Länderkammer tritt für flexibleres Arbeitsrecht ein
Berlin: (hib/VOM) Der Bundesrat hat einen Gesetzentwurf ( 15/406) vorgelegt, durch den "Überreglementierungen" im Arbeitsrecht abgebaut werden sollen. So tritt die Länderkammer dafür ein, die für mittelständische Betriebe "kostentreibenden Teile" der Reform des Betriebsverfassungsgesetzes von 2001 zurückzunehmen. Darüber hinaus sollen beschäftigungsorientierte Abweichungen von Tarifverträgen zugelassen werden, wenn dabei die Tarifautonomie beachtet wird. Betriebliche Bündnisse für Arbeit und beschäftigungssichernde Betriebsvereinbarungen will der Bundesrat gesetzlich absichern. Das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz soll liberalisiert und dereguliert werden, heißt es weiter. Dazu seien Fristenregelungen an die für normale Arbeitsverhältnisse geltenden Regelungen anzupassen. Die Höchstverleihdauer für Arbeitnehmer sei von 24 auf 36 Monate zu erweitern und das Verbot der "Synchronisation" von Leihvertrag und Arbeitsvertrag aufzuheben. Ebenso befürwortet der Bundesrat eine Beschränkung von aus seiner Sicht zu weit gehenden Regelungen im Gesetz über Teilzeit und befristete Arbeitsverträge. Vor allem der generelle Teilzeitanspruch sei auf einen Teilzeitanspruch bei notwendiger Betreuung von Familienangehörigen, etwa Kindern und Pflegebedürftigen, zu reduzieren. Weitere Änderungswünsche betreffen das Kündigungsschutzgesetz. Älteren Arbeitnehmern soll durch eine Öffnungsklausel die Wahlmöglichkeit eingeräumt werden, gegen die vorherige Vereinbarung einer Abfindung auf Kündigungsschutzgründe zu verzichten. Damit wollen die Länder die Bereitschaft der Arbeitgeber fördern, Arbeitnehmer, die das 50. Lebensjahr vollendet haben, unbefristet einzustellen. Die Regelungen zur Scheinselbständigkeit sollen schließlich aufgehoben werden.
Die Bundesregierung lehnt den Gesetzentwurf ab. In ihrer Stellungnahme heißt es, ein Teil der Vorschläge, vor allem zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes und zur Erleichterung befristeter Arbeitsverträge mit Älteren, sei durch das am 1. Januar in Kraft getretene erste Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt überholt. Unter anderem weist sie auf die "große beschäftigungspolitische Wirkung" des Teilzeitanspruchs hin. Die Zahl der Teilzeitbeschäftigten sei 2001 um 320 000 auf 6,8 Millionen gestiegen und habe sich gegenüber dem Jahr 2000 um einen Prozentpunkt auf 20,8 Prozent erhöht. Die vom Bundesrat vorgeschlagene Regelung über einen Verzicht älterer Arbeitnehmer auf Kündigungsschutz gegen Abfindung hätte für den Arbeitnehmer den Arbeitsplatzverlust auch dann zur Folge, wenn kein rechtfertigender Kündigungsgrund vorliege, argumentiert die Regierung. Wegen der ungleichen Verhandlungsmacht der Arbeitsvertragsparteien bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses könnte von Freiwilligkeit seitens des Arbeitnehmers nicht gesprochen werden, so die Regierung. Er hätte nur die Wahl, auf das Angebot des Arbeitgebers einzugehen oder auf den Arbeitsplatz zu verzichten. Damit würde die Balance zwischen dem Schutzbedürfnis der Arbeitnehmer und dem Flexibilitätserfordernis der Unternehmen zu Lasten der Arbeitnehmer verschoben. Bei Arbeitslosigkeit könnte ein Anspruch auf Abfindung die Folgen des Arbeitsplatzverlustes nur sehr selten ersetzen, glaubt die Regierung.