74. Sitzung
Berlin, Freitag, den 15. Dezember 2006
Beginn: 9.00 Uhr
* * * * * * * * V O R A B - V E R Ö F F E N T L I C H U N G * * * * * * * *
* * * * * DER NACH § 117 GOBT AUTORISIERTEN FASSUNG * * * * *
* * * * * * * * VOR DER ENDGÜLTIGEN DRUCKLEGUNG * * * * * * * *
Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms:
Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Sitzung ist eröffnet.
Ich rufe die Tagesordnungspunkte 21 a bis 21 c auf:
a) Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, der SPD und der FDP
Einsetzung einer gemeinsamen Kommission zur Modernisierung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen
- Drucksache 16/3885 -
b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Bodo Ramelow, Dr. Barbara Höll, Dr. Dagmar Enkelmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der LINKEN
Beteiligung der Landtage bei der zweiten Stufe der Föderalismusreform und Information des Deutschen Bundestages
- Drucksache 16/3539 -
c) Wahl der vom Deutschen Bundestag zu entsendenden Mitglieder der gemeinsamen Kommission zur Modernisierung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen
- Drucksache 16/3886 -
Zum Antrag auf Einsetzung der Kommission liegt je ein Änderungsantrag der Fraktion Die Linke und der Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen vor.
Über den Antrag der Fraktion Die Linke auf Beteiligung der Landtage werden wir später namentlich abstimmen.
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für die Aussprache eineinhalb Stunden vorgesehen. - Ich höre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.
Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Redner dem Kollegen Dr. Peter Struck, dem Fraktionsvorsitzenden der SPD, das Wort.
Das Interesse an der Arbeit ist groß. Nicht zuletzt deswegen haben wir entgegen den ursprünglichen Absprachen nicht nur den Bundesrat, sondern auch die Länderparlamente einbezogen. Wer aus den Länderparlamenten Mitglied dieser Kommission wird, überlassen wir den Landtagen; wir werden uns nicht einmischen, nach welchen Kriterien die Besetzung der vier Plätze erfolgen soll. Ich will hier aber deutlich sagen: Natürlich muss die Präsenz der Kommunen in dieser Kommission gesichert sein; denn es geht auch um ihre Finanzsituation. Die Kommunen können sich darauf verlassen, dass wir ihre Interessen ordentlich berücksichtigen werden.
Es müssen in Jahrzehnten gewachsene Strukturen der Finanzbeziehungen aufgebrochen werden. Für die Strukturunterschiede zwischen den Ländern müssen wir einen effizienteren Ausgleich finden, ohne den Länderfinanzausgleich von vornherein infrage zu stellen. Wir brauchen griffige Instrumentarien zur Bewältigung von Haushaltskrisen. Wir brauchen Instrumente, um die Verfassungsmäßigkeit der Haushalte zu gewährleisten. Es kann doch nicht sein, dass sich der jetzige Zustand verfestigt, dass etwa 11 von 16 Länderhaushalten verfassungswidrig sind. Das muss beseitigt werden und wir müssen Regelungen finden, die eine solche Situation verhindern.
Wir brauchen auch klare Festlegungen, was ein Land selbst leisten muss, bevor es sich auf eine Haushaltsnotlage beruft und den Bund um Hilfe bittet.
Im Zusammenhang mit seinem Urteil über die Klage des Landes Berlin auf weitere finanzielle Hilfe des Bundes hat das Bundesverfassungsgericht hier ausdrücklich Regelungsbedarf angemahnt. Wir wollen versuchen, dieser Empfehlung des Bundesverfassungsgerichts zu folgen. Wir brauchen so etwas wie einen Stabilitätspakt der Körperschaften - mit festgelegten Verschuldungsgrenzen - zur Vermeidung von Haushaltsnotlagen. Wir brauchen zur finanziellen Entlastung eine ebenenübergreifende Bündelung von Verwaltungsaufgaben. Wir brauchen schließlich eine verstärkte Zusammenarbeit der Länder, bis hin zu der Möglichkeit, dass sich Länder freiwillig zusammenschließen. Sie wissen, dass ich darüber schon in den Debatten im Zusammenhang mit der Föderalismusreform I gesprochen habe. Föderalismusreform II heißt Neuordnung der Finanzbeziehungen; die gehen wir jetzt an. Föderalismusreform III heißt Neugliederung der Bundesländer. Daran müssen wir weiter arbeiten.
Das ist alles sehr schwierig und das ist Zukunftsmusik, das weiß ich. Doch wir müssen mit der Arbeit jetzt beginnen. Wir wollen alle Möglichkeiten, die es dazu gibt, nutzen.
Wir müssen uns frei machen - ich denke, wir hier im Bundestag können das und der Bundesrat auch - von den parteipolitischen Zwängen, denen wir alle in anderen Fragen unterliegen. Es geht hier nicht um CDU oder SPD, um FDP, Grüne oder PDS, sondern es geht darum, dass die Länder und der Bund Finanzbeziehungen organisieren, die unser Land zukunftsfähiger machen als bisher. Fest steht auch, dass die neuen Länder bis zum Auslaufen des Solidarpakts II auf die Zusagen vertrauen können müssen. Wir sollten den Solidarpakt II nicht infrage stellen.
Die Aufgabe, die wir uns vorgenommen haben, ist also schwierig. Wenn ich die offene Themensammlung anschaue, muss ich feststellen: Das reicht eigentlich für zwei Legislaturperioden. Wenn mich der Bundestag wie vereinbart zum Vorsitzenden dieser Kommission erhebt und entsendet, will ich meine Pflicht tun und dazu beitragen, dass wir zu einem guten Ergebnis kommen, auch im Blick darauf, dass wir alle die Pflicht haben, unser Land zukunftsfähiger zu machen.
Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms:
Das Wort hat jetzt der Kollege Ernst Burgbacher von der FDP-Fraktion.
Ernst Burgbacher (FDP):
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Heute ist für uns ein guter Tag. Herr Kollege Struck, ich bedanke mich im Namen der FDP ausdrücklich, dass hier Versprechen gehalten wurden. Es war immer unser Wunsch und unsere Forderung, die Reform der Finanzverfassung anzugehen. Deshalb ist es schön, dass wir heute den Startschuss abgeben.
Wir müssen - auch dem stimme ich zu, Herr Kollege Struck; das sage ich ausdrücklich - bis 2009 tatsächlich etwas vorlegen. Wir haben nicht zwölf Jahre Zeit, wie das auch schon angedeutet wurde, um eine solche Reform vorzunehmen. Das muss in dieser Legislaturperiode geschehen. Unsere Unterstützung werden Sie dafür haben.
Bei aller Freude über die Fortsetzung der Reform bin ich mir aber auch dessen bewusst, dass wir erst am Anfang eines langen und beschwerlichen Weges stehen. Aber nach Laotse beginnt ja auch der längste Weg mit einem ersten Schritt. Den tun wir heute.
Ich nenne für die Reform folgende Eckpunkte:
Die Föderalismusreform II muss dazu beitragen, dass unser Land in der Welt wettbewerbsfähiger wird. Durch sie müssen wir erreichen, dass vor allem den kommenden Generationen wieder Gestaltungschancen eröffnet werden. Deshalb ist es zuallererst unabdingbar, dass Schranken gegen Steuerlast und Staatsverschuldung in das Grundgesetz aufgenommen werden. Ein Nettoneuverschuldungsverbot ist unser eigentliches Ziel. Hierzu werden wir Vorschläge vorlegen.
Sich am Grundsatz der Subsidiarität und der bundesstaatlichen Solidarität orientierend - den Begriff der bundesstaatlichen Solidarität betone ich besonders -, müssen die Steuerautonomie der Länder gestärkt und ihre Gestaltungsmöglichkeiten erweitert werden. Leistung muss sich auch im föderalen System wieder lohnen. Deshalb muss der Finanzausgleich reformiert werden. Er kann nicht so bleiben, wie er heute ist. Auch das ist, wie ich glaube, unstrittig.
Wir brauchen insgesamt einen Neustart des Föderalismus in Deutschland. Am Anfang muss für Chancengerechtigkeit gesorgt werden. Aber dann müssen die Länder auch eigenständig lebensfähig sein. Das müssen wir anstreben. Mit dem derzeitigen System wird das Land die anstehenden Aufgaben nicht mehr lösen können. Voraussetzung ist Wettbewerb im deutschen Föderalismus; auch das sollten wir - ich schaue dabei zum Kollegen Scholz - deutlich sagen. Dazu sollten wir uns bekennen, Herr Kollege Scholz.
Wenn die Kommission bei der komplizierten Ausgangslage und den unterschiedlichen Interessen zu einem Erfolg kommen will, dann muss es ihr gelingen, eine - wie es neudeutsch heißt - Win-win-Situation zu schaffen. Ich bin fest davon überzeugt, dass das möglich sein wird. Wenn wir ein Modell vorlegen, nach dem die Mehrzahl der Länder verlieren würde, dann bekommen wir dafür keine Mehrheit. Das macht auch keinen Sinn. Wir müssen vielmehr ein Modell finden, bei dem alle die Chance sehen, zu Gewinnern werden zu können. Wenn wir die Reform richtig angehen, wenn wir vor allem den Mut haben, nicht im Kleinklein stecken zu bleiben, sondern auch größere Reformschritte zu machen, dann können tatsächlich - davon bin ich überzeugt - alle Länder etwas gewinnen. Das muss unser eigentliches Ziel sein.
