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Wiederbelebung der Verfassungsdebatte

Bild: Europa-Flagge, Deutschland-Flagge.
Europa-Flagge, Deutschland-Flagge.

Ausschuss für Angelegenheiten der Europäischen Union

Europa wird auch für die Gestaltung der Innenpolitik in Deutschland immer wichtiger. Deshalb ist der Europaausschuss nicht nur von der Verfassung vorgeschrieben, sondern auch mit besonderen Kompetenzen und herausragenden Funktionen ausgestattet. So wird der Bundestag an europäischen Beschlussfassungen beteiligt. Entsprechend groß ist die Herausforderung, nach den gescheiterten Verfassungsreferenden wieder auf europäischen Erfolgskurs zu kommen.

Die Staats- und Regierungschefs der EU, aber auch Bundestag, Bundesregierung und Bundesrat hatten es sich 2004 so schön gedacht: weniger Bürokratie, bessere Aufgabenteilung, zunehmende Transparenz, mehr nationale Beteiligung an Brüsseler EU-Entscheidungen. All das und noch vieles mehr sollte mit der EU-Verfassung Wirklichkeit werden. Doch mit den gescheiterten Volksabstimmungen in Frankreich und den Niederlanden ist die zügige Umsetzung gestoppt und von einer selbstverordneten „Reflexionsphase“ abgelöst worden.

Der Europaausschuss hatte das Entstehen des Textes der EU-Verfassung über Jahre hinweg intensiv begleitet. Deshalb wird ein Schwerpunkt seiner Beratungen in dieser Wahlperiode auch darin bestehen, nach den Ursachen für die hinter den negativen Referenden zu vermutenden Ängste gegenüber dem erweiterten Europa zu forschen und nach Auswegen aus der Krise zu suchen. Auf der Hand liegt für ihn, dass die Erweiterung der Union auf 25 und (mit Rumänien und Bulgarien) bald 27 Mitglieder zu dem Bewusstsein führen sollte, dass institutionelle Reformen unumgänglich sind, wenn die EU handlungsfähig bleiben will.

Überall dort, wo europäische Projekte über den Handlungsrahmen einzelner anderer Fachausschüsse hinausragen, wird der Europaausschuss besonders wichtig. Und immer dann, wenn es um die Formulierung deutscher Positionen für Verhandlungen auf Europaebene geht, kann er als einziges Gremium Stellungnahmen verabschieden, die für die Bundesregierung genauso verbindlich sind wie Beschlüsse des Bundestages. Zu diesem Zweck hält er sich durch hochkarätige Informationen der Regierung auf dem Laufenden, kann jederzeit auch außerhalb des gewöhnlichen Sitzungsrhythmus tagen und stellt durch eine weitere Besonderheit einen optimalen Informationsfluss sicher: Ihm gehören auch Abgeordnete des Europäischen Parlaments an, die intensiv mitberaten und die Argumente des Bundestages direkt in die europäische Willensbildung einspeisen können.

Die Herausforderung für die deutsche Europapolitik besteht auf der einen Seite darin, neue Impulse dafür zu setzen, dass das Projekt Europa als ein Europa der Bürgerinnen und Bürger wahrgenommen und Begeisterung für europäische Visionen geweckt wird. Auf der anderen Seite geht es darum, die demokratische Legitimation der Union auf eine breitere Basis zu stellen. Dabei wird die Rolle der nationalen Parlamente von besonderer Bedeutung sein; sie müssen nach Überzeugung des Ausschusses noch stärker an der politischen Willensbildung der Europäischen Union beteiligt werden. So wird sich der Ausschuss mit dem Vorhaben der Bundesregierung beschäftigen, schon vor Inkrafttreten des Verfassungsvertrages das darin entwickelte Subsidiaritätsfrühwarnsystem zu aktivieren, das darauf abzielt, immer dann das Parlament einzuschalten, wenn auf europäischer Ebene nationale oder regionale Rechte berührt sind.

Breiten Raum wird unter anderem auch die Fortentwicklung der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik zu einer Sicherheits- und Verteidigungsunion in den Ausschussberatungen einnehmen. Und immer wieder geht es um den Lissabon-Prozess, also um die Entwicklung Europas zur wirtschaftlich dynamischsten Weltregion.

Erschienen am 7. März 2006

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Weitere Informationen:

Vorsitzender des Ausschusses für Angelegenheiten der Europäischen Union: Matthias Wissmann (CDU/CSU)

E-Mail: matthias.wissmann@bundestag.de

Der Ausschuss hat 33 Mitglieder, CDU/CSU: 12, SPD: 12, FDP: 3, Die Linke.: 3 Bündnis 90/Die Grünen: 3.

Hinzu kommen 16 mitwirkungsberechtigte deutsche Mitglieder des Europäischen Parlaments, die vom Präsidenten des Bundestages benannt werden.

Statement:

Bild: Matthias Wissmann (CDU/CSU)

„Oberste Priorität hat die Wiederbelebung der Verfassungsdebatte. Wir werden die deutsche Ratspräsidentschaft 2007 und das Jubiläum der Römischen Verträge zum Anlass für einen neuen Anlauf nehmen. Wir wollen eine tiefgreifende Diskussion über die Zukunft des Projektes Europa: Welche Ziele sollen die europäische Integration leiten und welche Gestalt soll sie am Ende haben?“
Matthias Wissmann (CDU/CSU)


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