> Dossier > Sonderthema 16. Wahlperiode
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Europa:
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Renate Künast und Fritz Kuhn (Bündnis 90/Die Grünen)
Durchsetzungsfähigkeit, Beredsamkeit und Hartnäckigkeit – Eigenschaften, die die beiden gleichberechtigten Fraktionsvorsitzenden von Bündnis 90/Die Grünen neben ihrem gemeinsamen Geburtsjahrgang 1955 verbinden. Dass sie zu zweit etwas erreichen können, haben sie in ihrer Partei in der Zeit als Doppelspitze der Partei 2000 schon bewiesen. „Der Modernisierung eine Richtung geben“, heißt es seitdem für die Grünen.
Renate Künast stammt aus einer Arbeiterfamilie in Recklinghausen. Schon früh lernt sie, sich durchzusetzen, zunächst gegen die eigenen Eltern, denen sie die Erlaubnis abtrotzt, statt der Haupt- die Realschule zu besuchen. Nach der Ausbildung zur Sozialarbeiterin arbeitet sie zwei Jahre lang in einer Berliner Männer-Justizvollzugsanstalt vor allem mit Drogenabhängigen. 1985 schließt sie ihr Jurastudium ab und arbeitet später als Rechtsanwältin.
Schon 1979 ist die Atomkraftgegnerin in die Berliner Grün-Alternative Liste eingetreten. Seit 1982 hat sie wechselnde Positionen in ihrer – 1993 mit den Bündnisgrünen zusammengeschlossenen – Partei und deren Abgeordnetenhausfraktion inne. Dabei festigt sich ihr Ruf als pragmatische Parteilinke und erfahrene Unterhändlerin, so dass sie nach der Bundestagswahl 1998 in die Kommission für die Koalitionsverhandlungen mit der SPD berufen wird. Die Bundespolitik steht ihr schon jetzt offen. Sie aber entscheidet sich zunächst noch für Berlin.
Im Jahr 2000 bewirbt sie sich mit ihrem heutigen Kollegen Fritz Kuhn um den gemeinsamen Parteivorsitz in der Bundespartei. Sie ist zu jener Zeit Fraktionsvorsitzende der Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus, Kuhn hat dieselbe Position im Landtag von Baden-Württemberg inne.
In der BSE-Krise im Januar 2001 muss sie das höchste Parteiamt bereits wieder verlassen, weil sie das neu strukturierte Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft übernimmt. Sie hat es in der Folge geschafft, den Verbraucherschutz auf die politische Agenda der Republik zu setzen und zu einem Markenzeichen der Grünen zu machen.
Ihr Partner Fritz Kuhn, in Bad Mergentheim geboren und im Allgäu aufgewachsen, hat Germanistik und Philosophie in München und Tübingen studiert. Sein politisches Engagement gründet sich in der Umweltbewegung und im Widerstand gegen die Atomkraft. Er tritt der SPD bei, verlässt sie 1978 aber wieder „wegen des unerbittlichen Atomkurses von Helmut Schmidt“. Wenig später gehört er zu den Gründern der Grünen zunächst in Baden-Württemberg, dann auch im Bund. 1984 wird er in den Landtag gewählt, wo er sogleich zum Fraktionschef arriviert.
Er macht sich einen Namen als „Vordenker des südwestdeutschen Realo-Flügels“, wie es in der Presse heißt. Aus beruflichen Gründen tritt er zur nächsten Wahl nicht mehr an, mit der Begründung, es sei „nicht gerade eine verlockende Perspektive, in einer Partei Berufspolitiker zu werden, die explizit keine Berufspolitiker haben wolle“. Er übernimmt Lehraufträge und erhält 1989 eine Professur an der Stuttgarter Merz-Akademie.
Die Politik lässt ihn aber nicht los. Er kehrt 1992 in den Landtag auf den Fraktionsvorsitz zurück, den er schließlich 2000 zugunsten des gemeinsamen Parteivorsitzes mit Renate Künast, später dann mit Claudia Roth, aufgibt.
Foto: Picture-Alliance
Erschienen am 01. Dezember 2005
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