Wir sollten zu Beginn der Föderalismusreform II aus den Fehlern der Föderalismusreform I lernen. Für mich gab es drei wesentliche Fehler:
Erstens. Die Ministerpräsidenten hatten sich bereits im Mai 2004 auf einen Minikompromiss festgelegt und sind von diesem nicht mehr abgerückt. Die Lehre für uns muss sein, dass wir die offene Themensammlung tatsächlich als offen betrachten. Ich fordere insbesondere die Länder auf, nicht wieder im Vorfeld Beschlüsse zu fassen und so den Erfolg zu gefährden. Wir müssen offen an diese Aufgabe gehen.
Denkverbote darf es dieses Mal nicht geben.
Zweitens. Herr Kollege Struck, ich hoffe, dass wir nicht wieder in die alten Mechanismen der Entscheidungsfindung verfallen. Es darf nach den Verhandlungen in den einzelnen Projektgruppen am Schluss nicht so sein, dass das Ergebnis im kleinen Kreise ausgemauschelt wird. Der Prozess muss tatsächlich offen sein.
Drittens. Es darf keine Tabus geben.
Wir müssen außerdem zu einem fairen Wettbewerbs- und Gestaltungsföderalismus kommen. Das wird unsere besondere Aufgabe sein.
Ich stimme Ihnen ausdrücklich zu: Wir müssen natürlich an die Regionen mit besonderen Strukturproblemen denken. Die neuen Bundesländer - nach 16 Jahren sind sie eigentlich gar nicht mehr so neu - müssen sich darauf verlassen können, dass der Solidarpakt Ost bleibt und von uns nicht angegriffen wird.
Meine Damen und Herren, ich habe noch ein Zitat, von dem ich glaube, dass es heute sehr schön passt. Ein schwäbischer Abt mit dem Namen Öttinger hat wohl das Zitat geprägt:
Herr, gib mir die Kraft, Dinge zu verändern, die ich ändern kann. Gib mir die Geduld, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann. Und gib mir die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.
Wir müssen den Mut dazu aufbringen, Dinge zu ändern.
Ich appelliere an den Ministerpräsidenten Oettinger, der den Vorsitz für die Länderseite übernehmen wird, auf die Worte seines Namensvetters zu hören und bei den Ländern einen Veränderungswillen zu wecken. Ich appelliere auch an uns alle in diesem Hause, mit der notwendigen Offenheit an das Werk zu gehen.
Für die FDP kann ich sagen, dass wir diesen Prozess sehr konstruktiv unterstützen werden. In diesem Sinne: Gehen wir es an! Ich persönlich freue mich auf eine gute Zusammenarbeit im ganzen Hause.
Herzlichen Dank.
Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms:
Das Wort hat jetzt die Kollegin Antje Tillmann von der CDU/CSU-Fraktion.
Antje Tillmann (CDU/CSU):
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Besucher! Wenn wir uns nicht in einem seriösen Parlament befinden würden, müsste ich jetzt rufen: Jetzt geht’s los!
Anders als bei der ersten Stufe der Föderalismusreform, die in der Öffentlichkeit bis kurz vor deren Ende kaum zur Kenntnis genommen wurde, diskutiert die Finanzfachwelt schon seit einiger Zeit die Einsetzung der Kommission zur Modernisierung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen.
Schon die Föderalismuskommission I hat im Finanzbereich kleine, aber sehr wichtige Weichen gestellt. Herr Burgbacher, ich sehe die Ergebnisse der ersten Kommission durchaus positiv.
So haben wir Finanzhilfen hinterfragt und befristet, einige Gemeinschaftsaufgaben einschließlich der finanziellen Mittel der alleinigen Zuständigkeit der Länder anvertraut sowie EU-Haftungsfragen nach dem Verursacherprinzip geordnet und in die gemeinsame Verantwortung von Bund und Ländern gelegt. Um ein Haar hätten wir diese neuen Haftungsregeln beim Vertragsverletzungsverfahren wegen der Sparkasse Berlin schon ausprobieren müssen. Darüber hinaus haben wir das Finanzverwaltungsgesetz verändert, um eine bessere Zusammenarbeit der Länderfinanzbehörden zu erreichen.
Am deutlichsten wird die Tragweite der Regelungen durch die erste Kommission aber beim Zusatz zu Art. 84 und Art. 85 Grundgesetz. Hiernach können Gemeinden durch Bundesgesetz keine Aufgaben mehr direkt übertragen werden. In der Vergangenheit hatte die direkte Aufgabenzuweisung des Bundes an die Kommunen in erheblichem Maße zu der Finanzmisere der Kommunen geführt. Den Kommunen wurden kostenträchtige Aufgaben übertragen, ohne dass der Gesetzgeber die Finanzierung sicherstellte.
Nun will ich die Tatsache, dass bei einem der ersten Gesetze nach dem In-Kraft-Treten dieser Grundgesetzänderungen, dem Verbraucherinformationsgesetz, diese neue Selbstbeschränkung im parlamentarischen Verfahren nicht als einschlägig empfunden wurde, nicht kommentieren. Dass dieses Gesetz zulasten der Kommunen aber nicht ohne einen finanziellen Ausgleich für die Kommunen in Kraft treten wird, ist genau das, was wir mit der Föderalismusreform I wollten. Das, was wir dort den Kommunen versprochen haben, wird jetzt in der Praxis umgesetzt.
Diese Beispiele verdeutlichen, dass schon beim ersten Schritt der Föderalismusreform Weichen gestellt wurden, deren Tragweite erst nach und nach deutlich wird. Nun gilt es, diese Schritte weiterzugehen und die Finanzbeziehungen zwischen dem Bund und den Ländern auf eine solide Grundlage zu stellen. Dieses Bemühen erhält heute einen formellen Rahmen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, wenn wir dieses Bemühen nicht von Anfang an zunichte machen wollen, dann dürfen wir Ihrem Antrag zur Aufgabenerweiterung der Kommission unmöglich zustimmen. Wie sollen wir denn bitte die schwierigen Probleme auf den Gebieten der Finanzbeziehungen, der Wachstums-, Beschäftigungs- und Klimaschutzpolitik sowie der gerechten Gestaltung der Wissensgesellschaft auf einmal lösen? Ich glaube, wir haben mit den Finanzbeziehungen schon hinreichend genug zu tun. Deshalb wollen wir den Aufgabenbereich nicht noch mehr erweitern.
Schon mit dem, was in dem gemeinsamen Antrag von CDU/CSU, SPD und FDP vorliegt, haben wir eine Riesenaufgabe übernommen. Wir werden dabei von der Skepsis begleitet, ob wir diese Aufgabe überhaupt erfüllen können.
Ich sage ganz offen: Nein, wir werden bis 2008 voraussichtlich keine konkreten Vorschläge zu Länderfusionen vorlegen. Wir werden uns aber damit befassen, welche Hürden für eine eventuelle Fusion zu überwinden sind und wie man diese Hürden senken kann. Gegebenenfalls muss überprüft werden, ob das, was das Grundgesetz für eine Fusion verlangt, zu schwer zu erreichen ist. Wir, der Bund, werden die Frage beantworten müssen, ob wir fusionswilligen Ländern unsere Hilfe anbieten, ob wir zum Beispiel Entschuldungshilfen leisten können oder wollen.
Nein, ziemlich sicher werden wir bis 2008 auch nicht einen neu ausgehandelten Länderfinanzausgleich einschließlich Solidarpakt II vorlegen. Wir werden aber, wenn wir die Solidarität zwischen den Ländern und dem Bund und innerhalb der Länder dauerhaft aufrechterhalten wollen, selbstverständlich klären müssen, welche Voraussetzungen ein Land erfüllen muss, um die Solidarität der anderen Länder in Anspruch nehmen zu können.
Viel sinnvoller, als ein weiteres Verfassungsgerichtsurteil abzuwarten, ist es, ein Frühwarnsystem einzurichten und sich auf Eckpunkte hinsichtlich der Frage, wann der Bündnisfall eintritt, festzulegen. Technische Voraussetzung hierfür ist, dass auf den verschiedenen Ebenen vergleichbare Haushaltsdaten vorliegen. Erst dann können wir prüfen, inwieweit sich ein Land, das Hilfe beansprucht, mehr Personal, mehr freiwillige Leistungen oder vielleicht höhere Standards als andere Länder leistet. Zurzeit ist der Vergleich nur sehr eingeschränkt möglich. Wir werden dabei die Frage beantworten müssen, ob das Verfahren der Kameralistik, nach dem wir heute den Haushalt aufstellen, die Gefahren wirklich deutlich sichtbar macht oder ob wir nicht den Anträgen Hamburgs und Hessens folgen sollten, den Bundeshaushalt und die Länderhaushalte in Form der doppelten Buchführung aufzustellen.
