man schon nach dem ersten PISA-Test. Die föderalen Unterschiede in der Lehrerausbildung sind nach wie vor groß, und die Reformen lassen in einigen Ländern auf sich warten. Längst nicht alle wollen beispielsweise Bachelor- und Masterabschlüsse einführen. Geeinigt hat man sich innerhalb der Kultusministerkonferenz aber immerhin auf Standards für die Lehrerbildung. Was sich landauf, landab bislang getan hat, zeigen ein paar Beispiele.
In Hamburg wurde bereits 2001 eine Reform angestoßen. Vor allem inhaltlich habe man "einiges auf dem Weg gebracht", so der für die - noch nicht beendete - Reform der Lehrerbildung zuständige Mitarbeiter vom Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung, Aart Pabst. Mit Lernmodulen und Kerncurricula zielt man an der Elbe auf eine engere Verzahnung von Studium und nunmehr 18 Monate dauernden Vorbereitungsdienst ab. Themen wie "Neue Medien", "Umgang mit kultureller und sozialer Heterogenität" und "Schulentwicklung" sind zu wichtigen Themen der Ausbildung geworden.
Mit der im Dezember 2003 verabschiedeten Novelle des Lehrerbildungsgesetzes war Berlin ganz vorne mit dabei, die rechtlichen Voraussetzungen für die Einführung von Bachelor- und Masterabschlüssen zu schaffen. Diese sind für die Studienanfänger seit dem Wintersemester 2004/05 verbindlich, wobei die Masterabschlüsse noch nicht fertig konzipiert sind, wie es aus der Senatsverwaltung heißt. Vorgesehen ist eine Erprobungsphase bis 2013. Das gestufte lehramtsbezogene Studium setzt sich an der Spree aus Modulen und Leistungspunkten zusammen. Um Lehrer zu werden, braucht es in der Hauptstadt einen lehramtsbezogenen Master-Abschluss in mindestens zwei Fächern. Für eine einfache Lehrerlaufbahn sind vier Jahre Studium, für eine Studienratlaufbahn sind fünf Jahre vorgesehen. Inhaltlich wurden die Berufswissenschaften gestärkt, und künftig wird ein höheres Gewicht auf die praktischen Kompetenzen statt auf das abfragbare Wissen der Berufseinsteiger gelegt.
"Durch weitgehende Übernahme der Studienreform im Bundesland Brandenburg ist sichergestellt, dass sich in beiden Bundesländern in der Lehrerausbildung eine parallele Entwicklung vollzieht", heißt es auf der Internetseite für die künftigen Lehramtskandidaten. So viel Einigkeit ist im Bund allerdings nicht zu erwarten. In Rheinland-Pfalz haben die Universitäten Mainz, Koblenz-Landau, Trier und die Technische Universität Kaiserslautern den ersten großen Reformschritt im Februar gemacht: Es wurden so genannte Zentren für Lehrerbildung gegründet, die als Schnittstelle zwischen Universität, Studienseminaren und Schulen dienen sollen. Beteiligt sind Wissenschaftler, Studierende sowie Vertreter der Studienseminare und der Prüfungsämter.
"Praxis vom ersten Tag an" verspricht sich der rheinland-pfälzische Wissenschaftsminister Jürgen E. Zöllner (SPD) von der Reform, zu der auch die geplante Einführung des neuen Ausbildungsbereichs "Bildungswissenschaften" gehört. Von Beginn an soll den Lehramtskandidaten die Chance zur Überprüfung eröffnet werden, ob sie auch anwenden können, was sie gelernt haben. Per Gesetz beschlossene Sache ist außerdem die Einführung von Bachelor- und Masterstudiengängen. "Wir wollen nicht, dass sich die Lehrerbildung abkoppelt von der Gesamtentwicklung im Hochschulsystem", begründet Zöllners Amts- und Parteikollegin aus dem Bildungsministerium, Doris Ahnen, diesen Schritt. Die Stärkung der bildungswissenschaftlichen Kompetenz erachtet sie als "dringend notwendig". Von Rückmeldungen aus ihrer Lehrerschaft weiß sie, dass sich eigentlich niemand über die wissenschaftliche Qualifikation beschwert hat. Aber Lernen im Beruf bereite den Lehrern Sorge, sagt Ahnen.
Beispiel Hessen: Hier bleibt es nach der Anfang des Jahres in Kraft getretenen Gesetzesänderung zwar bei den zwei Phasen aus Studium und Referendariat. Aber auch Kultusministerin Karin Wolff (CDU) will mit Modulen das Studium inhaltlich und organisatorisch umkrempeln, mit dem Ziel, die Vergleichbarkeit, Gleichwertigkeit und Überprüfbarkeit der Studiengänge sicherzustellen. Am Ende eines jeden Moduls, das Fachwissenschaft, Didaktik und Erziehungswissenschaft kombiniert, gibt es dann Noten und Leistungspunkte, mit denen man sich bis spätestens zum Ende des vierten Semesters zur - ebenfalls neuen - Zwischenprüfung anmelden muss. Grundschullehrer müssen in Hessen außerdem neuerdings Deutsch und Mathematik als Hauptfächer belegen sowie eine musisch-kreative Grundausbildung absolvieren. Ferner sollen mehr Praktika und sofortiger Praxisbezug den Studierenden bei der Orientierung helfen. Gemeint ist, ihren Willen zum Dasein als Grundschullehrer so schnell wie möglich auf die Probe zu stellen. Da der Zwang zum lebenslangen Lernen eben auch für Lehrer gilt, müssen sie ihre Fortbildungen jetzt nachweisen, sich gegenüber der Schulleitung rechtfertigen - und zur Not in ihrer Freizeit nachsitzen. Mal abgesehen davon, dass sonst das Erreichen der nächsten Dienstaltersstufe gebremst werden könnte.
Der Autor ist Redakteur bei der Tageszeitung "Die Rheinpfalz",
Ludwigshafen.