Das Parlament: Was macht den Erfolg einer Marke aus?
Christoph Burmann: Die Verlässlichkeit. Wenn ich einen Markenartikel kaufe, weiß ich, was ich bekomme. Das muss noch nicht heißen, dass der Artikel besser ist, aber ich fühle mich als Kunde bei der Kaufentscheidung am wohlsten. Marken bieten auch die Chance sich mit ihnen zu identifizieren, das wissen Eltern am besten, wenn der Nachwuchs plötzlich nur noch bestimmte Jeans oder Turnschuhe haben möchte. Sie reduzieren Risiken für die Käufer, weil sie das Gefühl geben, auf diese Technik ist Verlass.
Das Parlament: Welche Marken sind mit dem Standort Deutschland verbunden?
Christoph Burmann: Natürlich die Automarken wie BMW, Mercedes oder Volkswagen - obwohl hier einige Fahrzeuge im Ausland gefertigt werden, leben sie von dem Nimbus "Made in Germany". Auch schnurlose Telefone von Siemens, Miele Waschmaschinen, Faber Castell Stifte oder Aspirin-Tabletten sind typisch deutsche Markenprodukte.
Das Parlament: Fallen Ihnen Beispiele ein, wo eine Marke durch neues Design regelrecht zerstört wurde?
Christoph Burmann: Es gibt Negativbeispiele, wie man Marken nicht führen sollte. Jaguar etwa war lange Symbol feiner britischer Lebensart, ein edles Auto mit 8- bis 12-Zylinder Motoren. Dann übernahm Ford aus USA die Marke und wollte schnell wachsen. Also nahm man den Mittelklasse-Kombi Ford Mondeo aus dem Konzernregal, klebte ein Jaguar-Markenzeichen auf die Motorhaube und bot das Fahrzeug als Jaguar-X-Type Estate an. Leider war das Auto mit einem schwachbrüstigen 4-Zylinder-Motor ausgestattet und für Jaguar-Verhältnisse viel zu billig. Zuerst wurde kaum einer dieser "Klone" verkauft, dann reagierte die Kundschaft irritiert. Die Zahl der Neuzulassungen halbierte sich in Deutschland in den vergangenen fünf Jahren auf 3.500.
Das Parlament: Wie hoch ist der Schaden für Produkte "Made in Germany" durch die Krise bei Siemens oder eine angeschlagene Telekom?
Christoph Burmann: Insgesamt würde ich die Wirkung solcher Krisen auf die jeweiligen Marken nicht überbewerten, es dauert eine ganze Weile, um einen guten Ruf zu ruinieren. Schlimmer sind die Fälle von bewusstem Missmanagement: Bei AEG etwa zeigte sich, dass es richtig schief gehen kann, wenn man Qualität und Ingenieurleistung von der Marke trennt und am Ende nur noch der Name übrig ist.
Das Parlament: Viele Leute sind nicht mehr bereit, Geld für Markenartikel auszugeben und kaufen "no-name"-Produkte. Schadet das dem Standort?
Christoph Burmann: Die "Geiz ist geil"-Welle hat einigen Marken zugesetzt. Markenartikler müssen noch gezielter ihre Stärken deutlich machen und dürfen sich nicht verzetteln. Solange das gelingt, ist nicht gleich der Standort gefährdet.
Das Parlament: Hat das Label "Made in Germany" heute noch den gleichen Wert wie früher?
Christoph Burmann: Es ist noch nicht so stark spürbar, aber das Gütesiegel ist durch die Globalisierung und den damit verschärften Wettbewerb in Gefahr. Hauptrisiko ist der immer schnellere Wissensfluss, der zu einer gewissen Angleichung der Länder und ihrer Produkte führt. Niemand kann sich mehr auf neuen Technologien, besonderen Fachkräften oder noch so komplizierten Patenten ausruhen. Was Deutschland hilft, ist ein Wirtschaftszyklus: Es kann gut sein, dass Länder wie Indien oder China zunächst von der Globalisierung profitieren, aber gleichzeitig werden auch ihre enormen sozialen und Umweltprobleme offenbar. Das heißt, in zehn oder 20 Jahren kann es für den Standort Deutschland wieder gut aussehen - genug Erfindergeist ist ja vorhanden.
Das Parlament: Tun Politiker, Unternehmer und Forscher genug, um das deutsche Label zu pflegen?
Christoph Burmann: Aus meiner Sicht müssten Wirtschaftspolitiker den Standort konsequenter verteidigen, leider gilt das hier eher als verpönt. Die Franzosen machen sehr aggressive nationale Industriepolitik, wie wir es bei Airbus erlebt haben. Natürlich ist das keine Dauerlösung, aber weniger falsche Bescheidenheit würde uns und unseren Markenprodukten ganz gut tun.
Das Interview führte Eva Haacke.