Gleich zum Auftakt der Debatte am 6. September blies der erste Redner der Opposition, der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Rainer Brüderle, zur verbalen Attacke. Steuererhöhungen nenne die Regierung "Reformen", Stillstand verkaufe sie als "Bewegung in die richtige Richtung". Und in der Gesundheitspolitik - so sein Vorwurf - werde "mit der Rückendeckung" von Kanzlerin Angela Merkel im zuständigen Ministerium "an einer Art VEB Gesundheit" gearbeitet.
Oskar Lafontaine, Vorsitzender der Linksfraktion, warf der Großen Koalition vor, sie habe "das Einmaleins der Wirtschaftspolitik nicht verstanden". Die Schwachpunkte des wirtschaftlichen Aufschwungs seien die Staatsausgaben und der private Konsum. Es sei völlig unverständlich, dass sich die Regeriung große Mühe gebe, "diese Schwächen weiter zu verstärken".
Für die Grünen-Fraktion wies deren Vorsitzender Fritz Kuhn darauf hin, dass sich die Konjunktur zwar gebessert habe, aber "noch nicht wirklich in Bezug auf den Binnenmarkt". Wie bereits Lafontaine äußerte er die "große Sorge", dass mit der Mehrwertsteuererhöhung im kommenden Jahr diese Verbesserungen wieder "geschliffen und gefährdet werden".
"Der Knoten ist geplatzt, eindeutig." Dies erklärte der SPD-Fraktionsvorsitzende Peter Struck. Deutschland sei im Aufschwung, die wirtschaftliche Dynamik gewinne weiter an Fahrt. Die Erholung der Wirtschaft habe sich im zweiten Quartal diesen Jahres eindeutig fortgesetzt. Im Gegensatz zu Lafontaine und Kuhn unterstrich Struck, dass der "Konjunkturfunke" endlich vom "Export auf die Binnenkonjunktur übergesprungen" sei.
Dies sah auch die Bundeskanzlerin und CDU-Vorsitzende Angela Merkel so. "Im Augenblick" gehe es "in die richtige Richtung", es gebe keinen Abbau von sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen mehr, die Zahl der Insolvenzen sei gesunken und zum ersten Mal seit 1988 verzeichne die Bundesagentur für Arbeit einen Überschuss. Nach neun Monaten der Großen Koalition sei Deutschland auf dem Weg "nach oben". Sie wies zudem darauf hin, dass in diesem Jahr erstmals seit 2001 wieder das Defizit-Kriterium des europäischen Stabilitätspaktes eingehalten werde. Die Bundeskanzlerin bekräftige angesichts der erwarteten Mehreinnahmen für den Staat den Kurs zur Sanierung der öffentlichen Haushalte. Zunächst müssten die Schulden weiter abgebaut werden. Erst dann könne überschaut werden, ob es Spielräume gebe: "Das sehe ich im Augenblick nicht", unterstrich die Kanzlerin allerdings.
Wesentliches Ziel der Großen Koalition für den Etat 2007 war, erstmals seit 2002 wieder die Schuldenregel des Grundgesetzes einzuhalten. Die neuen Schulden liegen mit 22 Milliarden um 1,5 Milliarden Euro unter den Investitionen.
Weitere Privatisierungen von Häfen, Flugplätzen, Bundesaktien und Immobilien sollen rund 9,2 Milliarden Euro in die Bundeskasse spülen. Insgesamt werden durch 3,5 Milliarden Euro Bundesbankgewinn, 3,1 Milliarden Euro aus der Lastwagenmaut sowie weiteren Erlösen Einnahmen in Höhe von 31,1 Milliarden Euro erwartet.
Der Bundeszuschuss an die gesetzliche Krankenversicherung soll 2007 um 2,7 Milliarden auf 1,5 Milliarden Euro sinken.
Eine Milliarde Euro will der Bund beim Personal sparen.
Auch die Bundesagentur für Arbeit soll den Etat 2007 in Höhe von 5,1 Milliarden Euro "Aussteuerungsbetrag" entlasten.
Angesichts der für dieses Jahr erwarteten Mehreinnahmen werden in einzelnen Ministerien zusätzliche Ausgabenwünsche laut. Begründet wird dies mit dem verstärkten Kampf gegen den Terrorismus oder dem möglichen Bundeswehreinsatz vor der Küste Libanons unter dem Dach der Vereinten Nationen. In der Debatte zum Kanzlerin-Etat nahm dieser Punkt breiten Raum ein.
Debattendokumentation auf den Seiten 18 - 23