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bleibt" und Cécile aus Frankreich, warum sie in Berlin ihr
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Castor und Pollux
Was der Wähler durch seine Stimmabgabe so alles bewirken kann. Zum Beispiel kann er für einen ganz neuen Umgangston im Bundestag sorgen. Dessen neuer Präsident Norbert Lammert hat festgestellt, dass die Fraktionsvorsitzenden von CDU/CSU und SPD, Volker Kauder und Peter Struck, immer mehr auftreten „wie Castor und Pollux“ – die beiden unzertrennlichen Zwillingsbrüder aus der antiken Mythologie, Söhne des Zeus. Und die Kolleginnen und Kollegen der CDU/CSU zollen öffentlich SPD-Argumenten Beifall, die sie früher nur hinter vorgehaltener Hand für diskutabel gehalten hätten – und umgekehrt.
Lammert hat zu dem inzwischen schon zur Tradition gewordenen vorweihnachtlichen Presseempfang geladen. Viele Parlamentarier und natürlich vor allem Journalisten nutzen den Abend zum Informationsaustausch oder zur Erinnerung an vergangene Zeiten. So Gerhard Hofmann vom RTL-Hauptstadtstudio, der erzählt, wie er damals beim Bundespresseball eine Weltreise gewann, diese verkaufte und den Erlös dem Hilfsfonds Padre Miguel stiftete, den er während seiner Korrespondententätigkeit in Argentinien ins Leben gerufen hatte. Unter den Parlamentariern auch Rainer Brüderle, stellvertretender Vorsitzender der FDP-Fraktion, der sich in der unerwarteten Rolle als Oppositionspolitiker sichtlich wohl fühlt und von seinem Stehtisch aus neue Gäste mit einem „Willkommen an der Basis“ begrüßt.
Momentaufnahmen
Einige der hier Anwesenden sind auch auf den Fotos von Fritz Reiss zu sehen, die in der Landesvertretung Rheinland-Pfalz gezeigt werden. Als Bildberichterstatter von Associated Press hat er fast alle prominenten und viele weniger prominente Parlamentarier festgehalten. Mit seinen Schnappschüssen erzählt er oft kleine Geschichten. Wenn zum Beispiel auf einer SPD-Veranstaltung Oskar Lafontaine doziert, Hans-Jochen Vogel neben ihm auf dem Podium mit seinen Gedanken aber ganz woanders ist, nämlich bei einer Agenturmeldung, die ihm sein Pressesprecher gerade gebracht hat. Ein besonders beliebtes, wenn auch nicht immer dankbares Opfer von Fritz Reiss war der langjährige Bundeskanzler Helmut Kohl. Komisch, was er für ein Gesicht macht, als er sich in St. Peter-Ording eine von Parteifreunden geschenkte Krawatte umbindet.
Karl-Heinz Klär, der Bevollmächtigte des Landes Rheinland-Pfalz beim Bund, vermisste bei der Eröffnung der Ausstellung eins der meistgedruckten Kohl-Fotos von Fritz Reiss. Es zeigt den an einem Hotelpool in Neu-Delhi auf einer Liege ruhenden Kanzler. Reiss schoss es, als alle seine Kollegen schon aufgebrochen waren, und zog sich auf diese Weise wieder einmal den Unmut des Regierungschefs zu, der seine ihm heilige Privatsphäre verletzt sah. Doch dieses Foto liegt irgendwo in den Tiefen des AP-Fotoarchivs in New York.
Klär freut sich, dass zur Eröffnung der Ausstellung rund 200 Gäste gekommen sind, für ihn ein Zeichen dafür, dass die Anziehungskraft der Landesvertretung auch im fünften Jahr nach dem Umzug an die Spree nicht gelitten hat. Insgesamt 260.000 Menschen waren nach seiner Zählung seitdem in der Vertretung zu Gast. Viele Besucher zieht die jährliche Schau mit den Werken der Kandidaten und Gewinner des deutschen Preises für politische Fotografie und Karikatur an.
Musikgeschichten
So wie Reiss Geschichten mit der Kamera erzählt, so schreibt sie George Maclean mit dem Tenorsaxofon. Der dunkelhäutige Jazzmusiker mit dem rheinischen Akzent hat seinen Standplatz in der Nähe des Paul-Löbe-Hauses am Spree-Ufer. Selbst am ersten Weihnachtstag erfreut er die Spaziergänger mit seinem Spiel und hofft, dass sie ihm ein paar Münzen in seinen Instrumentenkasten legen. Nein, Fragen will er nicht beantworten. Alles, was es über ihn zu berichten gebe, habe der Journalist Josef Engels aufgeschrieben. Der hat in der „Berliner Morgenpost“ sehr einfühlsam beschrieben, dass George Maclean in Berlin die Geschichten sammelt, die hier auf der Straße liegen. Schöne Sachen seien ihm dabei widerfahren, schreibt der Journalist: „Die Sängerin Marla Glen lud ihn kurz entschlossen ein, bei ihren Auftritten in Berlin einzusteigen. Professoren der Humboldt-Uni kamen mit ihm schon öfter ins launige Gespräch. Melancholische Mädchen vergaßen ihren Kummer beim Blick aufs Wasser und beim Klang des Horns.“ Dazu passt, dass sich der 37-jährige Profimusiker nebenbei als viel gefragter Märchenerzähler verdingt.
Deutschlandbilder
Was Mike de Vries erzählt, das sind keine Märchen. Er ist als Geschäftsführer der „FC Deutschland GmbH“ auch Koordinator der Initiative „Deutschland – Land der Ideen“, die im Jahr der Fußballweltmeisterschaft für den Standort Deutschland wirbt. Sein Job ist es, den Menschen im Inund Ausland ein ganz besonderes Bild zu vermitteln, das Bild von Deutschland als innovatives, weltoffenes und begeisterungsfähiges Land. Dieser Aufgabe geht der 48-Jährige auch am Silvesterabend vor dem Brandenburger Tor nach. Während dort die Menschen zusammenströmen, um das neue Jahr zu begrüßen, schwärmt der ehemalige Fünfkampf-Trainer vom spannenden WM-Jahr und den vielen Veranstaltungen, auf denen Deutschland „als weltoffener, sympathischer Gastgeber“ präsentiert werden soll.
Text: Klaus Lantermann
Erschienen am 8. Februar 2006