Das Parlament: Frau Dankwerth, haben Sie sich als Kind für Politik interessiert?
Gesa Dankwerth: So teils, teils. Mit meinen Eltern habe ich schon immer wieder die Nachrichten geschaut - aber ich habe nie richtig kapiert, um was es eigentlich ging. Eine Szene ist mir besonders in Erinnerung geblieben: Meine Eltern haben sich über einen Krieg unterhalten, ich weiß schon gar nicht mehr, um welchen es sich handelte. In diesem Gespräch sagte meine Mutter: Da wird es bestimmt krachen. Ich konnte das überhaupt nicht einordnen und dachte, hier bei uns wird was passieren. Damals konnte ich die ganze Nacht nicht schlafen. Seit dem weiß ich, wie Nachrichten auf Kinder wirken können, wenn sie nicht richtig eingeordnet werden.
Das Parlament: Wie kann man denn politische Nachrichten kindgerecht vermitteln?
Gesa Dankwerth: Zunächst einmal muss man alles runterbrechen und vereinfachen - politisches Wissen kann man bei Kindern schließlich nicht voraussetzen - und die Nachrichten so aufbereiten, dass sie mit der Welt der Kinder zu tun haben. Falls es sich bei einem Thema anbietet, sollte man es lustig erzählen und so den Jungen und Mädchen die Angst vor Nachrichten nehmen. Wir wollen zeigen, dass Nachrichten nicht immer langweilig und unverständlich sein müssen.
Das Parlament: Wie machen Sie das ganz konkret bei "neuneinhalb"?
Gesa Dankwerth: Wir beginnen jede Sendung mit den so genannten "Bildern der Woche", einem kurzen Zusammenschnitt verschiedener aktueller Nachrichten. Dann folgt das Schwerpunktthema, das wir für die Woche ausgewählt haben. Unsere Sendung besteht aus inszenierten Einspielern, Reportagen und Studiomoderationen. Da wir mit einem virtuellen Studio arbeiten, bieten sich uns viele Möglichkeiten, die Themen spielerisch umzusetzen. So kann ich zum Beispiel in die Tagesschau-Beiträge "springen", diese anhalten und erklären. Besonders trockene Themen lassen sich so viel interessanter erzählen.
Das Parlament: Eignet sich das Fernsehen Ihrer Ansicht nach besonders gut für die Politikberichterstattung für Kinder?
Gesa Dankwerth: Wir haben sicherlich den Vorteil, dass wir mit Bildern arbeiten und Nachrichten bunter verpacken können. Dann sehen die Kinder: Hier geht es nicht nur um alte Männer in Anzügen und um Dinge, die sie sowieso nicht verstehen. Allerdings hat das Fernsehen natürlich den Nachteil, dass man nicht zurückblättern und noch mal nachlesen kann wie in einer Zeitung oder einem Buch.
Das Parlament: Können viele bunte Bilder nicht auch von der eigentlichen Meldung ablenken und die Kinder verwirren?
Gesa Dankwerth: Man darf die Sendungen natürlich nicht mit Effekten überladen, so dass der Inhalt nicht mehr rüberkommt. Wir achten darauf, dass wir durch die Effekte und das Spielerische den Inhalt unterstützen. Bei der letzten Bundestagswahl habe ich in einer Moderation zum Beispiel erzählt, dass sich Frau Merkel und Herr Schröder gerade um den Job des Bundeskanzlers streiten. Dafür haben wir zwei Darsteller mit Merkel/Schröder-Masken aufgezeichnet und die beiden während der Moderation als Miniaturausgabe neben mir streiten lassen.
Das Parlament: Nach welchen Kriterien wählen Sie denn die Themen Ihrer wöchentlichen Sendung aus?
Gesa Dankwerth: Wir müssen immer wieder neu überlegen und abwägen, welches Thema für Kinder wichtig ist, welches sie und ihre Welt betrifft. Das Thema der Woche eignet sich oft nicht: Ein Streit in der CDU-Spitze zum Beispiel hat mit der Welt der Kindern wenig zu tun. Dafür ging es in unserer Sendung auch schon mal ums Schule schwänzen.
Das Parlament: Gibt es bei "neuneinhalb" Tabuthemen?
Gesa Dankwerth: Nein. Über den Nahost-Konflikt haben wir beispielsweise eine 40-minütige Sondersendung produziert. Damals schrieben uns übrigens auch viele Erwachsene, dass sie endlich einmal die Hintergründe des Konflikts verstanden hätten. Aber zurück zu den Tabus: Wir "zensieren" eher in unseren Beiträgen. Bei uns gibt es den Grundsatz, dass wir keine Toten oder Verletzten zeigen. Die Wirkung von Bildern darf man nämlich nicht unterschätzen. Das ist zwar oft schwierig, zum Beispiel bei einem Thema wie dem Irak-Krieg. Aber auch da verzichten wir auf Bilder mit verletzten Menschen und zeigen stattdessen Soldaten oder ein verbranntes Auto.
Das Parlament: Wenn Sie einen Blick auf den Medienmarkt generell werfen: Wo sehen Sie Defizite in der Politik-und Nachrichtenberichterstattung für Kinder und Jugendliche?
Gesa Dankwerth: Meiner Meinung nach könnten die Privatsender in der Richtung noch mehr machen. Bei Kindern wird schließlich der Grundstock gelegt. Ich erinnere mich, als das ZDF mit seiner Kindernachrichtensendung logo! anfing. Das fand ich damals toll! Vor allem, weil ich mich plötzlich so richtig ernst genommen gefühlt habe.
Das Interview führte Barbara Lich