Wir werden - Herr Burgbacher hat schon darauf hingewiesen - das Thema Neuverschuldung angehen müssen. Notlagen von Ländern entstehen nicht von heute auf morgen; sie bahnen sich langsam an. In vielen Fällen könnten sie bei rechtzeitigem Gegensteuern verhindert werden. Art. 115 Grundgesetz und die entsprechenden Vorschriften der Landesverfassungen wollten verhindern, dass mehr Schulden aufgenommen werden, als positives Vermögen vorliegt. Aber schon die wortgetreue Auslegung des Artikels wird diesem Ziel nicht gerecht. Hier wird überhaupt nicht berücksichtigt, dass sich Investitionen in der Praxis schneller abnutzen, als die zugrunde liegenden Kredite getilgt werden. Die Auslegung der Ausnahmeregelung für den Fall der Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts geht weit über das wirtschaftlich Vernünftige hinaus.
Sie sehen: Es geht hierbei um verhältnismäßig spröde Themen, die sich nicht in Mark und Pfennig ausrechnen lassen. Am Ende der Beratungen zum Finanzausgleichsgesetz werden wir ein Ergebnis in Euro vorlegen müssen. Im Finanzausgleichsgesetz ist zum Beispiel vereinbart, die Bundesergänzungszuweisungen zum Ausgleich der Belastungen aufgrund der Zusammenführung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe für den Zeitraum ab 2008 neu zu verhandeln. Dasselbe gilt für die Zuweisungen aufgrund hoher Kosten politischer Führung. 2013 steht die Überprüfung der Ausgleichszahlungen wegen der Auflösung der Gemeinschaftsaufgaben auf Grundlage des Entflechtungsgesetzes an; spätestens 2019 laufen die Solidarpaktmittel aus. Also nur Mut! Die Föderalismusreformen III bis X können nahtlos folgen.
Weniger schmerzhaft, als begrenzt vorhandene Mittel neu zu verteilen, ist es, zu überprüfen, ob im vorhandenen System alle Mittel vernünftig und effektiv eingesetzt werden. Die Haupteinnahmequellen von Bund und Ländern - die Gemeinschaftssteuern wie Einkommen-, Körperschaft- und Umsatzsteuer - werden im Rahmen der Auftragsverwaltung von den Ländern eingezogen. Mit dem Finanzverwaltungsgesetz haben wir erste Schritte hin zu einer Verbesserung der Zusammenarbeit unternommen. Liebe Kollegen von der Linken, der Bericht des Bundesrechnungshofes, den Sie in Ihrem Änderungsantrag zitieren, ist zu einer Zeit entstanden, als diese neuen Regelungen noch nicht in Kraft waren. Ich denke, wir sollten der Finanzverwaltung Zeit geben, diese Regelungen umzusetzen. Dann sollten wir überprüfen, ob wir nachbessern müssen.
Wir werden prüfen müssen, warum manch hohe finanzielle Aufwendungen von Bund und Ländern bei den Bürgerinnen und Bürgern nicht richtig ankommen. Wir tun gut daran, mit der Arbeitsgruppe im Familienministerium, die die Einführung einer Familienkasse prüft, zusammenzuarbeiten. Das ist ein Bereich, mit dem auch wir uns befassen müssen. Die Frage ist: Warum kommt von dem vielen Geld, das wir in manchen Bereichen ausgeben, so wenig bei den Bürgerinnen und Bürgern an?
Bei all diesen größeren und kleineren Schwächen des Systems ist es müßig, zu überlegen, wie groß der Wurf sein könnte, den wir in dieser Kommission erreichen.
Wir müssen diese Probleme angehen; denn jetzt ist der Zeitpunkt für Veränderungen günstig. Die Prognosen sind gut. Die Neuverschuldung auf Bundes- und Länderebene sinkt. Das Bruttoinlandsprodukt steigt und die Sozialversicherungssysteme profitieren von den guten Aussichten. Wenn wir jetzt keine Lösung herbeiführen, dann werden wir das niemals tun.
Meine beiden Vorredner haben schon an der einen oder anderen Stelle persönliche Bedenken vorgetragen. Als ich gefragt wurde, ob ich für meine Fraktion die Aufgabe in der Föderalismuskommission II übernehmen wolle, fiel mir mein Lieblingsheld Beppo Straßenfeger aus dem Roman ?Momo“ ein. Beppo bekommt jeden Tag ein Stück Straße zugewiesen, das er fegen muss. Es ist ein langes, endlos erscheinendes Stück Straße, das einem schon Sorgen bereiten könnte, wenn man nur bis zum Ende dieser Straße blickt. Nicht so Beppo: Beppo schaut immer nur so weit, wie er den Fuß setzen kann: Schritt, Besenstrich, Verschnaufen, Schritt, Besenstrich, Verschnaufen - und noch ehe er sich versieht, ist die ganze Straße gefegt.
Ich glaube, so wie Beppo beim Fegen dieser Straße werden auch wir in der Föderalismuskommission II in einzelnen Schritten vorgehen müssen. Wir werden konsequent schrittchenweise vorgehen müssen, damit keiner der Beteiligten atemlos auf der Strecke zurückbleibt. Ich kann das den Kolleginnen und Kollegen in den Ländern und den Ministerpräsidenten zusagen. Dazu sind wir auch nach unserer Verfassung verpflichtet. Denn wir können in unserem Grundgesetz fast alles außer den Grundrechten ändern, aber nicht die Neugliederung der Länder bzw. die Regelungen, die diese Gliederung betreffen. Dazu gehört auch, die Finanzen so zu ordnen, dass Bund und Länder finanziell lebensfähig sind. Das gehen wir an und ich bin sicher, dass wir Ihnen im nächsten Jahr eine Lösung vorlegen werden.
Danke.
Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms:
Das Wort hat jetzt der Kollege Bodo Ramelow von der Fraktion Die Linke.
Bodo Ramelow (DIE LINKE):
Werte Kolleginnen und Kollegen! Nachdem vom Abt Öttinger die Rede war und Laotse zitiert worden ist, möchte ich mit Konfuzius anfangen:
Es ist besser, eine Kerze anzuzünden, als über die Dunkelheit zu klagen.
Ich denke, in der Föderalismusreform II gibt es viel Dunkelheit zu beklagen. Es reicht mir nicht, Kollegin Tillmann, wenn wir nur auf unsere Fußspitzen schauen. Man sollte schon wissen, in welche Richtung der Straßenfeger die Straße auskehrt. Wenn man das Ziel nicht vor Augen hat, dann kann man seine Hausaufgaben nicht machen.
Kollege Struck, Sie haben die Frage aufgeworfen, warum wir den Einsetzungsantrag, den wir zwar für verbesserungswürdig, aber von der Richtung her für richtig halten, nicht mitgetragen haben. Ich will Ihnen diese Frage beantworten.
Am 31. März 2003 fand in der Hansestadt Lübeck der Lübecker Konvent statt. Alle Landesparlamente waren durch ihre Fraktionsvorsitzenden vertreten und auch der Bundespräsident hat teilgenommen. Ich darf auf das Protokoll hinweisen. Darin ist festgehalten worden, dass der Föderalismuskonvent der Auftakt der Initiativen ist, dass auch die Landesparlamente an der Föderalismusreform mitarbeiten müssen. Man kann diese Reform nicht ohne sie und auch nicht gegen sie durchführen, Kollegin Tillmann.
Sie haben zu Recht auf die Neuordnung der Länder hingewiesen, die im Grundgesetz als geschützter Bereich geregelt ist.
In dem Protokoll heißt es aber auch - ich zitiere; es lohnt sich, das nachzulesen -:
Es zeigt sich darin auch der einheitliche Wille, über den jetzt festgelegten Maßstab der ?Lübecker Erklärung“ hinaus einen weitergehenden Prozess zu eröffnen, der sich in mindestens einem Folgekonvent niederschlagen wird.
Ich sage: niederschlagen muss; denn wenn wir nicht in einen zweiten Konvent mit den Landtagen eintreten werden, dann wird es zu einer Verhandlungsrunde ohne die Landesparlamente kommen. Darauf bezieht sich unsere kritische Sichtweise. Deswegen haben wir einen Änderungsantrag vorgelegt.
- Ich habe ihn gelesen, Herr Kollege. Sie haben aber offenkundig die Lübecker Erklärung nicht gelesen.
Es wundert mich sehr, dass der Deutsche Bundestag jetzt eine Kommission einsetzt, die all diese Themen behandelt, in der die Ministerpräsidenten der Bundesländer vertreten sein werden, die damals noch als Fraktionsvorsitzende die Lübecker Erklärung mit unterschrieben haben. Vier Namen sind darin zu finden, die damals diese Erklärung mit unterschrieben haben und sich jetzt auf die Bundesratsseite stellen. Ich habe die Befürchtung, dass man im Zweifelsfall eine abgeschottete Finanzverhandlungsrunde durchführt, an der die Landesparlamente nicht beteiligt sind. Das halte ich für ein strukturelles und inhaltliches Problem.
Kollege Struck, ich gebe Ihnen ausdrücklich Recht: Es darf keine parteipolitische Kungelrunde werden. Es darf nicht dazu führen, dass sich die Ayatollahs mancher Bundesländer als Gegenregierung zur großen Koalition präsentieren. Ich meine zum Beispiel Ihren Herrn Koch, den ultraorthodoxen Konservativen, der seine machtpolitischen Spielchen auf Landesebene spielt, wenn es gegen die große Koalition geht. Wenn ich mir den Vertreter des Freistaates Bayern anschaue, dann habe ich den Eindruck, dass wir eine Gegenregierung in diesem Land haben und dass die einzige Opposition nicht die drei kleinen Fraktionen im Bundestag, sondern die CDU/CSU-Ministerpräsidenten sind.
