Oppositionsfraktionen halten am Meisterbrief fest
Berlin: (hib/VOM) Die CDU/CSU ( 15/1107) und die FDP ( 15/1108) haben sich in Anträgen dafür ausgesprochen, dass der Meisterbrief als "Qualitätssiegel des deutschen Handwerks" erhalten bleibt. Der von der Bundesregierung vorgelegte "Kahlschlag der Meisterberufe" schießt nach Meinung der Union deutlich über das Ziel hinaus. Der obligatorische Meisterbrief müsse in den Gewerben aufrecht erhalten bleiben, die durch eine überdurchschnittliche Ausbildungszahl im Vergleich zu nichthandwerklichen Wirtschaftszweigen zur Leistungsfähigkeit der deutschen Wirtschaft beitragen. Gleiches gelte für Gewerbe, von denen eine Gefahr für Leib und Leben ausgeht. Für die Gewerbe, die nicht zum Vollhandwerk zählen (Anlage A der Handwerksordnung), solle die Regierung eine zweijährige Optionschance für mehr Ausbildung einräumen. Sollten diese Gewerbe bis Ende des übernächsten Ausbildungsjahres ihre Ausbildungsleistung deutlich gesteigert haben, sollten sie weiterhin in der Anlage A mit Meisterbrief geführt werden. Für alle handwerksähnlichen Berufe (Anlage B) müsse sowohl die Gesellenprüfung als auch der Nachweis ausreichender Ausbilderqualitäten zur Existenzgründung obligatorisch festgeschrieben werden. Gleichzeitig sollte diesen Berufen die Option zum Erwerb des Meisterbriefs offen stehen.
Die geplante Sonderregelung, dass sich Altgesellen nach zehnjähriger Berufserfahrung und fünfjähriger Tätigkeit in leitender Stellung auch ohne Meisterbrief in Vollhandwerksberufen selbstständig machen können, lehnt die Union strikt ab. Eine "Existenzgründung light" dürfe es nicht geben. Um dennoch die Berufserfahrung erfahrener Altgesellen zu berücksichtigen, sollten die in der Praxis erworbenen Qualifikationen bei der Meisterprüfung angerechnet werden. Die Fraktion befürwortet, die Meisterprüfung attraktiver zu gestalten. Der erfolgreiche Abschluss sollte auch zum Hochschulstudium berechtigen. Die bisher vorgeschriebene dreijährige Gesellentätigkeit als Voraussetzung zur Meisterprüfung kann nach Meinung der Abgeordneten entfallen. Techniker, Ingenieure und Industriemeister sollten auch ohne individuelle Sonderprüfung die Genehmigung für eine Existenzgründung im Handwerk erhalten. Die Fraktion spricht sich im Übrigen dagegen aus, mit der Neuordnung der Handwerksordnung auch das Kammerwesen zu reformieren. Mit dem Vorschlag, für junge Unternehmen die Kammerbeiträge gestaffelt zu streichen, schütte die Regierung "das Kind mit dem Bade aus". Das Betätigungsfeld der Ich-AGs sollte sich auf bestimmte Gewerbe der Anlage B beschränken.
Die Liberalen rufen die Regierung auf, die Pläne, 65 Berufe aus der Anlage A der Handwerksordnung zu entfernen, aufzugeben. Das Handwerksrecht müsse so modernisiert werden, dass die Dynamik dieses Wirtschaftszweigs gesteigert und die Qualifizierung gestärkt wird, um neue Existenzen zu schaffen. Gleichwertige Qualifikationen (Techniker- oder Industriemeisterprüfungen) sollten leichter anerkannt werden. Schließlich sei der Erwerb des Meisterbriefs kostengünstiger und unbürokratischer zu ermöglichen. Die Fraktion weist darauf hin, dass durch das Urteil des Europäischen Gerichtshofes aus dem Jahr 2000 Handwerker aus dem EU-Ausland in Deutschland tätig werden können, ohne die Handwerksordnung streng beachten zu müssen. Dies sei ein klarer Wettbewerbsnachteil für die deutschen Betriebe. Die Bundesregierung wird aufgefordert, den Dialog mit dem deutschen Handwerk wieder aufzunehmen und dessen Reformbereitschaft anzuerkennen.