> Unter der Kuppel > Inkognito
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Wenn wir die Tagesschau einschalten, gibt es fast immer Nachrichten
aus dem Bundestag. Wie ein Tag im Bundestag in die Medien kommt,
hat GLASKLAR live mitverfolgt. Außerdem erzählen
Abgeordnete ihre persönliche Medienstory, eine
Politikwissenschaftlerin sagt, wieso die "Tür manchmal zu
bleibt" und Cécile aus Frankreich, warum sie in Berlin ihr
Glück gefunden hat.
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Wer war’s? fragt BLICKPUNKT BUNDESTAG und lädt Sie ein, Persönlichkeiten der Parlamentsgeschichte wieder zu begegnen. In jeder Ausgabe stellen wir jeweils ein Mitglied des Bundestages vor, das in der Geschichte Deutschlands eine bedeutende Rolle gespielt hat. Sein Name wird nicht genannt. Lüften Sie sein Inkognito und gewinnen Sie eine Reise für zwei Personen nach Berlin.
Vor der ersten Sitzung des neu gewählten Parlaments muss er auf Socken vom Bonner Bahnhof zum Münsterplatz laufen, um neue Schuhe zu kaufen. Denn sein einziges Paar ist auf der Fahrt nach Bonn verschwunden, wahrscheinlich gestohlen worden. Dann eilt der frisch gebackene Abgeordnete zum Tagungsort, dem neuen Plenarsaal in der ehemaligen Pädagogischen Akademie.
Der damals mit 33 Jahren jüngste Abgeordnete des Bundestages steigt später bis an die Spitze des Parlaments auf und gehört ihm so lange an wie sonst keiner – 41 Jahre lang vertritt der gebürtige Franke seinen bayerischen Wahlkreis in Bonn. Nach 1945 gehörte er zu den Gründern der CSU in Bayern. Er hat – wie viele Mitglieder des Bundestages – die Politik bereits in der Familie kennen gelernt. Sein Vater, ein Schlossermeister, war Bürgermeister, ursprünglich in der Bayerischen Volkspartei, später Kreisvorsitzender der CSU und Mitglied des Landtags. Sein Onkel Daniel, ein Sozialdemokrat, war im Kaiserreich und in der Weimarer Republik insgesamt 28 Jahre Mitglied des Reichstags.
In Bonn kümmert sich der junge Abgeordnete sehr erfolgreich vor allem um die Verkehrspolitik und den Mittelstand. Er ist maßgeblich an der Formulierung der Handwerksordnung beteiligt und gilt bald als ministrabel. Später erzählt er gern, wie Adenauer ihm nach dem glänzenden Wahlerfolg 1957 in seinem Haus in Rhöndorf eröffnet, er solle den Verkehrsminister beerben, den Adenauer für zu wenig kompromissbereit hielt. Unser Kandidat hat aber seine eigenen Vorstellungen und strebt das Ministerium für Post- und Fernmeldewesen an. Da habe Adenauer gesagt: „Na jut, dann werden Sie eben Postminister.“
Der Neue macht seine Sache gut – abgesehen von der umstrittenen Erhöhung der Telefongebühren, die später teilweise zurückgenommen werden muss. Er treibt die Rationalisierung des Postbetriebs einschließlich des Ausbaus des Selbstwählbetriebs voran und führt die Postleitzahlen ein. Doch nach neun Jahren, bei Bildung der ersten Großen Koalition, muss der Katholik wegen des konfessionellen Proporzes einem protestantischen Parteifreund weichen. Er arbeitet weiter in führenden Positionen der CDU/CSU-Fraktion. Auch wenn er sein Temperament nicht immer zügeln kann, wird der leidenschaftliche Jäger, Skatspieler und Anhänger des 1. FC Nürnberg von Parteifreunden wie auch von den politischen Gegnern geschätzt.
So ist es nicht überraschend, dass er 1979 als erster CSU-Politiker Bundestagspräsident wird. Die ungewöhnlich vielen, nämlich 410 Ja- Stimmen zeigen die Wertschätzung, die er im Bundestag genießt. Einer seiner Nachfolger in diesem Amt bescheinigt ihm später: „Seine besondere Fähigkeit lag darin, mit Humor spannungsgeladenen Streit und angestrengte Nerven von Kontrahenten zu entspannen, mit Augenmaß Konflikte zu lösen.“
Dazu muss er manchmal auch energisch durchgreifen: Bei einer erregten Debatte weist er nacheinander zwei Mitglieder der Grünen aus dem Plenum, die härteste Ordnungsmaßnahme, die der Bundestagspräsident ergreifen kann. Der zweite der Betroffenen (später sollte er Außenminister werden) quittiert seinen Ausschluss mit einer Äußerung, die Schlagzeilen macht und mit den Worten „Mit Verlaub, Herr Präsident ...“ beginnt.
Nach der Bundestagswahl 1983 muss er die Präsidentschaft an einen Fraktionskollegen abgeben, der vom neuen Kanzler für den Verlust eines anderen Amtes entschädigt wird. Unser Kandidat bleibt bis zu seinem Ausscheiden aus dem Bundestag Vizepräsident, grollt aber dem für die Zurückstufung verantwortlichen Regierungschef noch lange. Als der ihn 1986 einlädt, in der Regierungsmaschine zum Weltmeisterschaftsendspiel mit nach Mexiko zu fliegen, entgegnet der Fußballfan nur „Mit dir flieg ich nicht“, und schaut sich die deutsche Finalniederlage im Fernsehen an.
Nach seinem Abschied aus Bonn genießt der schon längere Zeit Herzkranke sein Privatleben mit der geliebten Familie. Er stirbt im Alter von 85 Jahren in seinem Wohnort und langjährigen Wahlkreis.
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Die Lösung unseres Rätsels in Heft 2/06
lautet: Willi Hoss.
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gewonnen.