- Es scheint Sie tief zu treffen, dass diese Kakophonie von Ihren Repräsentanten zu vertreten ist. Das ist aber noch immer besser als der gestrige Ausdruck ?Brüsseldorf“.
Die Finanzbeziehungen der Länder müssen im Verhältnis zum Bund neu geordnet werden. Deswegen begrüßen wir die Einsetzung der Kommission. Wir werden in der Kommission mitarbeiten. Wir werden Ihnen aber Gelegenheit geben, darüber abzustimmen, ob die Landesparlamente in eigener Verantwortung bestimmen können, dass sie zumindest antrags- und redeberechtigt sind. Das ist ein qualitativer Unterschied. Es dürfen nicht nur vier Vertreter der Landesparlamente am Katzentisch sitzen. Vielmehr sollen sie antragsberechtigt sein. - Frau Tillmann, regen Sie sich doch nicht auf! Ich habe Ihren Humor doch auch ertragen. Nun ertragen Sie, dass ich, der ich einmal Fraktionsvorsitzender im Thüringer Landtag war, einfordere, das umzusetzen, was wir im Lübecker Konvent fraktionsübergreifend beschlossen haben. Sie können im Bundestag nicht sagen: Was schert mich mein Geschwätz von gestern? Diese Halbherzigkeit können wir nicht akzeptieren.
Es geht nicht nur um die Beziehungen der Länder untereinander, sondern auch um den Wettbewerbsföderalismus. Wir lehnen den Wettbewerbsföderalismus ab. Das unterscheidet uns in der Tat von der FDP.
Wir wollen nicht, dass sich die Länder, die eine prosperierende Entwicklung haben, mit allen ihren Möglichkeiten besser aufstellen und dass anschließend - Stichwort ?gemeinsame Bildungslandschaft in Deutschland“ - die einen im Armenhaus und die anderen auf der Sonnenseite der Bundesrepublik Deutschland leben. Ich empfehle einen Blick auf die vorgestrige Satire in Belgien. Hier hat ein Fernsehprogramm das Verhältnis zwischen Flamen und Wallonen in Form einer bissigen Satire dargestellt. Das Schlimme war, dass die Menschen in Belgien geglaubt haben, dass Belgien auseinander fällt. Wenn die wirtschaftlich stärkeren Länder in der Bundesrepublik Deutschland auf dem Rücken der wirtschaftlich schwächeren Länder Geschäfte machen, dann haben wir mit Zitronen gehandelt. Wir halten an dem Prinzip der Ausgleichsverpflichtung fest. Alle Menschen in Deutschland müssen gleichwertige Arbeits- und Lebensbedingungen haben und Chancengerechtigkeit erleben.
Die Gemeinschaftsaufgabe Ost ist zwar bis 2010 gesichert. Aber nach 2010 - nun verstehe ich langsam, was die Agenda 2010 von Herrn Schröder bedeutet - werden die Mittel degressiv abgeschmolzen. Wir brauchen daher einen Sonderweg, wenn es um die Schulden der neuen Bundesländer geht. Wenn wir die zu bewirtschaftenden Schuldenberge nicht berücksichtigen, werden wir einen Wettbewerbsföderalismus Ost-West haben. Dann haben wir einen bitteren Weg vor uns.
Reden Sie also bitte auch über die Einnahmeseite und nicht nur über die Verteilung! Wenn die Abgaben- und Steuerquote in Deutschland nur den OECD-Durchschnitt erreichte, hätten wir 130 Milliarden Euro mehr in der Kasse und wir könnten uns starke, prosperierende Bundesländer erlauben. Dann könnten wir über einen neuen, innovativen Haushaltsansatz nachdenken, bei dem die Mittel für die Bildung als Investition und nicht als konsumtive Ausgaben gewertet werden. Lassen Sie uns in diesem Sinne an die Arbeit in der Föderalismusreformkommission herangehen. Nicht dass der Bundespräsident hinterher wieder alles aus dem Verkehr zieht. Das hielte ich für eine Katastrophe.
Vielen Dank.
Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms:
Das Wort hat jetzt der Kollege Fritz Kuhn vom Bündnis 90/Die Grünen.
Fritz Kuhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Da wir grundsätzlich optimistisch sind, haben wir die Hoffnung, dass bei der Föderalismusreform II etwas Besseres herauskommt als bei der Föderalismusreform I. Ich sage das, weil wir bei den aktuellen Themen, die wir diskutieren, zum Beispiel bei der Bildungspolitik und beim Verbraucherinformationsgesetz, sehen, welche Schwierigkeiten die Föderalismusreform I den Deutschen, der Bundesrepublik Deutschland und den Ländern eingebracht hat. Um es gleich vorweg zu sagen: Ich halte wenig davon, in diesem Rahmen jetzt die Mittel zu verteilen, weil wir so die Fehler der Föderalismusreform I noch potenzieren.
Das wird ein wichtiger Punkt sein, über den wir reden müssen.
Frau Kollegin Tillmann, wir haben Ihrem Antrag nicht zugestimmt, weil wir finden, dass auch andere Themen - nicht nur Wachstum und Beschäftigung - zu den Zielsetzungen der Neuordnung der Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern gehören müssen, zum Beispiel eine gerechte Finanzierung der Wissensgesellschaft und unseres Bildungssystems.
Es kann doch nicht angehen, dass wir die Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern nur in Bezug auf Wachstum und Beschäftigung neu ordnen, aber in Bezug auf Bildung und Gestaltung der Wissensgesellschaft nicht. Sie haben übrigens in Ihrem Redebeitrag selber ein Beispiel dafür gebracht, dass die Ziele zu eng sind, als Sie sagten, es wäre interessant zu überlegen, ob man nicht die verschiedenen Transferleistungen für Familien in eine Kasse aufnehmen sollte. Das ist natürlich ein anderes Ziel als Wachstum und Beschäftigung.
Vielleicht verstehen Sie an Ihrem eigenen Beispiel, warum es richtig ist, die Ziele weiter zu fassen und Ihrem Antrag nicht zuzustimmen.
Ich rate der Bundesregierung, wie es jeder Industriebetrieb macht, wenn es neue Rahmenbedingungen gibt, zunächst einmal eine Schulung zu machen, was sie eigentlich mit der Föderalismusreform I beschlossen hat. Es ist eine Zumutung und schafft Politikverdrossenheit, wenn man mit großem Trara - Herr Stoiber sprach von der ?Mutter aller Reformen“ - eine Reform macht, aber am Schluss selber nicht weiß, was man beschlossen hat, und einen Bundespräsidenten in die Situation zwingt, in der er sich offensichtlich in den letzten Wochen und Monaten befunden hat. Da hilft übrigens Bundespräsidentenkritik nichts. Wenn Sie Gesetze machen, die auf den ersten Blick nicht gesetzeskonform sind, dann können Sie nicht sagen, dass der Bundespräsident, wenn er entsprechend reagiert, schlecht ist und man ihn nicht wieder wählt. Sie als Bundesregierung müssen sich in Zukunft klarer machen, was Sie beschlossen haben und was zu tun ist.
Ich habe die Hoffnung, Herr Struck, dass wir mit der Föderalismusreform II etwas Neues bewegen können. Ich will eines vorwegschicken: Wenn jetzt alle in den Graben gehen und auf die Rechnung schauen, ob sie gewinnen oder verlieren, und wenn sie verlieren, Nein sagen, dann können wir das gleich lassen. - Ich weiß nicht, ob das mit dem Begriff Win-win-Situation zu meistern ist, Herr Kollege. Es kommt darauf an, dass auch die neuen Länder, die im Länderfinanzausgleich gegenwärtig Nehmerländer sind, also etwas bekommen, einsehen, dass sie von einer neuen Struktur vielleicht nicht kurzfristig - von einem Haushaltsjahr aufs nächste Haushaltsjahr -, aber insgesamt profitieren können, weil es den Föderalismus stärkt, wenn man zum Beispiel über Finanzautonomie und andere Schritte in der Finanzverfassung der Länder nachdenkt.
Ich appelliere an die nicht anwesenden Ministerpräsidenten, dass es keinen Sinn hat, zu sagen: Ich rechne das aus und wenn es eine Veränderung ins Negative gibt, dann lehnen wir es ab. - So würden Tabufelder abgesteckt und für Peter Struck wäre überschaubar, welche Themen noch zu behandeln sind. Es bliebe nämlich nur eine minimale Ebene übrig, über die man dann noch reden könnte.
Es müssen also alle deutlich machen, ob sie diese Reform wollen. Man kann nicht sagen, dass man über bestimmte Themen nicht redet. Das gilt übrigens auch für den Bund; darauf werde ich gleich zu sprechen kommen.
Die Frage, die wir auch zu beantworten haben, ist, ob wir in einem Mechanismus zwischen Bund, Ländern und Gemeinden das Schuldenproblem der Bundesrepublik Deutschland wenigstens mittelfristig in den Griff bekommen oder nicht. Wir haben auf allen drei Ebenen gegenwärtig Zinszahlungen in Höhe von 68 Milliarden Euro zu leisten. Man braucht niemandem in diesem Hause und in der Öffentlichkeit zu sagen, welchen Gestaltungsspielraum wir hätten, wenn wir nicht so hohe Zinslasten hätten. Das heißt, politische Entscheidungen der Vergangenheit haben dazu geführt, dass wir heute 70 Milliarden Euro weniger in Bildung, Zukunft, Umweltschutz usw. investieren können. Dies setzt eigentlich die Verpflichtung in Gang, für die Zukunft einen anderen Weg zu finden und nicht mehr so weiterzumachen.
