Im Prinzip begrüßten die Sachverständigen die Absicht, die Kommunen stärker in die Programme einzubinden. Doch warnten einige Experten davor, auf diesem Weg den Stellenwert des zivilgesellschaftlichen Engagements zu mindern. Der Anhörung lagen Anträge der Fraktionen Die Linke ( 16/1542 ), der FDP ( 16/2779 ) und Bündnis 90/Die Grünen ( 16/1498 ) zur Neuorientierung der Bundesprogramme gegen Rechtsextremismus zugrunde.
Wie Grit Hanneforth ausführte, hätten die durch das bisherige Civitas-Programm geförderten mobilen Beratungsteams des Kulturbüros Sachsen in den Gemeinden die Sensibilität für die Herausforderungen durch Rechtsextremismus steigern können. Leider verträten immer noch viele Kommunen die Meinung, solche Probleme existierten bei ihnen nicht, beklagte die Geschäftsführerin des Kulturbüros. Wenn Civitas Mitte 2007 auslaufe, entstehe die "fatale Situation", dass viele Projektträger im Regen stehen. Wenn die Regierung mit einem neuen Programm Beratungsnetzwerke fördern wolle, dann solle man sich vor allem auf die Ressourcen bisheriger Initiativen stützen. Zusätzlich zu den 19 Millionen Euro stellt die Regierung im kommenden Jahr 5 Millionen Euro zur Verfügung, um Beratungsmodelle gegen Rechtsextremismus dauerhaft zu fördern.
Die Civitas-Aktionen haben aus Sicht Wilhelm Heitmeyers beim Einsatz gegen Rechtsextremismus spürbare Fortschritte bewirkt. Der Professor an der Universität Bielefeld mahnte, das Engagement zivilgesellschaftlicher Gruppen vor Ort in den Kommunen dürfe nicht von staatlichen Stellen dominiert werden. Es gelte vielmehr, diese Initiativen zu fördern, die nach anderen Regeln als Verwaltungen funktionierten.
Gegen eine zu starke Rolle von Kommunen bei der Umsetzung der neuen Programme gegen Rechtsextremismus wandte sich auch Roland Roth. Es drohe eine "Fehlsteuerung", so der Professor an der Hochschule Magdeburg-Stendal: Erfahrungsgemäß seien Gemeinden, die stark von Rechtsextremismus betroffen sein, auf diesem Feld weniger aktiv als Orte, die in geringerem Maße tangiert seien. Die alten Programme waren für Roth ein "Großexperiment beim bürgerschaftlichen Engagement". Aus Sicht von Christian Lüders vom Deutschen Jugendinstitut trugen die bisherigen Projekte dazu bei, das "praktische Handwerkszeug" beim Vorgehen gegen Rechtsextremismus fortzuentwickeln. Dazu zähle etwa die Beratung von Eltern, deren Nachwuchs in solche Szenen abzudriften drohe. Lüders begrüßte es, künftig die lokale politische Ebene stärker einzubinden und Aktionspläne mit kommunalen Verantwortungsträgern zu entwerfen.
Andreas Lorenz von der Bundesarbeitsgemeinschaft Katholische Jugendsozialarbeit plädierte dafür, die Kooperation von Kommunalpolitikern und freien Initiativen bei der Bekämpfung des Rechtsextremismus auszubauen. Es komme nicht nur auf einzelne Modellvorhaben an, wichtig seien die "Regelangebote" einer kontinuierlichen Jugendarbeit. Für Doron Kiesel greifen die neuen Programme der Regierung die positiven Aspekte der bisherigen Projekte auf, bringen aber durch einen strukturierteren Ansatz deutliche Verbesserungen mit sich. Wie Lorenz machte sich der Professor an der Fachhochschule Erfurt dafür stark, die konkreten Aktionen einem Controlling zur Qualitätssicherung zu unterwerfen. Kiesel forderte, künftig auch den Rechtsextremismus und den Umgang mit dem Nationalsozialismus zu Zeiten der Ex-DDR sowie den religiösen Fundamentalismus zu thematisieren.
Der Oberbürgermeister von Sebnitz, Mike Ruckh, wies darauf hin, dass kleinere Gemeinden mit bis zu 20.000 Einwohnern Initiativen zur Bekämpfung des Rechtsextremismus nicht allein bewerkstelligen könnten, sondern auf die Hilfe durch Bundesprogramme angewiesen seien, die unbürokratisch umgesetzt werden müssten. Gerade mobile Beratungsteams seien sinnvoll, da Jugendhäuser nur von zehn Prozent der Jugendlichen besucht würden, so der Oberbürgermeis-ter von Sebnitz. Christian Petry von der Freudenbergstiftung rief dazu auf, in das Engagement gegen Rechtsextremismus vermehrt Stiftungen einzubeziehen und die demokratische Bildungsarbeit in Schulen aufzuwerten.