WTO-Staaten fordern bei den GATS-Verhandlungen Zugeständnisse von der EU
Berlin: (hib/VOM) Die Mitgliedstaaten der Welthandelsorganisation (WTO) verlangen von der Europäischen Union Zugeständnisse in der aktuellen Verhandlungsrunde über das Allgemeine Abkommen über den Handel mit Dienstleistungen (GATS). Das teilt die Bundesregierung in ihrer Antwort ( 16/2163) auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion ( 16/1947) mit. Bei der WTO-Ministerkonferenz im vergangenen November in Hongkong war vereinbart worden, dass die Mitgliedstaaten bis Ende Juli 2006 Angebote für eine weitere Liberalisierung im Dienstleistungssektor vorlegen sollten. Die EU habe ihren Katalog der öffentlichen Dienstleistungen, die von einer weiteren Liberalisierung verschont bleiben sollten, mit dem Beitritt der zehn neuen Mitgliedstaaten vor zwei Jahren auch auf diese ausgedehnt. Daraufhin hätten 17 WTO-Staaten von der EU einen Ausgleich verlangt.
Die bisherigen Gesprächen hätten ergeben, so die Regierung, dass die EU ihre bisherigen Zugeständnisse gegenüber den betreffenden WTO-Mitgliedern in begrenztem Umfang zurückgenommen oder geändert habe. Diese wiederum hätten deshalb aus ihrer nationalen Sicht unterschiedliche Forderungen an die EU gestellt. Zum Beispiel verlange Kolumbien die frühzeitige Vorwegnahme bestimmter Verpflichtungen, die die EU in der laufenden Welthandelsrunde angeboten hatte. Die USA forderten unter anderem eine Marktöffnung bei Kabelnetzen und Satellitenübertragung. China wolle einen Marktzugang für bestimmte medizinische und Bildungsdienstleistungen. Ecuador, Hongkong, Indien, Taiwan, die Schweiz und die USA setzten sich dafür ein, dass die Ausnahmeregelung zu Gunsten der EU für öffentliche Dienstleistungen eingegrenzt wird. Ebenfalls betroffen von der Ausdehnung der EU-Ausnahmeregelungen auf die zehn Betrittsstaaten betrachteten sich Neuseeland und Korea.
Die Kommission in Brüssel habe den EU-Staaten mit Juni vorgeschlagen, "moderate Zugeständnisse" zu machen, um ein Schlichtungsverfahren mit ungewissem Ausgang zu vermeiden. Die Mitgliedstaaten hätten schließlich einem "maßvollen Verhandlungsangebot" der Kommission zugestimmt. Darüber sollten in der nächsten Zeit Gespräche mit den betreffenden WTO-Staaten geführt werden. Die EU erkläre sich unter anderem bereit, zu Gunsten ihrer neuen Mitglieder bestehenden Einschränkungen ihre Dienstleistungsverpflichtungen aufzuheben. Was die Ausnahme für öffentliche Dienstleistungen angehe, sollen nach Darstellung der Regierung die Bereiche Telekommunikation und Computerdienstleistungen aus ihrem Anwendungsbereich herausgenommen werden. Dies hätte auf Deutschland keine Auswirkungen, da es sich dabei nur um eine Klarstellung handele, so die Regierung. Das Recht, staatliche Regeln über Qualitätsanforderungen für diese Dienstleistungen festzulegen, bleibe davon unberührt. Die ursprünglich erwogene Herausnahme der Finanzdienstleistungen werde derzeit innerhalb der EU geprüft. Die EU ziehe eine Verhandlungslösung mit den WTO-Staaten einem "Schlichtungsverfahren mit ungewissem Ausgang" vor, heißt es in der Antwort.