Dann, Frau Kollegin Tillmann, müssen wir aber über die Substanz reden. Ich finde, dass Art. 115 des Grundgesetzes nicht mehr taugt, um die Haushalte zu stabilisieren und die Verschuldung aufzuhalten. Ich finde auch, dass das Wachstums- und Stabilitätsgesetz aus dem Jahre 1967 mit dem Mechanismus - Sie haben das zitiert -, dass man immer wieder eine Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts feststellt und es überhaupt keine Verpflichtung gibt, in Jahren guter konjunktureller Entwicklung die Schulden zu tilgen bzw. wenigstens die Nettoneuverschuldung signifikant zu senken, nicht mehr funktioniert. Wenn wir heute in der Finanz- und Haushaltspolitik feststellen, dass die Gesetzgebung bis hin zum Art. 115 des Grundgesetzes - damit ist ja auch der Investitionsbegriff verbunden - ungenügend ist und dies Bund, Länder und Gemeinden systematisch in die Staatsverschuldung führt, dann muss das Wachstums- und Stabilitätsgesetz aus dem Jahre 1967 verändert und ein vernünftiger Mechanismus etabliert werden, damit wir den Weg aus dem Schuldenstaat finden können. Das erwarte ich von der großen Koalition.
Wir vom Bündnis 90/Die Grünen glauben, dass der richtige Weg der ist - das betrifft nur die Richtung, weil nicht alles übertragbar ist -, den die Schweizer mit der so genannten Schuldenbremse eingeschlagen haben. Die Idee ist einfach. Zuerst müssen die strukturellen Defizite der Haushalte ausgeglichen werden. - Wieso sage ich ?einfach“? Das ist ein kompliziertes Unterfangen; aber dies ist die Voraussetzung. - Dann muss ein Mechanismus in Gang gesetzt werden, der es erlaubt, dass in schwierigen Konjunktursituationen etwas mehr für Investitionen ausgegeben werden kann, während in Zeiten einer guten Konjunkturentwicklung zwingend stärker konsolidiert werden muss, als es in der Vergangenheit - ich füge hinzu: auch in der Gegenwart - in Deutschland der Fall war bzw. ist. Das heißt, vereinfacht ausgedrückt, Schuldenbremse.
Wie wir das gesetzlich realisieren, ist für mich der zentrale Gegenstand der Kommission. Ich finde übrigens, Herr Finanzminister Steinbrück, dass der Bund so etwas in seinem Bereich vorher selber machen sollte. Das kann er und das hätte sehr positive Auswirkungen auf die Kommissionsverhandlungen. Ich finde, dass Sie mehr für die Konsolidierung machen müssen, als bisher in der konjunkturstarken Zeit geschehen ist. Wer aufgrund von neuen Steuern und Privatisierungserlösen mehr als 20 Milliarden Euro zusätzliche Einnahmen hat, aber die Nettoneuverschuldung nur um 11 Milliarden Euro reduziert, wie es in dem Haushalt, den wir beschlossen haben, geschehen ist, der kann nicht sagen, dass er die Konsolidierung im Griff hat. Der hat ein bisschen mit Steuermehreinnahmen jongliert, aber nicht wirklich die strukturellen Verhältnisse verändert.
Wir müssen natürlich auch über die Steuerverteilung reden. Entscheidend ist die Frage, ob die Länder mehr Steuerautonomie bekommen. Wir würden das befürworten. Entweder müsste eine Steuer von den Gemeinschaftssteuern den Ländern ganz übertragen werden oder es müsste wenigstens dafür gesorgt werden - das ist die mildere Variante -, dass die Länder bei einer Steuerart zusätzliche Hebesätze festlegen können und somit einen gewissen Gestaltungsspielraum bekommen.
Sie, Herr Ramelow, machen es sich leicht, wenn Sie gegen Wettbewerbsföderalismus sind. Ich würde Ihnen raten, darüber noch einmal in Ruhe nachzudenken. Ich finde, es kommt darauf an, was man darunter versteht. Dass die Länder in einem bestimmten Wettbewerb stehen müssen - in einem solidarischen Wettbewerb, bei dem der Ausgleich systematisch und fair organisiert ist -,
ist logisch; denn so, wie die Situation heute ist, kann es passieren, dass weder die starken noch die schwachen Länder weiterkommen. Deswegen muss die 12-Prozent-Regel, nach der die ersten 12 Prozent der Mehreinnahmen nicht in den Länderfinanzausgleichsmechanismus eingehen, verändert werden. Das ist zu wenig. Wir haben heute die Struktur - wer die Debatten über den Länderfinanzausgleich kennt, der weiß das -, dass es sich weder für ein starkes Land lohnt, Mehreinnahmen zu erzielen - das merken Sie beim Steuervollzug -, noch für ein schwaches Land. Auch da müssten Sie einmal darüber nachdenken, wie Betriebsprüfungen im Steuerbereich ausfallen und ob sie intensiviert werden können.
Ich sage klar: Es muss einen Wettbewerbsföderalismus geben; aber er muss systematisch solidarisch sein und darf vor allem nicht nur immer wieder einmal einen Ausgleich für die Schwachen schaffen, sondern muss sie dauerhaft stärken. Das konnten wir bei den Zahlungen an das Saarland und an Bremen bis zum Jahr 2004 sehr deutlich feststellen.
Wir werden, Peter Struck, konstruktiv in der Kommission mitarbeiten. Ich finde, dass man die Länder und die Landtage stärker hätte beteiligen müssen. Auch das ist ein Grund, warum wir dem Antrag von SPD, CDU/CSU und FDP nicht zustimmen. Wenn man wirklich eine grundsätzliche Reform plant, ist es wichtig, dass die Länder und die Länderparlamente stärker gehört werden und mitreden können, als Sie es vorgeschlagen haben.
In der Summe kann ich sagen: Machen wir uns an die Arbeit! Es wird mühsam. Vergessen wir die starken Sprüche vom Durchregieren; beziehen wir Bund und Länder ein und setzen wir darauf, dass alle im Grundsatz ein Interesse daran haben müssen, die Finanzverfassung in Deutschland zu verändern! Dann kann man wahrscheinlich zu vernünftigen Vorschlägen kommen.
Danke.
Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms:
Das Wort hat jetzt der Bundesminister Peer Steinbrück.
Peer Steinbrück, Bundesminister der Finanzen:
Guten Morgen, sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe kein Originalzitat von Laotse oder Konfuzius zu liefern.
- Wenn Sie mich auffordern, Herr Fricke, einen englischen Premier zu zitieren, würde das Zitat abgewandelt lauten: Es gibt nur noch drei Menschen in Deutschland, die den deutschen Föderalismus und insbesondere die Finanzbeziehungen wirklich verstehen. Der eine ist tot, der zweite ist verrückt geworden und der dritte ist ein namentlich unbekanntes Mitglied dieses Hohen Hauses, das alles vergessen hat.
Das wirft in der Tat ein gewisses Licht auf das Haus. Deshalb ist der heutige Freitag durchaus ein bedeutender Tag bei der Umsetzung eines wichtigen Vorhabens aus der Koalitionsvereinbarung, nämlich der Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung.
Ich fürchte, das ist für die Bürgerinnen und Bürger, die uns heute zuschauen oder zuhören, eine ziemlich trockene Materie. Alle reden über diesen sehr komplizierten, komplexen deutschen Föderalismus; aber wie er wirklich funktioniert - dabei will ich von dem Spezifikum des Finanzausgleiches gar nicht reden - weiß niemand so genau. Aber ich will allen zurufen: Es ist eine ziemlich wichtige Frage, weil die innenpolitische Handlungsfähigkeit und insbesondere die Europatauglichkeit der Bundesrepublik Deutschland in der EU davon in einem erheblichen Ausmaß abhängig sind.
Ich fürchte, dass der deutsche Föderalismus, wie er sich in den letzten Jahren entwickelt hat, eher handlungsunfähiger geworden ist und dass wir in Europa nicht so stark aufgestellt sind, wie wir es eigentlich sein müssten, um das Gewicht der Bundesrepublik Deutschland angemessen zur Geltung zu bringen.
Ich bin der Meinung, dass der Effekt der ersten Stufe der Föderalismusreform nicht ganz angemessen beurteilt wird. Der Erfolg ist größer, als wir ihn selber dargestellt haben; denn diese Stufe der Föderalismusreform leistet, wie ich finde, einen bemerkenswerten Beitrag zur stärkeren Entflechtung der Verfassungsorgane Bundestag und Bundesrat und damit zur Begegnung bestehender Reibungsverluste, gerade mit Blick auf die zustimmungspflichtigen oder einspruchsberechtigten Gesetze, die es früher gegeben hat. Dies ist mit der Föderalismusreform I gelungen.
