Es ist ein großes Glück, in einem Land zu leben, in dem es noch Helden gibt." So ließ die Literaturnobelpreisträgerin des Jahres 1991, Nadine Gordimer, einst eine ihrer Romanfiguren sagen. Kein Satz könnte passender sein für das Vorwort, das sie zu Jack Langs Biografie über Nelson Mandela beigesteuert hat. Der erste schwarze Präsident Südafrikas ist längst zu einer Heldenfigur geworden - wenn nicht gar zu einer Ikone, gleichberechtigt stehend neben anderen großen geistig-politischen Gestalten wie Mahatma Gandhi oder dem Dalai Lama.
Es ist nicht einfach, ein Buch über Nelson Mandela zu schreiben, das nicht in die Heiligenverehrung abgleitet. Ob dies Lang, Kulturminister unter Präsident Francois Mitterand und Aktivist der französichen Anti-Apartheidsbewegung, gelungen ist, sei einmal dahingestellt. Eine Hommage ist sein Buch aber in jedem Fall, und der Autor selbst richtet es an die Jugend mit der unausgesprochenen Aufforderung: Nehmt euch ein Beispiel an diesem Mann. Denn: "Niemand verkörpert heute die Werte, deren wir bedürfen, in einem solchen Ausmaß wie er - den Mut, die Leidenschaft für die Freiheit, die Toleranz und den Abenteurergeist. Niemand erfüllt sie mit einem solchen Glanz, nachdem er sie um den Preis von so viel Leid verteidigt hat. Nelson Mandela hat der Politik ihre wahre Noblesse zurückgegeben." Mit Blick auf all die angepass- ten und Karriere fixierten Gestalten, die weltweit in den politischen Führungs-"Eliten" anzutreffen sind, mag man dem Autor nicht widersprechen.
Jack Lang leitete von 1963 bis 1977 das Internationale Theaterfestival von Nancy. Was läge also näher, seinen Helden zu inszenieren - das Leben Mandelas in fünf Akten. Akt 1, Antigone: Die Heldin der gleichnamigen Tragödie des Sophokles, die es als Einzelne wagt, das Recht der Humanität gegen den Tyrannen ohne Rücksicht auf das eigene Leben durchzusetzen. Akt 2, Spartakus: Der Gladiator, der den Befreiungskampf der Sklaven Roms anführte. Akt 3, Prometheus: Nelson Mandela angekettet - wie die mythische Figur der griechischen Sagenwelt, weil sie den Göttern trotzte - an den Felsen der Gefängnisinsel Robben Island. Akt 4, Prospero: Die Figur aus Shakespeares "Sturm", die der Bosheit seines Gegenspielers Einhalt gebietet. Und schließlich der fünfte und letzte Akt, König Nelson: Der weise Herrscher, der schwarze Präsident.
Nach dem Happy End kommt der Held selbst zu Wort. Drei der großen Reden Mandelas, die seinen Lebensweg markieren, sind als Anhang beigefügt. Seine Verteidigungsrede vor dem Höchsten Gericht in Pretoria im Jahr 1964, seine Ansprache nach seiner Gefängnisentlassung 1990 und seine Dankesrede anlässlich der Verleihung des Friedensnobelpreises 1993.
Jack Lang: Nelson Mandela. Ein Leben für Freiheit und Versöhnung. Artemis & Winkler Verlag, Düsseldorf/Zürich 2006; 230 S., 19,90 Euro.