Seit März 2005 sucht René Beigang an der Technischen Universität (TU) Kaiserslautern nach marktfähigen Lösungen für den Einsatz von Terahertz-Strahlen in der Industrie. Dem Professor helfen dabei derzeit zwei Doktoranden und zwei Post-Doktoranden. Bald soll seine "TeraTec"-Projektgruppe auf neun Mitarbeiter aufgestockt werden. Obwohl das Forscherteam in den Räumen der TU arbeitet, stehen die Mitarbeiter auf der Gehaltsliste der Fraunhofer-Gesellschaft (FhG). Denn "TeraTec" ist eine Abteilung des 200 Kilometer entfernten Fraunhofer Instituts für Physikalische Messtechnik in Freiburg. Beigang, der außerplanmäßiger Professor an der TU ist, leitet in Nebentätigkeit das Projekt. Das Ziel ist, die Terahertz-Strahlen, die auf dem elektromagnetischen Spektrum zwischen Radar und Infrarot liegen, in der Qualitätsprüfung, Medizin- und Sicherheitstechnik einzusetzen.
Das Projekt hat Vorbildcharakter für die Zusammenarbeit zwischen außeruniversitären Forschungseinrichtungen und Hochschulen. Beide Seiten profitieren von der Kooperation: Die TU kann sich über eine anwendungsnahe Forschungstätigkeit im eigenen Haus sowie von der FhG neu eingerichtete Räume und neue technische Geräte freuen. Die FhG wiederum hat sich die Nutzungsrechte über die Erfindungen gesichert und profitiert vom Know-how der Universitätsmitarbeiter. Beide Institutionen erhalten jeweils die Hälfte von den Verwertungserlösen der Erfindungen. Schließlich sollen solche Partnerschaften die Forschung an den Universitäten stärken.
Das hat mittlerweile auch die Politik erkannt. Die Erkenntnis und entsprechende Forderungen sind uralt. Schon vor knapp 25 Jahren hat der Wissenschaftsrat (WR), der die Bundesregierung und die Regierungen der Länder berät, den Großforschungseinrichtungen empfohlen, mit den Hochschulen zu kooperieren. Aktuell gibt es eine beträchtliche Anzahl von Kooperationsformen. Das reicht von gemeinsamen Berufungen über gemeinsame Lehr- und Forschungsaktivitäten wie Sonderforschungsbereiche, Graduiertenkollegs und Verbundprojekte bis hin zu den "International Max Planck Research Schools". Diese Schulen sind Zentren, in denen sich begabte deutsche und ausländische Studenten auf ihre Promotionsprüfung vorbereiten. Die Max-Planck-Gesellschaft hat darüber hinaus ein Programm entwickelt, das Hochschulprofessoren ermöglicht, an einem benachbarten Max-Planck-Institut zu forschen. Diese "Max Planck Fellows" erhalten über maximal fünf Jahre insgesamt bis zu 750.000 Euro Sach- und Personalmittel. Auf der anderen Seite gibt es Max Planck Forschungsgruppen an Universitäten.
Nachdem der Wissenschaftsrat bei der größten Wissenschaftsorganisation Deutschlands, der Helmholtz-Gemeinschaft, noch Anfang 2001 eine mangelnde Vernetzung mit den anderen Teilen des deutschen Wissenschaftssystems angemahnt hatte, wurde einiges auf die Beine gestellt. So entstanden seit 2003 zwischen den Helmholtz-Zentren und den Hochschulen 65 virtuelle Institute. 46 Millionen Euro hat die Helmholtz-Gemeinschaft dafür eingeplant. Außerdem sind bereits 52 von rund 100 geplanten Helmholtz-Hochschulnachwuchsgruppen auf den Weg gebracht. Das sind nur einige Beispiele. Fakt ist: Das Wissenschaftssystem wird durchlässiger. Doch genug ist das immer noch nicht.
Warum die Kooperationen für die Universitäten so wichtig sind, erläutert der Vorsitzende des Wissenschaftsrates Karl Max Einhäupl: "Die Universitäten benötigen eine starke Forschung, um ihren Rang als international wirkende und konkurrenzfähige Einrichtungen zu sichern. Darüber hinaus geriete die Qualität der wissenschaftlichen Ausbildung, für die die Universitäten verantwortlich sind, in Gefahr, wenn sie nicht auf einer starken Forschung beruhte. Das setzt keineswegs voraus, den relativen Anteil der universitären Forschung zu steigern. Viel wichtiger ist es, die Intensität und Konzentration zu erhöhen, mit der Forschung an den Universitäten betrieben wird. Dabei kommt der Kooperation von Universitäten und außeruniversitären Einrichtungen eine besondere Bedeutung zu."
