> Unter der Kuppel > Parlamentspräsidenten
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Eine Woche vor dem großen UN-Gipfel in New York fand am selben Ort die Weltkonferenz der Parlamentspräsidenten statt. Bei dem Treffen, an dem für den Bundestag Vizepräsidentin Antje Vollmer (Bündnis 90/Die Grünen) teilnahm, ging es darum, wie eine parlamentarische Kontrolle der UNO aussehen könnte. Vollmer konnte zudem ihren Kollegen aus aller Welt die Aktion „Parlamentarier schützen Parlamentarier“ vorstellen.
Bevor im September 170 Staats- und Regierungschefs in New York zum großen UNO-Gipfel zusammenkamen, hatte sich am selben Ort eine nicht weniger illustre Gesellschaft versammelt: Auf der Weltkonferenz der Parlamentspräsidenten vom 7. bis 9. September trafen sich 150 hochrangige Repräsentanten nationaler Volksvertretungen aus der ganzen Welt.
„Der Zeitpunkt der Konferenz war bewusst gewählt“, erzählt Antje Vollmer, Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages. „So unmittelbar vor dem großen Gipfel zur UN-Reform hatte sie besonderes Gewicht.“ Die Politikerin von Bündnis 90/Die Grünen vertrat Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) in New York. Natürlich wollen die Parlamentspräsidenten bei der Reform der Vereinten Nationen ein Wörtchen mitreden. Ihnen geht es angesichts des Demokratiedefizits in den internationalen Beziehungen vor allem darum, die parlamentarische Dimension der UNO zu stärken.
Zu der Konferenz eingeladen hatte die Interparlamentarische Union (IPU), die Weltorganisation der Parlamente souveräner Staaten. 1889 wurde sie als erste internationale Organisation überhaupt auf Initiative einiger europäischer Parlamentarier gegründet. Heute gehören der IPU, die sich dem weltweiten parlamentarischen Dialog verschrieben hat, 141 Volksvertretungen an. Im Jahr 2000, unmittelbar vor dem UN-Millenniumsgipfel, hatten sich deren oberste Vertreter zum ersten Mal getroffen – und gleich beschlossen, dies in Zukunft regelmäßig zu tun. Die diesjährige Konferenz war das Nachfolgetreffen.
Mit ihrem Ergebnis ist Vollmer, die mit dem Ende der Legislaturperiode aus dem Bundestag ausscheidet, zufrieden: „Wir haben eine sehr gute gemeinsame Erklärung verabschiedet, in der wir betonen, dass die UNO eine parlamentarische Kontrolle und eine parlamentarische Basis braucht.“
Wie genau das aussehen soll, darüber gingen die Meinungen allerdings auseinander. Vollmer selbst befürwortet einen ständigen Sitz der Interparlamentarischen Union bei den Vereinten Nationen – bislang hat die IPU lediglich Beobachterstatus in der UN-Generalversammlung. So weit wie die Vizepräsidentin des Bundestages gehen längst nicht alle Parlamentspräsidenten. Doch dass die IPU eine herausragende Rolle bei der Demokratisierung der internationalen Beziehungen spielen sollte, darin sind sich fast alle einig.
Große Sorgen hatte den Konferenzteilnehmern die Aussicht bereitet, dass der bevorstehende UN-Gipfel scheitern könnte – was sich ja dann auch bewahrheitete. Getrübt wurde die Stimmung zudem dadurch, dass die amerikanische Regierung den Parlamentspräsidenten Kubas und Irans keine Visa erteilt hatte. „Das war ein starker Affront“, sagt Vollmer. „Weil wir erst sehr spät davon erfahren haben, konnten wir die Konferenz nicht mehr an einen anderen Ort verlegen. Wir haben aber eine sehr deutliche Erklärung herausgegeben, in der wir gegen das Vorgehen der amerikanischen Regierung protestieren. Denn dadurch sollten wir gezwungen werden, unser Prinzip: ‚Wir verhandeln, wir kritisieren, aber dafür müssen wir uns treffen können’ aufzugeben.“
Gefreut hat sich Vollmer über die positive Resonanz auf die Aktion des Bundestages „Parlamentarier schützen Parlamentarier“, die sie in ihrer Rede vor der Generalversammlung vorstellte. Im Rahmen der Aktion setzen sich Bundestagsabgeordnete in enger Absprache mit der IPU, dem Auswärtigen Amt und Nichtregierungsorganisationen für ausländische Kollegen ein, die bedroht oder verfolgt werden. „Die Deutschen sind dafür als vorbildlich gelobt worden“, berichtet Vollmer.
Sehr wichtig fand sie auch ein Treffen der Parlamentspräsidentinnen, bei dem unter anderem über die Quotenregelung in manchen Volksvertretungen gesprochen wurde. Etwa dreißig Präsidentinnen und Vizepräsidentinnen hatten sich dazu eingefunden – eine stattliche Zahl, bedenkt man, wie unterrepräsentiert Frauen in politischen Führungspositionen generell sind. Und nicht zuletzt ein schöner Erfolg für die IPU, die sich seit den siebziger Jahren für die gleichberechtigte Vertretung von Frauen in den nationalen Parlamenten einsetzt.
Text: Nicole Alexander
Foto: Deutscher Bundestag
Erschienen am 30. September 2005