Ich begrüße wie alle Redner hier außerordentlich, dass der Bundestag und der Bundesrat heute eine gemeinsame Kommission zur Modernisierung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen einsetzen werden. Es wird Sie nicht wundern, dass ich es auch sehr begrüße, dass vier Mitglieder der Bundesregierung zum ersten Mal ordentliches Mitglied einer solchen Kommission mit Stimmrecht sind.
- Sehen Sie, ich habe damals noch nicht auf der Regierungsbank gesessen, sondern auf der Länderbank, und war ein ordentliches Mitglied. Aber es hat mich schon gewundert, dass die Bundesregierung in der ersten Föderalismuskommission reinen Gaststatus hatte, obwohl sie doch auch ein Verfassungsorgan der Bundesrepublik Deutschland ist.
Ich glaube allerdings, dass wir uns und denen, die diese Beratungen verfolgen, nichts vormachen sollten. Vor uns liegt eine Titanaufgabe. Das erste Halbjahr 2007, in dem wir eine Doppelpräsidentschaft innehaben, wird noch nicht einen solchen Sitzungsrhythmus hervorbringen, der uns in die Lage versetzt, sehr schnell Ergebnisse vorweisen zu können. Ich finde es wichtig, dass sich nach Konstituierung der Kommission im Januar beide Seiten, die Länder wie auch der Bund, über den Themenkatalog sehr schnell verständigen und abstimmen.
Die Interessenunterschiede laufen nicht an politischen Linien wie A-Länder/B-Länder entlang, sondern entlang Linien wie Groß/Klein, Ost/West, Geberland/Nehmerland. Das habe ich unmittelbar erfahren, als ich Mitglied einer Landesregierung war. Allen ist daher bewusst, dass eine Reform der Bund-Länder-Finanzbeziehungen angesichts der enormen Interessenunterschiede kein leichtes Unterfangen sein wird.
Man muss einen gewissen Spagat machen: Einerseits stellt sich insbesondere mit Blick auf die Zweidrittelmehrheiten der großen Koalition in Bundestag und Bundesrat die Frage, wann, wenn nicht jetzt, das Fenster weit genug geöffnet ist, um eine grundlegende Reform durchzuführen. Wenn dieses Fenster wieder geschlossen sein sollte, wird es natürlich umso schwieriger sein, an der Stelle anzuknüpfen, an der man vorher gescheitert ist, selbst unter den relativ günstigen Bedingungen einer großen Koalition. Ich möchte an dieser Stelle ausdrücklich unterstreichen, Herr Kuhn, dass ich die Meinung von Herrn Struck teile, dass es keine parteipolitische Veranstaltung ist. Sie darf es nicht sein und sie wird es angesichts der Interessendivergenzen auch nicht sein.
Andererseits wissen wir, dass man sich an diesem Thema die Zähne ausbeißen kann. Ich selber habe über zwei bis drei Jahre - Volker Kröning kann sich daran erinnern - allein an der Neuorganisation des Finanzausgleichs mitgearbeitet. Ich weiß nicht, wer richtigerweise darauf hingewiesen hat - ich glaube, es war Frau Tillmann oder Herr Burgbacher -, wie wichtig es wäre, den Finanzausgleich ebenfalls horizontal und vertikal mit einzubeziehen. Vielleicht erinnern Sie sich daran: Das hat uns das letzte Mal drei Jahre gekostet. Aus der Sicht vieler ist dabei eine Minilösung herausgekommen. Aus der Sicht vieler anderer wiederum war das, was dabei herausgekommen ist, schon zu viel Wettbewerbsföderalismus.
Das ist die Schwierigkeit, in der wir uns befinden.
Mein Ansatz als Bundesfinanzminister ist deshalb zunächst sehr pragmatisch. Ich würde mich erst einmal auf die Frage konzentrieren, wie wir Haushaltsrisiken und Haushaltskrisen im Bundesstaat vermeiden können. Das oberste Reformziel in meinen Augen ist also in der Tat die Begrenzung der Staatsverschuldung und die Vermeidung von Haushaltskrisen. Dass das eine wichtige Rolle spielt, kann man am Bundeshaushalt der vergangenen Jahre ablesen, in denen wir die Regelgrenze gemäß Art. 115 des Grundgesetzes nicht eingehalten haben.
Das kann man an den Hinweisen erkennen, die Sie richtigerweise mit Blick auf die Zahl der Länder gegeben haben, die schon bei der Aufstellung ihrer Haushalte die Ausnahmeregelungen ihrer Landesverfassungen in Anspruch nehmen müssen. Das kann man auch daran sehen, dass wir vier Mal in Folge die Einhaltung der 3-Prozent-Defizitgrenze von Maastricht nicht geschafft haben. Im Jahr 2006 haben wir sie erstmals wieder erfolgreich eingehalten.
Wie problematisch die Situation ist, hat nicht zuletzt das Urteil des Bundesverfassungsgerichts im Fall von Berlin ausgewiesen. Die Verfahren in Bezug auf das Saarland und Bremen sind immer noch anhängig. Ich glaube, dass die Vermeidung von Haushaltsnotlagen und das Nachdenken über die Frage, wie wir stärkere disziplinierende Klammern zur Haushaltssanierung verankern können, die Hauptaufgaben sind. Das hat uns übrigens das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil als Aufgabe im Rahmen der Beratungen der zweiten Föderalismuskommission mitgegeben.
Ich will den Debatten nicht vorgreifen und daher im Augenblick nicht sagen, wie die präventiven Verschuldungsregelungen aussehen könnten. Ich habe gelegentlich darauf hingewiesen, man könnte daran denken, analog den Stabilitäts- und Wachstumspakt und den Maastrichtvertrag anzuwenden. Man kann versuchen, die Verschuldensregeln einfachgesetzlich anders zu fassen. Man kann - das ist mein dritter Hinweis - die jetzige Möglichkeit, von den Verschuldensregelungen mit Hinweis auf die Abwehr eines gesamtwirtschaftlichen Ungleichgewichts abzuweichen, sehr viel stärker einschränken, indem man Regeln verankert, unter welchen Bedingungen ein solches Vorgehen überhaupt möglich ist. Das gilt dann auch für die Länder.
Ich stimme Herrn Kuhn zu: Es wäre des Schweißes der Edlen wert, sich anzuschauen, was in anderen Ländern passiert. Das Schweizer Beispiel ist hochinteressant; das unterstreiche ich ausdrücklich. Ich habe den Eindruck, dass dieses Beispiel auf allen Seiten des Parlamentes - auch aufseiten der FDP - die Neugier wecken könnte, einmal nachzuschauen, ob es in anderen Ländern Best Practices gibt, die man aufgreifen könnte.
Wenn wir uns mit stärkeren und präventiven Verschuldungsregelungen beschäftigen, landen wir automatisch bei der Frage - sie wurde richtigerweise schon gestellt -, ob die Länder, um solchen Verschuldensregelungen auch folgen zu können, nicht eine größere Steuerautonomie brauchen. Diese Frage wird uns in diesem Zusammenhang beschäftigen. Ich glaube nicht, dass die großen Gemeinschaftssteuern aufzuteilen sind. Ein Ländervertreter hat mir einmal in einem Zustand geistiger Verwirrung angeboten, die Länder sollten die Einnahmen aus der Mehrwertsteuer bekommen - vielleicht wollte er mich auch nur schlicht und einfach auf den Arm nehmen - und der Bund im Gegenzug die Einnahmen aus der Einkommensteuer. Das wäre ein ganz merkwürdiger Deal, weil die Dynamik des Mehrwertsteueraufkommens viel höher ist als die der Einkommensteuer.
Es wird letztlich darum gehen, dass die Gemeinschaftssteuern erhalten bleiben. Aber wir reden möglicherweise über Zuschlagsrechte, und zwar nicht nur bei den Gemeinschaftssteuern. Das ist in diesem Zusammenhang ein wichtiges Thema.
Ein weiteres wichtiges Thema, das aus meiner Sicht in den Debatten, die im Vorfeld des heutigen Tages geführt worden sind, etwas unterbelichtet war, sind die Erfahrungen, die der Bund mit Geldern macht, die er zwar nicht für die Daseinsvorsorge, aber für bestimmte Leistungen auf kommunaler Ebene bereitstellt, ohne dass er nach der jetzigen Finanzverfassung der Bundesrepublik Deutschland in direkten Finanzbeziehungen mit der kommunalen Ebene steht. Als Bundesfinanzminister sage ich Ihnen freimütig: Ich möchte nicht, dass die Kommunen je zum Bestandteil des Bundes werden.
Dann haben wir sie täglich vor der Tür stehen; das wissen wir alle. Sie sind vielmehr nach wie vor Bestandteil der Länder. Ich mache aber die Erfahrung, dass es, wenn der Bund bereit ist, behilflich zu sein, auf dem Weg hin zu den Kommunen gewisse klebrige Hände geben kann - und dies massiv.
Das Thema der Regionalisierungsmittel für die Förderung des Schienenpersonennahverkehrs - ich will dieses Thema nicht sehr strapazieren - ist in diesem Zusammenhang von Bedeutung. Es ist zu fragen: Inwieweit führen die Bundesmittel, die auf der Basis des Regionalisierungsgesetzes gewährt werden, dazu, dass die Länder eigene Mittel für Verkehrsinvestitionen einsparen?
Ein viel problematischeres Thema haben wir gerade erörtert: Das sind die Kosten der Unterkunft.
