SCHRÖDER: UNTERDRÜCKTEN MINDERHEITEN HELFEN
Berlin: (hib/BOB-bn) Bundeskanzler Gerhard Schröder hat Russland aufgefordert, zu seinen sich aus dem Verhaltenskodex der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) von 1994 ergebenen Verpflichtungen zu stellen. Dies gelte unabhängig davon, dass Deutschland grundsätzlich den Kampf gegen den internationalen Terrorismus, wo auch immer in der Welt, billige und unterstütze, erklärte Schröder am Montag nachmittag vor den Teilnehmern der 102. Konferenz der Interparlamentarischen Union (IPU) in Berlin. Dennoch müsse der OSZE ermöglicht werden, ihr Mandat wahrzunehmen.
Der Bundeskanzler bekräftigte im Übrigen, mit der Aufnahme der Arbeit von Parlament und Regierung in Berlin habe es zwar eine historische Zäsur in Deutschland gegeben, dies bedeute aber keineswegs eine andere Republik. Die Bundesrepublik habe ihre Tradition einer Politik der Toleranz, der Offenheit und der guten Nachbarschaft mit "im Gepäck” von Bonn nach Berlin genommen. Schröder erinnerte an die letzte IPU-Konferenz in Deutschland, die 1980 im damaligen Ost-Berlin stattfand. Damals sei die Stadt geteilt, den Menschen in der DDR ihre Freiheitsrechte versagt worden. Zu würdigen sei deshalb der "historische Beschluss” der freigewählten DDR-Volkskammer im Jahre 1990, der Bundesrepublik Deutschland beizutreten. Doch auch außerhalb Europas, so der Kanzler seien Demokratie und Parlamentarismus auf dem Vormarsch. Er erinnerte in diesem Zusammenhang an die Entwicklung in Südafrika und in Lateinamerika während der vergangenen Jahre. Herrschaft ohne demokratische Teilhabe sei ein "Modell ohne Zukunft”, erklärte Schröder. Er ermunterte die anwesenden Parlamentarierer aus aller Welt zudem, ihre Stimme zu erheben, wenn Volksgruppen gegeneinander aufgehetzt und Minderheiten unterdrückt und verfolgt würden. Dies verlange eine Haltung der Mahnung und des Widerstandes. Der Kanzler würdigte in diesem Kontext auch den Einsatz der IPU für wegen ihrer politischen Haltung unterdrückten oder inhaftierten Kollegen in allen Teilen der Welt.
Nach Ansicht des Präsidenten des Internationalen Roten Kreuzes, Cornelio Sommaruga, sollten Parlamentarier überall auf der Welt ihr Bestes tun, um sicherzustellen, dass die Regeln des humanitären Völkerrechts respektiert werden, sowohl im eigenen Land als auch anderswo. Zusätzlich seien sie aufgerufen, Leben und Würde von Menschen dadurch zu schützen, indem sie die Arbeit des Roten Kreuzes erleichterten und seine Unabhängigkeit wahren hülfen, erklärte Sommaruga vor der Konferenz in Berlin. Er warnte in diesem Kontext davor, die Glaubwürdigkeit einer humanitären Aktion könnte immer dann in Gefahr geraten, wenn sie durch militärische Truppen organisiert werde, die zugleich auch in damit in Verbindung stehenden Feindseiligkeiten verwickelt seien. Gleiches gelte, wenn sich Politiker für "humanitäre Aktionen” einsetzten, die Teil ihrer politischen Agenda seien.
Politische Wechsel können sich in friedlicher und demokratischer Weise vollziehen. Dies sei die positive Botschaft des Falls der Mauer in Deutschland vor zehn Jahren, meinte die Hohe Kommissarin für Menschenrechte der Vereinten Nationen, Mary Robinson, vor den Teilnehmern der Konferenz. Robinson bezeichnete es im Übrigen als größte Herausforderung auf dem Gebiet der Menschenrechte, Konflikte rechtzeitig zu verhindern. Die Bemühungen um präventive Maßnahmen gelte es deshalb zu verstärken. Robinson würdigte zudem das kontinuierliche Engagement der IPU im Bereich der Menschenrechte. Sie verwies dabei auf ein zwischen der IPU und ihrer Organisation im Juli dieses Jahres vereinbartes Memorandum. Sie hoffe, dass damit die wechselseitige Zusammenarbeit noch weiter ausgebaut werden könne.
Diese Meldung wurde bereits am 11.10. an Nachrichtenagenturen gefaxt.