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Ich lese gerade Rennie Airths Krimi „Orte der Finsternis“ und Gudrun Krämers „Geschichte des Islam“.
Rennie Airth, Orte der Finsternis, Goldmann, München 2006; Gudrun Krämer, Geschichte des Islam, C.H. Beck, München 2005
Auf den ersten Blick mag die Spannbreite zwischen den beiden Büchern, die ich derzeit lese, groß sein. Doch zuerst geht es ja um etwas anderes: Lesen soll unterhalten und aufklären. Beiden Autoren ist dies gelungen. In den herkömmlichen Empfehlungen werden die Titel vermutlich nicht auftauchen und wenn, dann in verschiedenen Abteilungen. Das eine ist ein Kriminalroman, das andere ein Sachbuch.
Auf Rennie Airths „Orte der Finsternis“ wurde ich in einer Krimibuchhandlung in Köln aufmerksam. Manchmal, wenn ich mit dem Fahrrad in unserem Kölner Wahlkreis unterwegs bin, mache ich dort eine Pause. Der Keller ist eine Fundgrube alter, längst vergessener Autorinnen und Autoren. Und der Buchhändler hat immer einen Tipp auf den Lippen. „Orte der Finsternis“ ist der zweite Band des englischsprachigen Schriftstellers. Ebenso wie in seinem ersten Roman „Nacht ohne Gesicht“ ist der Schauplatz der blutigen Dramen England nach dem Ersten Weltkrieg. Wie tief dieser „Große Krieg“, wie er heute noch immer in Großbritannien heißt, die Gesellschaft veränderte, durchzieht Airths Schilderungen. Gewalttätigkeit, Unnahbarkeit, Verlust, Hoffnung, Hartnäckigkeit sind die Eigenarten der so gegensätzlichen Akteure. Und Spannung gibt es nebenbei.
Natürlich ganz anders, aber ebenso aufschlussreich ist Gudrun Krämers „Geschichte des Islam“. Auf rund 300 Seiten schildert die Islamwissenschaftlerin die wechselvollen, gegensätzlichen inneren Entwicklungen und Widersprüche einer Überzeugung. Was heute durchweg als „der Islam“ daherkommt, ist doch so vielfältig und unterschiedlich wie andere Regionen, Ideen und Menschen auch. Gudrun Krämer gelingt aber auch der Sprung in die Neuzeit und liefert Erklärungen für den Umbruch islamisch geprägter Gesellschaften. Für mich bietet das Buch einen wichtigen Einblick in eine Region, mit der ich mich als Außenpolitiker befasse: dem Nahen und Mittleren Osten. Und da Gudrun Krämer an der Freien Universität Berlin lehrt, haben wir sie gebeten, uns in einigen Wochen mehr über ihr Wissen und ihre Erfahrungen mit „dem Islam“ zu erzählen. Was Bücher doch so alles bewirken!
Erschienen am 8. Mai 2006
Rolf Mützenich, Jahrgang 1959, ist abrüstungspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im Deutschen Bundestag und Mitglied des Auswärtigen Ausschusses.