WIRTSCHAFT LEHNT ABSCHAFFUNG DER TEILWERTABSCHREIBUNG AB
Bonn (hib): Auf massive Kritik von seiten der Vertreter der Wirtschaftsverbände ist die im Entwurf von SPD und Bündnis 90/Die Grünen für ein Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2001 ( 14/23) geplante Abschaffung der Teilwertabschreibung im Einkommensteuergesetz gestoßen. Am gestrigen zweiten Tag der öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses zu dem Gesetzgebungsvorhaben meinte der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI), der Staat wolle sich an nicht realisierten Gewinnen bereichern, an realisierten Verlusten aber nicht beteiligen. Die Bundesarbeitsgemeinschaft der Mittel- und Großbetriebe des Einzelhandels sieht eine "künstliche Aufblähung der Gewinne", wenn die Teilwertabschreibung nicht mehr zulässig wäre. Der Bundesverband des Deutschen Groß- und Einzelhandels hält die ihre Abschaffung für "eine Katastrophe". Der Fiskus müsse Wertminderungen berücksichtigen. Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels sprach von einer "Literaturvernichtung" zum Schaden der Leser. Ohne die Teilwertabschreibung würden die Verlage keine Vorauszahlungen an Autoren mehr leisten können. Daher müsse es beim bisherigen Recht bleiben.
Nach Angaben der Zentralen Kreditausschusses des deutschen Bankgewerbes sind die Kreditinstitute von der geplanten Regelung besonders betroffen. Eine solche Gesetzesänderung hätte Auswirkungen auf die Kreditvergabepolitik der Zukunft. Die Neuregelung würde zu einer Besteuerung von Scheingewinnen führen. Auch die Versicherungswirtschaft wandte sich gegen die Gesetzesänderung. Bei den Teilwertabschreibungen von 1,7 Milliarden DM in der Branche im vergangenen Jahr habe es sich um echte Kursrückgänge gehandelt. Der Deutsche Steuerberaterverband wies auf die enge Liquiditätssituation im Mittelstand hin, der zusätzlich belastet werde. Das Institut der Wirtschaftsprüfer bezeichnete das Vorhaben gar als gravierendsten Punkt der Steuerreform. Im geltenden System der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich sei ein Verbot der Teilwertabschreibung verfassungswidrig, urteilte Adalbert Uelner vom Institut Finanzen und Steuern.
Der Finanzausschuß beschloß, zum Steuerentlastungsgesetz noch an einem dritten Tag Sachverständige zu befragen. Vorgesehen ist Dienstag, der 19. Januar 1999.