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Ein Patenschaftsprogramm des Bundestages lässt diesen Traum wahr werden.
Ein Jahr in einem anderen Land leben ist ein Traum, den viele junge Menschen haben. Freundschaften schließen, Neues über sich und andere lernen, den Blick erweitern, 365 Tage lang ein anderer Alltag – das macht stärker, offener und klüger. Seit nunmehr 20 Jahren ermöglicht der Bundestag dies alljährlich rund 400 jungen Deutschen, deren Wunsch es ist, ein solches Jahr in den USA zu verbringen. Das Parlamentarische Patenschaftsprogramm (PPP) ist getragen von einer engen Kooperation zwischen dem Bundestag, sechs Austauschorganisationen und den beiden Ländern, die eine lange Geschichte verbindet. Es wird ergänzt durch internationale Parlamentspraktika (IPP) über 15 Wochen, die sich auf Stipendiaten aus 18 vor allem jungen Demokratien konzentrieren und künftige Führungskräfte aus den Herkunftsländern qualifizieren sollen.
1683 landeten dreizehn deutsche Familien mennonitischen Glaubens in Philadelphia, um ein neues Leben zu beginnen. Dieses Ereignis kann als Beginn einer langen und nicht abreißenden Beziehung zwischen Nordamerikanern und Deutschen gelten. Mit der Gründung der Vereinigten Staaten von Amerika 1776 und der Entstehung des Deutschen Reiches 1871 wurde es ein bilaterales Verhältnis mit wechselvoller Geschichte.
Heute verbindet sich mit dem parlamentarischen Austauschprogramm der Wunsch, die jungen Deutschen mögen in den USA als Botschafter ihres Landes dazu beitragen, dass Freundschaft gefestigt und Neugier geweckt wird und dass man mehr voneinander erfährt und weiß. „Wenn man ein Jahr in einer Gastfamilie verbringt, die Highschool besucht oder ein Praktikum in einem Betrieb macht, sammelt man die unterschiedlichsten Erfahrungen“, sagt der CDU/CSU-Abgeordnete Wolfgang Börnsen, Hauptberichterstatter des PPP für den Deutschen Bundestag. „Man kommt als gestärkter, unabhängigerer Mensch zurück. Wir schicken Schülerinnen und Schüler und junge Berufstätige, die sich bei uns bewerben, als Stipendiaten in die USA. Sie sollen einen Beitrag zur Verständigung beider Länder leisten. Sie leben bei sorgsam ausgewählten Gastfamilien. Wir kümmern uns darum, dass sie gut vorbereitet werden und im Bundestag jemanden haben, der für sie da ist.
Deshalb heißt es Patenschaftsprogramm. Abgeordnete übernehmen für ein Jahr die Patenschaft für einen Stipendiaten.“ Gegenwärtig sind das 400 Parlamentarier. Sie haben auch über die Auswahl der Stipendiaten mitzuentscheiden, denn es bewerben sich jedesmal rund tausend um die begehrten Plätze. „Ab 16 Jahre kann man teilnehmen. Voraussetzung ist eine ausführliche Bewerbung bei einer der Austauschorganisationen. Unsere Kriterien sind: Kommunikative Fähigkeiten, gute Englischkenntnisse, Durchhaltevermögen, Interesse an und Engagement in gesellschaftlichen Prozessen. Toleranz ist wichtig, Aufgeschlossenheit und natürlich Neugier.“
Im Gegenzug kommen jährlich immer zur Jahresmitte rund 400 junge Menschen aus den USA nach Deutschland. Die Kosten für das Jahr werden jeweils zur Hälfte vom Bundestag und vom US-amerikanischen Kongress übernommen, nur das Taschengeld kommt von zu Hause. So haben Jugendliche aus ganz unterschiedlichen Einkommensverhältnissen die Chance auf ein solches Jahr.
Wolfgang Börnsen erzählt mit großer Begeisterung von dieser in seinen Augen sehr erfolgreichen, weil lebensnahen und weltoffenen Art der Bildung. „Viele von denen, die an einem solchen Austausch teilgenommen haben, engagieren sich später in der Politik, in der Wirtschaft, manche entscheiden, ein Studium in den USA zu absolvieren, die meisten lassen die entstandenen Kontakte nicht abreißen. Ehemalige Austauschschüler engagieren sich in vielen gesellschaftlichen Bereichen unseres Landes. Man kann stolz auf sie sein.“
Einer von den Ehemaligen ist Alexander Bonde, 29 Jahre und Bundestagsabgeordneter von Bündnis 90/Die Grünen. In diesem Jahr ist er zum ersten mal Pate einer Austauschschülerin. Er war 1992 als Stipendiat in einem kleinen Ort auf Hawaii und besuchte dort die Highschool. „Man bekommt ein anderes Bewusstsein von seinem Land, denn so weit weg wird man mit allem, was andere mit Deutschland assoziieren, in Verbindung gebracht. Man wird zu allem gefragt und hinterfragt. Auf Hawaii gehörte ich als Weißer zur Minderheit. Das war auch eine wichtige Erfahrung. Man lernt einfach viel über sich und seinen kulturellen Hintergrund. Und man lernt, dass man alles auch anders machen kann. Das Leben bekommt plötzlich viel mehr Möglichkeiten. Eine solche Chance wahrzunehmen, kann ich nur jedem empfehlen.“
Alljährlich fährt eine Delegation aus Abgeordneten und Mitarbeitern der Austauschorganisationen in drei Bundesstaaten der USA, um mit Gasteltern zu reden und vor Ort zu sehen, wie es den jungen deutschen Botschafterinnen und Botschaftern geht. Das wird auch in den kommenden Jahren so sein, denn das PPP wird fortgesetzt.
Katarina Wenk-Bodenmiller hat ein Jahr in Berlin verbracht. Die 19-Jährige fliegt nun wieder zurück nach Florida. Da sie bereits einen Highschool-Abschluss hat, wurde ihr in Berlin ein Praktikum beim Europäischen Informationscenter ermöglicht. „Eine gute Vorbereitung auf mein Studium der Außenpolitik, denn ich werde als Schwerpunkt Europa wählen. Das Jahr hier war einfach toll, ich habe so viel gelernt und gesehen und ich weiß jetzt, dass ich mich für das richtige Studium entschieden habe.“
Anstoß für das Austauschjahr war der gute Deutschunterricht an der Heimatschule und der Wunsch, die Welt kennen zu lernen, die man später studieren möchte. Katarina Wenk-Bodenmiller fällt der Abschied nach dem Jahr schwer: „Ich habe so nette Gasteltern, ich glaube, die besten, die man nur haben kann. Die Arbeit hat Spaß gemacht und wenn es nach mir ginge, könnte das Ganze noch länger dauern.“
Text: Kathrin Gerlof
Fotos: Deutscher Bundestag, picture-alliance
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