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Wirklich zufrieden ist Klaus Riegert mit der Vorbereitung nicht. Doch für ein richtiges Training war wieder einmal keine Zeit. Im Mannschaftsbus auf dem Weg ins Stadion hat Riegert mit seinem Team die Strategie und die Aufstellung besprochen. Wenigstens zum Warmlaufen bleiben jetzt noch ein paar Minuten.
Es ist die letzte Sitzungswoche des Deutschen Bundestages vor der Sommerpause. Zwischen Fraktionssitzungen und Vertrauensfrage steht für elf Abgeordnete an diesem Dienstagnachmittag etwas ganz anderes auf der Tagesordnung: Fußball. Parlamentarische Initiativen heißen hier „Pass in den freien Raum“ oder „Glanzparade“. Die Gegner vom Magdeburger „SV Oldies“ dehnen bereits ihre Muskulatur am Spielfeldrand.
Das Team des FC Bundestag ist im Trikot des Deutschen Fußballbundes im Berliner Friedrich-Ludwig-Jahn-Stadion angetreten, um sich mit den Magdeburger Freizeitkickern zu messen. Auch ohne großes Publikum auf den Rängen geht es professionell zu: Mannschaftskapitän Klaus Riegert von der CDU/CSU-Fraktion begrüßt Schiedsrichter und Gegenspieler. Dann ein Gruppenfoto und – Anpfiff! Nach zehn Minuten steht es 0:1 für die Gäste aus Magdeburg.
Im Tor des FC Bundestag steht Klaas Hübner, Abgeordneter der SPD. „Als ‚roter Torwart’ habe ich vier ‚schwarze Abwehrspieler’, mit denen ich ordentlich meckern kann“, sagt Hübner nach dem Spiel mit einem Augenzwinkern. „Nein, das Zusammenspiel klappt prima und das Verhältnis innerhalb der Mannschaft ist freundschaftlich und von gegenseitigem Respekt geprägt.“ Spielregel Nummer eins: Die Politik spielt in der Mannschaft keine Rolle.
Klaus Riegert führt die Bundestagself seit 1997 an, ist selbst mit über 200 Treffern Torschützenkönig der ewigen Bestenliste. Früher machten ihm noch Joschka Fischer und Peter Struck Konkurrenz, doch seit sie in Amt und Würden am Kabinettstisch sitzen, bleibt ihnen keine Zeit mehr für das Kicken mit Kollegen. In Sitzungswochen von März bis November trifft sich die Mannschaft regelmäßig zu Spielen gegen ausgewählte Fußballclubs. Meist steht ein karitativer Zweck im Vordergrund. Aber auch der sportliche Ausgleich zählt. Für Riegert ist es wichtig, sich zwischen Schreibtisch und Sitzungen körperlich zu bewegen. „Es tut gut, wenn man mal so richtig auf den Ball dreschen und dabei die Aggressionen rauslassen kann.“ Einmal im Jahr spielt die Mannschaft auch auf ausländischem Rasen, beim Internationalen Parlamentarier-Fußballturnier. 1988 war beim Wettkampf in Italien sogar eine Papstaudienz inklusive.
Der FC Bundestag ist Teil der „Sportgemeinschaft Deutscher Bundestag“. 1951 wurde sie von Abgeordneten und Mitarbeitern der Bundestagsverwaltung in Bonn gegründet. Ob Karate, Skat oder Gymnastik, inzwischen werden für die etwa 1300 Mitglieder rund 20 Sportarten angeboten. Bei allen Disziplinen steht das überfraktionelle Miteinander im Zentrum. „Beim Sport lassen sich politische Gräben spielerisch überwinden“, bestätigt FC-Bundestag-Torwart Klaas Hübner. Parteigrenzen sind auf dem Platz passé.
Das gute Verhältnis innerhalb der Mannschaft hilft im politischen Alltag. „Wenn man nach dem Spiel gemeinsam unter der Dusche steht, begegnet man sich natürlich auch im Plenum ganz anders“, sagt Klaus Riegert mit einem Schmunzeln. Taktische „Fouls“ im Plenum etwa erträgt man dann eher mit Fassung. Spätestens in zwei Wochen wird ja auf dem Platz wieder gemeinsam für das gleiche Ziel gekämpft.
Text: Birte Betzendahl
Fotos: Photothek
Erschienen am 17. August 2005