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Ernst Burgbacher trifft Jean François Kempenich in dessen Laden La Lampisterie in der Greifswalder Straße
La Lampisterie ist einer dieser Läden, in denen man Lust bekommt, etwas zu kaufen, nach Hause zu gehen und die Wohnung umzuräumen. Vielleicht so, dass die von Jean François Kempenich restaurierte Deckenlampe mit den niedlichen Glastüten so richtig zur Geltung kommt.
Jean François Kempenich hat sich vor 18 Monaten einen Traum erfüllt. Mit dem Laden in Berlin-Prenzlauer Berg kann er seine Leidenschaft fürs Sammeln und die Notwendigkeit, den Lebensunterhalt zu verdienen, unter einen Hut bringen. Der 1970 in Noyon im Département Oise geborene Jean François hat also das richtige Gespür gehabt, als er mit 13 Jahren anfing, Dinge aufzuheben, die alt und älter sind. Jean François brachte eine Menge Gegenstände nach Hause, alte Platten, alte Toaster, alte Lampen, und nicht immer hat das die Menschen in seiner Umgebung gefreut. Irgendwann wird der Platz knapp und ist der Keller voll.
Der FDP-Abgeordnete Ernst Burgbacher studierte, als Jean François Kempenich auf die Welt kam, gerade Mathematik und Politikwissenschaft an der Universität Tübingen. Er habe nur einmal in seinem Leben etwas gesammelt: Postkarten. Ansonsten wäre der Kelch dieser Leidenschaft an ihm vorübergegangen, sagt der Schwabe.
Ernst Burgbacher ist 1998 Bundestagsabgeordneter geworden, ein Jahr bevor der Bundestag von Bonn nach Berlin zog. Jean François Kempenich kam schon 1993 nach Berlin, als er seinen Wehrdienst absolvierte. Er kannte die Stadt da bereits ein wenig, hatte sie 1990 besucht: „Da war Berlin zerrissen, überall sah man die Spuren der Geschichte, es gab unglaublich viel freie Fläche und es war eine Stadt mit zwei Zentren. Sehr spannend.” Der Franzose blieb nach dem Wehrdienst inder Stadt, suchte sich eine Wohnung in Kreuzberg und später in Friedrichshain, arbeitete als Baguettebäcker, als Kellner, in einem Museum und im Kulturkaufhaus in der Friedrichstraße. Ein Jahr ist er der Stadt untreu geworden und nach Barcelona gegangen. Und als er 2002 von da zurückkam, dachte er sich: „Ich bin über 30, ich muss wissen, was ich kann und will. Ich brauche eine Wende.” Zusammen mit dem Freund fand er später den Laden, renovierte und baute ihn für seine Bedürfnisse als „Lamperist” um und eröffnete 2005 das Geschäft.
Eine Geschichte, die einem FDP-Abgeordneten gefallen muss: Man nimmt sein Leben in die Hand und müht sich, das Beste daraus zu machen. Natürlich gefällt ihm die Geschichte. Während des Fototermins erzählt der Abgeordnete von seiner engen, langjährigen Beziehung zu Frankreich. Die persönlich geprägt ist durch die Ehe mit einer Französin aus Valence. Aber begründet wurde die Zuneigung zum Nachbarland bereits durch eine zweiwöchige Radtour, die Ernst Burgbacher mit 16 Jahren machte. Später wurde sie gefestigt durch eine langjährige Städtepartnerschaft zwischen seiner Heimatstadt Trossingen und der Stadt Cluses in Hochsavoyen, die seit 1974 besteht.
Ernst Burgbacher (rechts) trifft
Jean François Kempenich in dessen Laden
La Lampisterie in der Greifswalder
Straße (© DBT/studio kohlmeier)
„Ich bin ja Lehrer von Beruf, und wir haben an einem 5. Mai, dem Europatag, einen Lehrertausch organisiert. Zur Überraschung der Schülerinnen und Schüler meiner Klasse stand damals ein französischer Lehrer vor ihnen. Und ich unterrichtete eine französische Klasse. Das war für uns alle eine tolle Erfahrung.” Ebenso wie ein Lehrlingsaustausch zwischen den Partnerstädten, den Ernst Burgbacher mitorganisiert hat. Überhaupt seien diese ganz alltäglichen Erfahrungen mit dem Leben und der Arbeit der jeweils anderen Menschen die beste Art, sich kennenzulernen. „Erst kürzlich habe ich für eine Woche mit einem französischen Parlamentskollegen die Plätze getauscht. Es war interessant, einmal den parlamentarischen Alltag in Frankreich kennenzulernen.”
Aber man höre in letzter Zeit häufig, fragt Jean François Kempenich nach, dass die Eurolokomotive Frankreich-Deutschland ins Stottern gekommen sei. Stimme das denn? Dieser Eindruck liege auch daran, antwortet Ernst Burgbacher, dass das deutsch-französische Verhältnis so normal geworden ist. Es sei schwierig, immer wieder das Besondere und auch das besonders Wichtige daran ins Bewusstsein zu rücken. „Ich bin im Elsass groß geworden”, sagt Jean François Kempenich. „Da war mir Deutschland viel näher als Südfrankreich.”
Es gibt allerdings Momente, da nützt die größte Vertrautheit nichts und langjährige Beziehungen werden ernsthafter Prüfung unterworfen. Ernst Burgbacher erzählt die Geschichte, wie er 1982 bei seinen Schwiegereltern in Frankreich das Fußball-WM-Spiel Deutschland gegen Frankreich gesehen hat. Deutschland gewann damals 8 zu 7 nach Elfmeterschießen, ein französischer Nationalspieler wurde durch den deutschen Torwart schwer verletzt.
„Und Sie haben das überlebt?”, fragt Jean François Kempenich lachend. „Ich stand am Ende ganz allein auf dem Balkon”, antwortet der Abgeordnete. Das wäre heute wahrscheinlich nicht anders, daran ändern auch die engsten europäischen Beziehungen nichts.
Obwohl so eine Begegnung mit einem französischen Lampenrestaurator und -verkäufer in einem Berliner Ladengeschäft ein schöner Beitrag zur deutsch-französischen Freundschaft sein kann.
Fläche: 547.026
Quadratkilometer (ohne Überseegebiete)
Einwohner: rund 61,5 Millionen (ohne
Überseegebiete)
Währung: Euro
Hauptstadt: Paris
Amtssprache: Französisch
Staatsform: Republik
Nationalhymne: Marseillaise
Kfz-Kennzeichen: F
Telefonvorwahl: +33
EU-Mitglied seit: Gründungsmitglied
(Römische Verträge 1957)
Nationalfeiertag: 14. Juli (Jahrestag der
Erstürmung der Bastille 1789)
Interessant: In Frankreich ist Rugby nach
Fußball die zweitbeliebteste Sportart. Es gibt über 1.600
Vereine mit über 200.000 lizenzierten Spielern.
Fraktion: FDP
Geboren: 28. Mai 1949 in Trossingen
(Baden-Württemberg)
Wohnort: Trossingen
Ausbildung: Studium der Mathematik und
Politikwissenschaft
Beruf: Oberstudienrat a. D.
Familie: verheiratet, zwei Kinder
Stv. Vorsitzender der Deutsch-Französischen
Parlamentariergruppe
ernst.burgbacher@bundestag.de
www.ernst-burgbacher.de
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Text: Kathrin Gerlof
Erschienen am 11. Mai 2007