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Pawlow ist überholt

Bild: Michael Leutert
Michael Leutert, Die Linke.

Debatte: Verbot von „Killerspielen“ – Zensur oder Schutzmaßnahme?

Michael Leutert, Die Linke.

Wer am Computer mit Gewalt verbundene Spiele spielt, wird auch im „richtigen“ Leben gewalttätig. Dies ist die einfache Logik der Befürworter eines Verbotes für entsprechende Programme. Aus dem Joystick in der Hand wird, hoppla, die Schusswaffe, das Messer, das Beil, und schon ist die Bluttat, das Massaker gar, angerichtet. Was liegt also näher, als diese Bedrohung der Humanität endlich zu verbieten?

Das Menschenbild der Verbotsanhänger scheint ein gar zu schlichtes zu sein. Der Mensch erscheint als Verlängerung der Maschine, als willensfreier und willfähriger Vollstrecker finsterer Fantasien durchgeknallter Freaks. Das entspricht ungefähr dem Stand der Wissenschaft des beginnenden zwanzigsten Jahrhunderts, als Iwan Petrowitsch Pawlow seine Hunde beim Glockenton sabbern sah. Dieses recht mechanische Bild, welches behavioristisch orientierte Forscher auch auf den Menschen zu übertragen suchten, geht jedoch in einem ungenügenden Maße auf die selbstständigen Prozesse innerhalb des Menschen ein, sodass sich viele Verhaltensweisen nicht mit diesen Regeln erklären ließen. Es kann daher als ausreichend widerlegt gelten.

Vor allem aber verlagern die Verbotsanhänger die Debatte über Gewalt in der Gesellschaft weg von deren sozialen Ursachen. Die Sau „Computerspielverbot“ ist eben schneller durchs Dorf gejagt. Davon abgesehen haben Verbote in diesem eher schwer zu kontrollierenden Bereich wohl kaum die Wirkung, die ihnen deren Befürworter zusprechen. Aber dies kann nur ein Nebenargument sein.

Die Linke. steht für eine komplexere Analyse des Problems der Gewalt in der Gesellschaft. Damit lässt sich zwar am Stammtisch weniger gut räsonieren, aber sei’s drum. Wenn die Gesellschaft dem Einzelnen Gewalt antut, in dem sie ihn ausgrenzt, seine Ressourcen beschneidet, seine Würde kränkt, dann gibt es allemal Wichtigeres zu tun, als nichtsnutzigen Verboten das Wort zu reden.

Foto: Deutscher Bundestag
Erschienen am 20. Dezember 2005


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