Die Forschung an deutschen Hochschulen hat seit Mitte der 60er-Jahre gelitten. Aufgrund der steigenden Studentenzahl wurde die Lehre gestärkt, was zu Lasten der Forschung ging. Einhäupl fasst die Folgen zusammen: Da wichtige Teile der erkenntnisorientierten Grundlagenforschung in Deutschland an den außeruniversitären Forschungseinrichtungen und nicht an den Universitäten zu finden seien, ragen die deutschen Universitäten international nicht ausreichend heraus.
Günter Stock, Mitglied des Vorstandes der Schering AG, sieht die Politik in der Pflicht: "Wir brauchen Spitzenforschung sowohl an außeruniversitären Instituten als auch weiterhin und verstärkt an Universitäten. Bei dieser Frage ist es falsch, ein Entweder-oder zuzulassen. Wir benötigen stattdessen beides: Exzellente Forschung an außeruniversitären Instituten und an Universitäten. Dies zu fördern, ist eine zentrale Aufgabe der heutigen Forschungspolitik."
Nachdem der Ruf nach "Leuchttürmen in der Wissenschaft" in Deutschland lauter wurde, rief Anfang 2004 die damalige Bundesregierung die Exzellenzinitiative ins Leben. 1,9 Milliarden Euro stellen Bund und Länder bis zum Jahr 2011 im Rahmen dieses Wettbewerbs für Hochschulen bereit. Es gibt drei projektorientierte Förderungen: Graduiertenschulen, Exzellenzclustern und Spitzenforschung. Mit Hilfe der Förderlinie Exzellenzcluster sollen etwa 30 Netzwerke entstehen, die im Jahr mit durchschnittlich 6,5 Millionen Euro gefördert werden. Universitäten sollen hier mit außeruniversitären Einrichtungen zusammenarbeiten. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) soll gemeinsam mit dem Wissenschaftsrat den Wettbewerb durchführen. DFG- Präsident Ernst-Ludwig Winnacker bemerkte nach Eingang der fast 300 Antragsskizzen Ende September 2005, dass das Signal für die "unterfinanzierten und strukturell eingeengten Universitäten gerade noch zur rechten Zeit gekommen" sei.
Die Vize-Präsidentin für Forschung und wissenschaftlichen Nachwuchs der Hochschulrektorenkonferenz, Margret Wintermantel, begrüßt bei der Exzellenzinitiative den Einstieg in die so genannte Vollkostenfinanzierung. Bislang haben die Drittmittel nicht die vollen Kosten für die Forschung abgedeckt. Die Universitäten hatten für die Grundausstattung selbst zu sorgen. Wintermantel: "Da eine Grundausstattung nur begrenzt vorhanden war, konnten auch nur begrenzt Drittmittel eingeworben werden."
Ende 2004, mitten im Föderalismusstreit zwischen Bund und Ländern, hatten die Wissenschaftsminister Baden-Württembergs und Bayerns eben diese Finanzierung gefordert: Peter Frankenberg und Thomas Goppel betonten, dass eine Vollkostenfinanzierung bei US-Hochschulen längst üblich sei und jetzt auch in Großbritannien eingeführt wurde. In eine solche Finanzierung müsse man einsteigen, wenn man in der Forschung besonders erfolgreicher Hochschulen auch die Wettbewerbsfähigkeit garantieren will. Damit würden die in der Forschung herausragenden Hochschulen besser finanziert und "es käme zu zusätzlichen Spitzenhochschulen".
In allen drei Fördermaßnahmen der Exzellenzinitiative wurde dies nun umgesetzt. Eine "Programmkostenpauschale" in Höhe von 20 Prozent der Fördersumme kommt jeweils hinzu. Mit dem so genannten "Overhead-Bonus" sollen die Kosten finanziert werden, die bei Drittmittelprojekten als Infrastrukturkosten entstehen - also zum Beispiel Betriebs- und Verwaltungskosten, Personalausgaben und Ausgaben für den Gerätekauf.
Die "TeraTec"-Nachwuchsforscher in Kaiserslautern müssen sich um das Thema Vollkostenfinanzierung keine Sorgen machen. Sie bekommen Hilfe vom Land, das in den ersten fünf Jahren 4,1 Millionen Euro als Anschubfinanzierung bereitstellt. Aus dem Wissenschaftsministerium kam auch die Initialzündung für dieses Projekt. Minister Jürgen Zöllner hatte ein Landes-Exzellenzprogramm mit dem Titel "Wissen schafft Zukunft" ins Leben gerufen, das er mit 125 Millionen Euro ausstattete.
Die Autorin ist freie Journalistin in Dortmund.
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