Sie war Vorreiter, nun ist sie auch Vorbild: Lange bevor andere daran dachten, hat die Grundschule Kleine Kielstraße in Dortmund für ihre Arbeit ein besonderes Konzept und Leitbild entwickelt: Lernen in Kleingruppen, Ganztagsbetreuung, Elternarbeit, Integration von Kindern mit besonderem Förderbedarf - und all das bei einem Ausländeranteil von 83 Prozent und in einem Umfeld, das als Problembezirk bezeichnet werden kann, dem Dortmunder Norden. Ein äußerst ambitioniertes Konzept also, das sich aber pädagogisch bewährt und nun auch in finanzieller Hinsicht ausgezahlt hat: In der vergangenen Woche bekam die Grundschule von Bundespräsident Horst Köhler den mit 50.000 Euro dotierten Deutschen Schulpreis 2006 überreicht. Als erste Schule überhaupt wurde sie damit unter 481 allgemeinbildenden Schulen als "Deutschlands beste" ausgezeichnet.
Unter dem Motto "Es geht auch anders" wollen die Initiatoren des Deutschen Schulpreises, die Robert Bosch Stiftung und die Heidenhof Stiftung in Zusammenarbeit mit "Stern" und ZDF, nun jährlich Schulen für ihre pädagogischen Leistungen prämieren und so andere darin bestärken, einen ähnlichen Weg zu gehen. "Es gibt schließlich in Deutschland hervorragende Schulen, die bei aller Unterschiedlichkeit ihrer Rahmenbedingungen richtungsweisend sind", so Ingrid Hamm, Geschäftsführerin der Robert Bosch Stiftung.
Der Grundschule Kleine Kielstraße in Dortmund bescheinigte die elfköpfige Fach-Jury "pädagogische Leidenschaft mit professionellem Können, modernem Qualitätsmanagement, reformerischer Vitalität und Entwicklungsdynamik". Doch zuvor hatte sich die Schule den Fragen der Schulinspektoren stellen und sich auf Herz und Nieren prüfen lassen: Wie gut sind die Leistungen der Schüler? Wie geht die Schule etwa mit kultureller und ethnischer Vielfalt um? Welche Qualität hat der Unterricht? Wie verantwortungsvoll wird mit Konflikten umgegangen, wie gut ist das Schulklima? Und: Wie überprüft die Schule selbst als "lernende Institution" ihre Arbeit?
Überzeugt hatte die Jury schließlich auch, wie die Grundschule, mitten in einem sozialen Brennpunkt gelegen, ihre Aufgabe meistert, die Kinder auf das Leben vorzubereiten: "Wir können den Kindern heute keinen Wissens-Rucksack mehr fürs ganze Leben schnüren", sagt Schulleiterin Gisela Schultebraucks-Burgkart. "Deshalb sollen sie vor allem lernen zu lernen - mit allen Sinnen." Doch nicht nur im Unterricht gehen die Direktorin und ihr Kollegium ungewöhnliche Wege: So besuchen Lehrer schon neun Monate vor der Einschulung die Familien, machen sich mit der Lebenssituation der Kinder vertraut. Volles Engagement für die Kinder, darum geht es der Schule. "Die Schüler haben nur einen Chance: Bildung", sagt Schultebraucks-Burgkart.