Finanzausschuss
KONTROVERSE UM NEUORGANISATION DES BUNDES-SCHULDENMANAGEMENTS
Berlin: (hib/VOM-fi) Kontroverse Positionen zur geplanten Änderung des Schuldenmanagements des Bundes haben die Wirtschaftsberatungsgesellschaft Andersen Consulting und die Deutsche Bundesbank am Mittwochabend im Finanzausschuss vertreten.
Wie die Bundesregierung berichtete, hat das Bundesfinanzministerium (BMF) im November 1999 die Firma Andersen Consulting beauftragt, ein Gutachten zur Frage einer möglichen Auslagerung der Schuldenverwaltung des Bundes vorzulegen.
Die für die Kreditaufnahme des Bundes zuständige Mitarbeiter des Ministeriums bewältigten eine jährliche Bruttokreditaufnahme von 300 Milliarden DM, verwalteten eine Bundessschuld von 1,5 Billionen DM und bewegten täglich Milliardenbeträge am Geldmarkt, um die Kassenschwankungen auszugleichen.
Kein anderer Kreditnehmer im Euro-Raum könne seine Schuldtitel so niedrig verzinsen wie der Bund, hieß es.
Er finanziere sich auch günstiger als alle anderen Staaten im Euro-Raum. Dennoch werde es zunehmend schwerer, diese Arbeit zu bewältigen, weil die internationalen Finanzmärkte rasante Entwicklungen durchmachten und dies für die Schuldenverwaltung bedeute, komplizierte Analysen anzufertigen, schnell zu reagieren und das Instrumentarium stets aufs Neue zu überprüfen.
Auch seien die staatlichen Kreditnehmer im Euro-Raum durch die Einführung der gemeinsamen Währung unmittelbare Konkurrenten geworden.
Der Vertreter von Andersen Consulting berichtete, die Aufgaben der Schuldenverwaltung seien derzeit auf das Ministerium, die Bundesbank und die Bundesschuldenverwaltung aufgeteilt.
Diese Zergliederung führe zu Doppelarbeiten. Zudem fehle im BMF qualifiziertes Personal. Andersen empfehle, eine GmbH zu gründen und mit dem Schuldenmanagement zu betrauen.
Als Folge könnten 62 Stellen eingespart werden. Auch sei eine Ersparnis bei den jährlichen Zinszahlen von mehr als 1 Milliarde DM möglich.
Das BMF teilt nach eigenen Angaben das Ergebnis der Analysen und die Empfehlungen des Gutachten grundsätzlich. Es beabsichtige deshalb, eine bundeseigene GmbH zu gründen, in der die Aufgaben des Schuldenmanagements zusammengeführt werden.
Während sich Andersen von der Neuorganisation eine Professionalisierung der Schuldenmanagements und ein "besseren Standing" des Bundes an den Märkten verspricht, äußerten die Vertreter der Deutschen Bundesbank deutliche Kritik an dem geplanten Vorgehen, weil es eher höhere Kosten mit sich brächte.
Bei der Auslagerung in eine GmbH müssten auch die 90 Prozent der Mitarbeiter besser bezahlt werden, die lediglich Routinearbeiten ausführten.
Die Bundesbank plädierte eindringlich dafür, die Benchmark-Position und das "Emittenten-Standing" des Bundes nicht zu gefährden.
Eine Gefährdung der Benchmark-Position, also des Erfolgs des Schuldenmanagements im Vergleich zum Schuldenmanagement anderer Euro-Staaten, könnte die Refinanzierung des Bundes verteuern.
Ein Herauslösen der Bundesbank aus dem Schuldenmanagement würde wegen des damit verbundenen Verlustes an Sachkompetenz und Marktnähe die Stellung der Bundesbank im Europäischen System der Zentralbanken schwächen und das Vertrauen der Bevölkerung in den Euro gefährden, argumentierten die Bundesbank-Vertreter.
Die Bundesbank verfüge über das personelle Know-how und die erforderlichen Analysten, um diese Aufgaben zu übernehmen.
Der Vertreter des Bundesrechnungshofes betonte, nur eine Änderung der Schuldenpolitik könne Einsparpotenziale bewirken, eine Umstrukturierung allein reiche nicht aus.
Die Behörde äußerte Zweifel, ob die Bildung einer GmbH der richtige Weg sei. Dem Andersen-Konzept zufolge würden die Personalausgaben um 18 Millionen DM ansteigen.
Die SPD-Fraktion erklärte, seit Deutschland Mitglied der Europäischen Währungsunion sei, habe sich die Situation verändert.
Der Vorteil, den Deutschland zuvor als Schuldner hatte, sei inzwischen nicht mehr vorhanden. Es sei zu begrüßen, dass der Finanzminister die Situation erkannt und daraus Schlussfolgerungen gezogen habe.
Die Union zeigte sich verwundert, dass der Minister sich die Andersen-Vorschläge gleich zu eigen gemacht habe.
Die Einbeziehung der Bundesbank sollte auf jeden Fall noch geprüft werden, weil dort entsprechend qualifiziertes Personal ohnehin vorgehalten werden müsse.
Die F.D.P. fragte nach der künftigen Stellung der Bundesbank und äußert die Sorge, dass diese geschwächt würde, wenn ihr Aufgaben weggenommen würden.
Auch die PDS hielt eine Schwächung der Bundesbank als "Zeichen nach innen" für sehr bedenklich. Nach Angaben der Bundesregierung soll im BMF eine Arbeitsgruppe gebildet werden, die zusammen mit den Beteiligten das Thema weiter berät.