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Weil es im vergangenen Jahr faktisch abgeschafft wurde. Im April 2005 trat, noch unter Rot-Grün, das „Gesetz zur Förderung der Steuerehrlichkeit“ in Kraft. Das hört sich erst einmal gut an, es ermächtigt aber Sozialämter, Arbeitsagenturen, BAföG-Stellen und andere Behörden, sich jederzeit über jedermanns Bankkonto zu informieren. Dies geschieht über die zentrale Datenbank der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht und ist aus Sicht der FDP ein tiefer Eingriff in die Privatsphäre vieler Menschen. Bürgerinnen und Bürger werden zum bloßen Objekt staatlicher Überwachung. Es bedarf nicht einmal mehr einer richterlichen Genehmigung, kein Behördenleiter muss zustimmen, wenn eine Kontoabfrage gestartet werden soll. Betroffen sind nahezu 500 Millionen Konten. Bei Kreditinstituten entstehen durch das Gesetz erhebliche Mehrkosten.
Ursprünglich war die Kontoabfrage gedacht, um verdeckte Finanztransaktionen terroristischer Gewalttäter und illegale Geldströme aufzudecken. Inzwischen dient sie zum großen Teil der Steuererhebung und der Vollstreckung staatlicher Forderungen. Das ist eine erhebliche Einschränkung der Bürgerrechte und stellt den Staat besser als private Gläubiger.
Ich habe eine Kleine Anfrage an die Bundesregierung gestellt, wie sich mit dem Inkrafttreten des Gesetzes die Kontoabfragen entwickelt haben. Waren es 2004 noch weit unter 40.000 Abfragen, stieg die Zahl 2005 bereits auf über 62.000. Zugleich konnte die Bundesregierung den Nutzen der Abfragen nicht belegen.
Meine Fraktion hat 2005 dem Gesetzesvorhaben nicht zugestimmt, und wir kämpfen auch weiterhin für den Erhalt des Bankgeheimnisses. Dazu haben wir einen Antrag eingebracht, mit dem die automatisierte Kontoabfrage rückgängig gemacht werden soll. Wir unterstützen zudem eine Kampagne meiner Partei, die unter dem Titel „Misstrauen Sie jeder Regierung, die Ihnen misstraut, Bankgeheimnis statt Schnüffelstaat!“ läuft.
Steuerhinterziehung ist kein Kavaliersdelikt und muss geahndet werden. Kontrolle aber darf nicht unverhältnismäßig sein, und schon gar nicht dürfen alle Menschen unter Generalverdacht gestellt werden. Es muss die Unschuldsvermutung gelten. Und es muss wieder mehr Sensibilität im Umgang mit den Daten der Bürger geben. Deutschland braucht endlich eine Abgeltungssteuer auf Kapitalerträge. Wenn diese kommt, müssen die Kontoschnüffeleien sofort beendet werden.
Foto: studio kohlmeier
Erschienen am 25. September 2006
Volker Wissing, Jahrgang 1970, Richter a. D., ist Obmann der FDP-Fraktion im Finanzausschuss des Deutschen Bundestages.