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Das System der Fraktionen im Bundestag hat sich in der Geschichte der Bundesrepublik als relativ stabil erwiesen. In den 80er Jahren kamen die Grünen dazu, nach der Wiedervereinigung die PDS. In den Nachkriegsjahren gab es allerdings einige Gruppierungen im Parlament, die heute fast vergessen sind. Im ersten Deutschen Bundestag versammelten sich bei seiner Konstituierung sogar acht Fraktionen, denn es gab noch keine Fünf-Prozent-Sperrklausel bei der Bundestagswahl in der heutigen Fassung. Erst nach und nach kristallisierte sich jene Fraktionslandschaft im Parlament heraus, die wir heute kennen.
1949
Der erste Deutsche Bundestag
Im ersten Deutschen Bundestag 1949 sind acht Fraktionen vertreten. Neben CDU/CSU (140 Abgeordnete), SPD (131) und FDP (52) sitzen die Kommunisten der KPD (15), die Bayernpartei (17), die Deutsche Partei (17), die Wirtschaftliche Aufbauvereinigung (12) und die Zentrumspartei (10) jeweils als Fraktion im Parlament. Als Mindestfraktionsgröße schreibt die erste Geschäftsordnung des Bundestages zehn Abgeordnete vor, im Januar 1952 wird die Zahl auf 15 angehoben. Zur Bundestagswahl 1953 wird die Fünf-Prozent-Sperrklausel in der heutigen Form eingeführt.
Konstituierende Sitzung des ersten Deutschen
Bundestages.
1961
Dreiparteiensystem
Vom ersten Deutschen Bundestag an bis Anfang der sechziger Jahre hat sich die Zahl der Fraktionen reduziert: von acht Fraktionen in der ersten Wahlperiode auf fünf Fraktionen in der zweiten, schließlich auf vier in der dritten Wahlperiode und seit der vierten (1961–1965) auf drei Fraktionen. Nach der Bundestagswahl 1961 ziehen drei Gruppierungen in Fraktionsstärke in den Bundestag ein: CDU/CSU, SPD und FDP. Damit hat sich jenes Dreiparteiensystem herausgebildet, das die politische Landschaft der alten Bundesrepublik bis zum Auftauchen der Grünen Anfang der achtziger Jahre prägen sollte. Die Fraktion der FDP spielte dabei immer wieder die Rolle des „Züngleins an der Waage“. Mit Ausnahme der Großen Koalition von 1966 bis 1969 war sie in wechselnden Regierungskoalitionen bis 1998 der „Juniorpartner“ von CDU/CSU oder SPD.
Der FDP-Vorsitzende Erich Mende verfolgt die
Wahlergebnisse 1961.
1969
Fünf-Prozent-Klausel für Fraktionsstatus
Am 27. März 1969 ändert der Bundestag seine Geschäftsordnung. Der Fraktionsstatus ergibt sich nun aus dem Anteil einer Gruppierung an der Abgeordnetenzahl des gesamten Bundestages. Bis dahin war eine absolute Zahl als Mindeststärke festgesetzt (seit 1952: 15 Abgeordnete). Die heute noch gültige Passage in der Geschäftsordnung von 1969 lautet: „Die Fraktionen sind Vereinigungen von mindestens fünf Prozent der Mitglieder des Bundestages, die derselben Partei oder solchen Parteien angehören, die auf Grund gleichgerichteter politischer Ziele in keinem Land miteinander in Wettbewerb stehen. Schließen sich Mitglieder des Bundestages abweichend von Satz 1 zusammen, bedarf die Anerkennung als Fraktion der Zustimmung des Bundestages.“
Kanzler Brandt (SPD) und sein Vorgänger
Kiesinger (CDU/CSU).
1983
Die Grünen erstmals im Bundestag
Die 1980 auf Bundesebene gegründete Partei Die Grünen zieht bei ihrer zweiten Teilnahme an einer Bundestagswahl 1983 erstmals in den Bundestag ein. Die Grünen erreichen 5,6 Prozent der Stimmen. Erstmals seit der dritten Wahlperiode gibt es wieder vier Fraktionen im Bundestag. Anfangs hat die Grünen-Fraktion drei gleichberechtigte Fraktionssprecher und im Gegensatz zu den anderen Fraktionen werden die Ämter zunächst jährlich neu besetzt. Von den ersten drei Fraktionssprechern der Grünen sind zwei noch heute Bundestagsabgeordnete: Marieluise Beck und Otto Schily (heute SPD). Die dritte Fraktionssprecherin der ersten Stunde ist die damalige Sprecherin des Bundesvorstandes der Grünen, Petra Kelly, die 1992 stirbt.
Fraktionssitzung im Freien: Die Fraktion der
Grünen 1983.
1990
Erste gesamtdeutsche Bundestagswahl
Bei der ersten gesamtdeutschen Bundestagswahl am 2. Dezember 1990 wird nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts die Fünf-Prozent-Sperrklausel getrennt in alten und neuen Bundesländern angewendet. Die Grünen erzielen auf dem Gebiet der alten Bundesrepublik nur 3,8 Prozent der Stimmen und verpassen den Einzug in den Bundestag. Bündnis 90/Die Grünen erreicht in den neuen Ländern jedoch sechs Prozent und zieht so in den ersten gesamtdeutschen Bundestag ein. Auch die PDS überspringt 1990 die Fünf-Prozent-Hürde nur in den neuen Ländern. Sowohl Bündnis 90/Die Grünen als auch die PDS erreichen im Parlament nicht die Fraktionsmindeststärke von 34 Sitzen. Auf Beschluss des Bundestages erhalten beide im Februar 1991 den Gruppenstatus.
Erste gesamtdeutsche Bundestagssitzung am
4.10.1990.
1998
PDS erstmals als Fraktion
Bei der Wahl zum 14. Deutschen Bundestag am 27. September 1998 büßen erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik die bisherigen Regierungsfraktionen ihre Mehrheit ein. Somit kommt es zum Regierungswechsel, die Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen wählen Gerhard Schröder zum Kanzler. Die PDS erzielt 5,1 Prozent der Stimmen und zieht damit erstmals in Fraktionsstärke in den Bundestag ein. Bei der Wahl 1994 war die Partei noch unter der Sperrklausel geblieben, aber durch vier Direktmandate in Berliner Wahlbezirken als Gruppe mit insgesamt 30 Abgeordneten im Bundestag vertreten.
Der spätere PDS-Fraktionschef Gregor Gysi
am Wahlabend 1998.
Erschienen am 8. Februar 2006