War die Einigung im Vermittlungsausschuss zu den Kosten der Unterkunft eigentlich nicht damit verbunden, dass die Kommunen 1,5 Milliarden Euro für die Betreuung der unter dreijährigen Kinder ausgeben sollten? Wie sieht das in den Ländern aus?
Ein weiteres Beispiel, um deutlich zu machen, über wie viel Geld wir reden, ist die, wie ich finde, seinerzeit richtige Maßnahme des Bundes - ich war nicht beteiligt; deshalb Kompliment an diejenigen, die es beschlossen haben -, für den Auf- und Ausbau von Ganztagsschulen ein 4-Milliarden-Programm aufzulegen. Was kommt da eigentlich auf welchem Wege bei denjenigen an, die wir damit erreichen wollen, nämlich bei den Kindern und Eltern, die von der Bereitstellung der entsprechenden institutionellen und personellen Infrastruktur einen Nutzen haben sollen? Dieses Thema wird, wie ich glaube, eine erhebliche Rolle spielen.
Letzter Punkt in diesem Zusammenhang. Ich bin auch an einer Effizienzverbesserung in der Steuerverwaltung interessiert.
Denken Sie allein an das Thema der Steuerhinterziehungsbekämpfung; ich beziehe mich da jetzt einmal nur auf die Mehrwertsteuer. Sie alle kennen das System der Karussellgeschäfte, das auf der europäischen Ebene aufgrund unseres Drängens, ein anderes Erhebungssystem einzuführen - es hat den sehr komplizierten Begriff ?Reverse-Charge-Modell“ -, eine Rolle spielt. Nun ist Deutschland ohnehin aufgrund seiner wirtschaftsgeografischen Lage das prädestinierte Opfer krimineller Energie. Wir laden dazu insbesondere deswegen ein, weil wir auch noch föderal strukturiert sind. Wir sollten aus meiner Sicht auch dort einen Einstieg schaffen, indem wir, zumindest auf diese für den Betrug sehr anfällige Steuerart bezogen, zum Beispiel eine einheitliche Bundessteuerverwaltung einführen. Das gehört aus meiner Sicht zwingend zu dieser Debatte.
Fazit: Wir haben uns ein sehr großes Rad vorgenommen. Aber ich finde, dass wir dieser Herausforderung mit Unterstützung aller Kräfte im Deutschen Bundestag und, wie ich hoffe, in einem konstruktiven Verhältnis mit den Ländern entsprechen. Ich glaube, dass die Erwartungen nicht gering sind, selbst wenn die Materie nicht für jeden Bürger und jede Bürgerin leicht verständlich ist. Das ist sie letztendlich auch für uns selber nicht.
- Ja, man muss da Überzeugungskraft haben. - Aber für die zukünftige Handlungsfähigkeit und Europatauglichkeit des föderalen Gebildes, das viele Vorteile hat und das wir nicht aufgeben, sondern stärken wollen, wird die Arbeit dieser zweiten Föderalismusreform eine erhebliche Bedeutung haben. Die Vertreter der Bundesregierung werden ihre Möglichkeiten einbringen, damit es zu einem guten Ergebnis kommt.
Herzlichen Dank.
Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms:
Das Wort hat jetzt der Kollege Dr. Volker Wissing von der FDP-Fraktion.
Dr. Volker Wissing (FDP):
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In der Debatte heute Morgen sind schon viele Persönlichkeiten zitiert worden, nur die Bundeskanzlerin nicht. Weil wir Ihnen eine offene, konstruktive Zusammenarbeit bei diesem Vorhaben zugesichert haben, will ich das jetzt nachholen. Die Bundeskanzlerin hat im Anschluss an die erste Föderalismusreform gesagt: Viele Bürger wussten nicht mehr, wer in unserem Land für was zuständig ist. - Ich will anfügen, dass das auch nach der ersten Reform nicht klar ist. Vor allen Dingen ist nach der ersten Reform nicht klar, wer für was bezahlt. Genau das müssen wir jetzt klarstellen. Das wollen wir gemeinsam angehen.
Die Reform der Finanzbeziehungen - Herr Minister Steinbrück, Sie haben das zu Recht betont - ist eine Herkulesaufgabe. An ihr wird sich zeigen, wie reformfähig unser Land ist. Diesmal geht es nicht um die Reformbereitschaft der Bürgerinnen und Bürger, sondern um die Reformbereitschaft und Reformfähigkeit der politischen Klasse. Dieser Verantwortung müssen wir uns ständig bewusst sein. Wir haben den Menschen in den letzten Jahren viel Reformwillen und Reformbereitschaft abverlangt. Jetzt wird sich zeigen, wie reformwillig und reformbereit die Politik ist. Ein Scheitern der Föderalismuskommission II würde das Vertrauen der Deutschen in die Problemlösungsfähigkeit unseres Landes weiter schwächen. Das können und wollen wir uns nicht leisten. Deswegen wird die FDP dieses Vorhaben konstruktiv und offen begleiten.
Wir wollen den Menschen zeigen, dass Politik fähig ist, die Probleme unseres Landes zu lösen. Ich hoffe, dass wir mit unserem Mut und unserem Willen zur Veränderung auch der Bevölkerung Mut machen: Mut zu Reformen, Mut zu Veränderungen und Mut zur Gestaltung der Zukunft unseres Landes.
Die Messlatte liegt hoch, sogar sehr hoch. Wie sagt man so schön: Beim Geld hört der Spaß auf! Wir werden nur Erfolg haben, wenn wir alle bereit sind, an der einen oder anderen Stelle Abstriche zu machen und aufeinander zuzugehen. An dieser Stelle appelliere ich ganz besonders an die Union. Sie hat eine besondere Verantwortung. Sie stellt nämlich nicht nur die Bundeskanzlerin, sondern auch die Mehrzahl der Ministerpräsidenten. Eine Finanzreform ohne Ergebnis wäre auch ein politischer Offenbarungseid der Union. Die Bundeskanzlerin ist als Vorsitzende der CDU besonders gefordert.
Macht ist kein Selbstzweck. Macht ist auch Verantwortung. Man kann sie nicht nur für sich selbst beanspruchen; sie muss vielmehr verantwortungsbewusst für die Allgemeinheit genutzt und im Sinne der Bürgerinnen und Bürger eingesetzt werden. Die Menschen erwarten von den politisch Verantwortlichen viel. Sie werden genau beobachten, wie sich die Ministerpräsidenten verhalten und ob sie bereit sind, sich ihrer Verantwortung zu stellen. Auch die Ministerpräsidenten sind dem Gemeinwohl des gesamten Landes verpflichtet.
Die Union hat hierbei großen Einfluss und die Menschen sind sehr gespannt, wie sie diesen einsetzen wird. In diesem Zusammenhang ist es nicht sehr hilfreich, wenn einzelne Bundesländer unter der Hand signalisieren, dass sie kein großes Interesse an einer grundlegenden Neuordnung der Finanzbeziehungen haben. Auch das muss an dieser Stelle gesagt werden.
So sollte man nicht in eine solche Kommission hineingehen; das muss an dieser Stelle gesagt werden. Wir sind es unserem Land schuldig, offener an das Werk heranzugehen. Kleinstaatliches Denken, fehlender Mut und fehlende Reformbereitschaft untergraben das Vertrauen der Menschen in die Politik und befördern letztlich Politikverdrossenheit. Dessen müssen sich alle bewusst sein.
Die Diskussion über die Reform der Finanzbeziehungen muss nach vorne gerichtet sein. Deswegen sind Vorwürfe, wie sie der bayerische Ministerpräsident in der vergangenen Woche gegenüber Berlin erhoben hat, wenig hilfreich. Berlin weiß selbst, auch ohne Belehrung durch Herrn Stoiber, dass es dringend sparen muss.
Die Bundeskanzlerin hat es gesagt: Die Arbeit wird nicht einfach. Es gilt, ein dickes Brett zu bohren. Die Union kann aber dafür sorgen, dass das Bohren dieses dicken Brettes leichter geht.
Das Arbeitsprogramm liegt vor. Ob Verschuldensgrenzen, nationaler Stabilitätspakt oder Entbürokratisierung: Die Agenda ist ehrgeizig. Die FDP begrüßt außerordentlich, dass Herr Minister de Maizière - leider kann er an der heutigen Debatte nicht teilnehmen - ausdrücklich erklärt hat, dass es bei der Themenfestsetzung keine Tabus geben darf.
Herr Kollege Kuhn, die Begründung, die Sie dafür geliefert haben, dass die Grünen den Antrag nicht unterstützen können, war alles andere als überzeugend.
Sie versuchen krampfhaft, sich zu Beginn der Debatte über die Einsetzung der Kommission von den anderen abzusetzen. Ich weiß nicht, ob das der richtige Weg ist. Wenn man Ihre Ausführungen hört, gewinnt man den Eindruck, dass Sie Ihre eigenen Ziele nicht sehr couragiert verfolgen.
Herr Minister Steinbrück, ich begrüße es außerordentlich, dass Sie hier und heute eine Bundessteuerverwaltung gefordert haben. Wir werden dieses Vorhaben im Rahmen der Kommission unterstützen. Sie haben es sachlich begründet und können sicher sein, dass die FDP in diesem Punkt an Ihrer Seite ist.
