Vor der Beisetzung hatten etwa 1.500 geladene Gäste aus dem In- und Ausland, darunter auch mehrere Staatspräsidenten aus osteuropäischen Ländern und nahezu das gesamte Kabinett unter Führung von Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundesratspräsident Peter Harry Carstensen sowie die Spitzen der politischen Parteien, mit einem Trauergottesdienst und einem Staatsakt im Berliner Dom Abschied von Johannes Rau genommen. Die Details der feierlichen Zeremonie waren noch von Rau selbst, seiner Frau Christina und den Kindern festgelegt worden. Der Sarg war vor dem Altar, mit der schwarz-rot-goldenen Fahne umhüllt, aufgebahrt.
Bischof Wolfgang Huber, Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland, würdigte Johannes Rau als bekennenden und standfesten Christen. Es habe Rau nicht irritiert, dass er wegen der Eindeutigkeit seines Bekenntnisses als "Bruder Johannes" bezeichnet und gelegentlich auch belächelt worden sei, erklärte Huber in seiner Predigt: "Im Gegenteil: Jeder sollte wissen, woher er Zuversicht und Kraft schöpfte. Aus dieser Kraft heraus respektierte er jeden, der in seinem Leben auf andere Weise Halt und Orientierung fand." Huber betonte, Rau sei als "Christ Politiker und als Politiker Christ" gewesen. "Der Wahlspruch der Bekennenden Kirche wurde zu seinem eigenen: ?Ich halte stand, weil ich gehalten werde'", hob Huber hervor.
Bundespräsident Horst Köhler würdigte seinen Vorgänger als großen Menschenfreund. "Er warb um Vertrauen, er weckte Vertrauen, und er hat das Vertrauen nicht enttäuscht", unterstrich Köhler. Bewegt fuhr der Bundespräsident fort: "Johannes Rau hat Deutschland vorbildlich vertreten und im Inneren zusammengehalten. Sein Einsatz für Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit wirkt fort." Rau habe die Hochachtung seiner Mitmenschen gewonnen. "Doch gelang ihm weit mehr: Er gewann auch ihre Zuneigung, ja ihre Herzen", betonte das deutsche Staatsoberhaupt.
Ebenso wie Köhler würdigte der österreichische Bundespräsident Heinz Fischer den Beitrag Raus zur weiteren Versöhnung Deutschlands mit Israel: "Er hat zum Ansehen Deutschlands in der Welt ganz entscheidende Beiträge geleistet."
Der jetzt 80-jährige ehemalige SPD-Partei- und Fraktionsvorsitzende Hans-Jochen Vogel, ein enger Freund und Wegbegleiter des Altbundespräsidenten seit weit mehr als 30 Jahren, bezeichnete Rau als "aufrechten Sozialdemokraten", der sich während seines ganzen politischen Lebens für Frieden, Gerechtigkeit, Solidarität und Mitmenschlichkeit eingesetzt habe. Es bleibe die Erinnerung an einen Menschen, der den heute weit verbreiteten Klischees über das Tun und Lassen von Politikern widersprochen habe. Bei ihm stimmten "Reden und Tun" überein. Deshalb könnte Rau den lebenden und kommenden Generationen ein Vorbild sein.
Rau fand über die Gesamtdeutsche Volkspartei (GVP) Gustav Heinemanns Anfang der 50er-Jahre den Weg in die Politik. Als sich Heinemann, erster Bundesinnenminister im Kabinett Adenauer, damals noch CDU, sich der SPD anschloss, folgte ihm Rau. Er kam 1958 als jüngster Abgeordneter in den Landtag von Nordrhein-Westfalen. Er wurde Oberbürgermeister - damals noch ehrenamtlich - seiner Geburts- und Heimatstadt Wuppertal. Rau übernahm das Amt des SPD-Fraktionsvorsitzenden und wurde im Kabinett von Heinz Kühn Wissenschaftsminister. 1978 wurde Rau als Nachfolger Kühns Ministerpräsident Nordrhein-Westfalens. Dieses Amt behielt er bis 1998. Bis 1980 koalierte er mit den Freien Demokraten. Als die FDP 1980 an der Fünf-Prozent-Hürde scheiterte, konnte er mit der SPD die Alleinregierung bilden - bis 1995. Erst bei der Landtagswahl 1995 verlor die von Rau geführte SPD-NRW-Regierung die absolute Mehrheit. Er musste eine Koalition mit den Grünen bilden. Bei der Bundestagswahl 1987 scheiterte er als Kanzlerkandidat der Sozialdemokraten. Sein Wahlkampfmotto: "Versöhnen statt spalten". 1998 trat er als Ministerpräsident nach 20-jähriger Amtszeit zurück und wurde 1999 zum achten Bundespräsidenten der Bundesrepublik Deutschland gewählt.