Wir sind bereit, konstruktiv an der Suche nach Lösungen mitzuarbeiten. Wir sind bereit, uns unserer politischen Verantwortung für das Land, für das Wohl der Bürgerinnen und Bürger zu stellen. Die Föderalismusreform muss ein Erfolg werden. Ein Scheitern würde das Vertrauen der Menschen in Deutschland in die demokratischen Institutionen schwächen. Wir sind in diesem Sinne gemeinsam aufgerufen, die Kommission zu einem Erfolg zu führen, nicht nur Bundestag und Bundesregierung, sondern auch die Ministerpräsidenten und alle, die sich an der Föderalismuskommission beteiligen. Stellen wir uns gemeinsam unserer großen Verantwortung.
Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms:
Das Wort hat jetzt der Bundesminister Dr. Wolfgang Schäuble.
Dr. Wolfgang Schäuble, Bundesminister des Innern:
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte die Gelegenheit dieser Debatte nutzen, um zunächst einmal ein wenig für das föderale Prinzip zu werben.
Denn angesichts der öffentlichen Debatten dieser Tage - Schutz von Nichtrauchern - habe ich die Sorge, dass wir die Prinzipien europäischer Verfassungstradition nicht mehr richtig begreifen oder aus dem Blick verlieren. Die Tatsache, dass ein großes Problem einer Lösung bedarf, beantwortet noch nicht die Frage, wer legitimiert ist, ein solches Problem zu lösen. Dazu muss es eine verfassungsrechtlich begründete Kompetenz geben und eine demokratische Legitimation.
Es ist wahr, dass die öffentliche Meinung dazu neigt - das ist ganz allgemein so -, zu sagen: Ein großes Problem muss eigentlich auf einer hohen Ebene geregelt werden. Aber konsequent zu Ende gedacht, hieße das, dass der Nichtraucherschutz letztlich durch die UNO geregelt wird.
Spätestens dann werden wir auf ein zweites Problem stoßen: In der globalisierten Welt mit ihren großen Veränderungen und schnellen strukturellen Umbrüchen wächst ungeheuer viel Verunsicherung. Eine der Voraussetzungen für die Zukunftsfähigkeit und die Stabilität unserer demokratischen verfassungsmäßig gebundenen freiheitlichen Ordnung ist, dass die Bürger sich in dieser Ordnung zu Hause fühlen, dass sie Orientierung finden. Das ist eine der großen Fragen; sie ist nicht leicht zu beantworten. Alle Umfragen belegen, dass die Zustimmung zu den demokratischen Institutionen nicht wächst; uns beschäftigt die abnehmende Wahlbeteiligung usw. Das ist nicht nur in Deutschland so.
Ich glaube, dass es bei der Suche nach Antworten darauf vielleicht nicht falsch ist, sich an die Vorteile föderaler Ordnungen zu erinnern: Nähe der Entscheidung zu den Menschen, dezentrale Entscheidungsfindung, Machtbegrenzung und Machtverteilung sowie mehr Chancen für die Partizipation der Menschen. Deswegen bin ich ein überzeugter Anhänger der föderalen Ordnung unseres Grundgesetzes und halte sie nicht für einen Standortnachteil.
Das zu vertreten, ist manchmal schmerzlich - ich habe gerade die Debatte dieser Woche erwähnt -, aber trotzdem halte ich es für richtig.
In diesem Sinne ist die Debatte über Wettbewerbsföderalismus nicht falsch: Lasst uns doch ausprobieren, wer die besseren Ergebnisse erzielt.
Dann werden die, die schlechtere Ergebnisse haben, von denen, die bessere Ergebnisse haben, lernen.
Mir hat einmal der frühere Bremer Bürgermeister Henning Scherf - ich glaube, ich darf das sinngemäß zitieren; es ist lange genug her - in einem Gespräch gesagt: Wir haben von den ?Bremer Verhältnissen“ in der Hochschule - das war seinerzeit ein Begriff in der bildungspolitischen Debatte, der nicht eben als Qualitätsmerkmal aufgefasst wurde - genug und versuchen jetzt, von anderen zu lernen. - Jetzt ist Bremen ein Wissenschaftsstandort - immerhin war man mit im Rennen um die Benennung von Eliteuniversitäten - und niemand redet mehr von ?Bremer Verhältnissen“. Das heißt: Der Prozess des Benchmarking kann gerade für die Schwächeren durchaus gute Ergebnisse bringen. Deswegen sollten wir ihn nicht kleinreden, sondern sagen: Es ist richtig, notwendig und nützlich.
Ich will ausdrücklich auf das Bezug nehmen, was der Kollege Steinbrück gerade gesagt hat: Die Föderalismusreform I wird in der öffentlichen Wahrnehmung unterschätzt. Sie bedeutet eine Stärkung unserer föderalen Ordnung. Das ist aber nicht das Ende der Bemühungen; das geht schrittweise. Es ist ein mühsamer, schwieriger Prozess. Aber die Föderalismusreform ist, wie gesagt, eine Stärkung der föderalen Ordnung. Wir sollten sie richtig wahrnehmen. Wir sollten sie nutzen und auf diesem Weg vorangehen.
Ein anderer Punkt ist ebenfalls klar. Wir leben in einer Zeit, in der die Haushaltsspielräume eng sind und der Widerstand gegen Veränderungen - nicht nur in den politischen Parteien, egal ob sie nun in der Opposition oder an der Regierung sind, sondern generell in unserer Bevölkerung - groß ist. Die Forderung nach Reformen wird zwar häufig erhoben, aber gegen jeden konkreten Vorschlag einer Veränderung - egal von wem er kommt - gibt es zunächst einmal ziemlich viele Widerstände. Auch das ist wahr. Das hat auch etwas damit zu tun, dass wir insgesamt in 60 Jahren, in einer glücklichen Phase der deutschen Geschichte, viel erreicht haben und Ängste gegenüber der Zukunft zunehmen. Deswegen ist der Widerstand gegen konkrete Veränderungen immer relativ groß. Man muss also schrittweise vorangehen. Die Handlungsspielräume sind begrenzt.
Deswegen kann ich es auch verstehen, dass wir bei der Neuordnung der Finanzbeziehungen nur dann wirklich etwas erreichen werden, wenn wir Synergieeffekte erschließen. Natürlich wird jedes Land am Ende sagen: Wenn für uns unter dem Strich wenig herauskommt, kann ich es nicht verantworten. - Herr Steinbrück ist ja einmal Ministerpräsident gewesen; ich darf sagen: Glücklicherweise ist er es nicht mehr.
Wie Sie das ?glücklicherweise“ interpretieren, ist jetzt Ihre Sache. Aber klar ist: Niemand könnte so etwas verantworten. Auch die Bundesregierung kann nicht sagen: Das ist kein Problem; das zahlt dann der Bund. - Also müssen wir schon schauen, dass wir durch Synergieeffekte zu einer besseren Zusammenarbeit kommen.
Da gibt es eine Menge Bereiche, an die man in diesem Zusammenhang denken könnte. Wir könnten beispielsweise nach dem Prinzip verfahren, dass ein Land für alle anderen Länder Verwaltungsmodelle entwickelt. Es gibt beim Zusammenwirken der Verwaltungen, der Bundesverwaltung, der Länderverwaltung, der Auftragsverwaltung, große Potenziale. Durch eine bessere Organisation und Zusammenarbeit können wir uns Synergieeffekte erschließen, sodass wir am Ende die Handlungsfähigkeit unseres föderal organisierten Gemeinwesens stärken und gleichzeitig die Prinzipien von Machtteilung, Gewaltenteilung, Bürgernähe und Transparenz befördern. Denken wir beispielsweise an die Nutzung moderner Kommunikationstechnologien für Verwaltungsabläufe: Da kann der Bund Dienstleister für alle sein, aber man kann genauso - das hat man in der Steuerverwaltung teilweise gemacht - verabreden, dass ein Land oder eine Oberfinanzdirektion vorangeht und die anderen es übernehmen. Wir müssen nicht gleichzeitig alles machen.
Ich verstehe die Rolle des Bundesinnenministeriums in dieser Kommission ein Stück weit so, dass wir Vorschläge machen werden, mit denen wir durch Modelle effizienterer Zusammenarbeit in der Verwaltung Synergiepotenziale erschließen wollen. Wenn wir uns gemeinsam darauf verständigen können, dass der Föderalismus das richtige Organisationsprinzip für unsere freiheitliche Demokratie ist und dass wir seine Leistungsfähigkeit stärken wollen, dann haben wir eine Chance, unser Land zu modernisieren und zugleich das Vertrauen und die Zustimmung der Bürgerinnen und Bürger unseres Landes zu seiner demokratischen Verfasstheit nachhaltig zu stärken. Das ist das Wichtigste.
Herzlichen Dank.
Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms:
Das Wort hat jetzt die Kollegin Katrin Kunert von der Fraktion Die Linke.
Katrin Kunert (DIE LINKE):
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Gäste! Sehr geehrter Herr Steinbrück, die Kommunen stehen ständig vor der Tür. Oftmals ist die Tür zu. Deshalb will ich vorab sagen: Die Linke ist ohne Wenn und Aber für starke Kommunen in diesem Land.
Die Föderalismuskommission II soll die Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern modernisieren und die Eigenverantwortung der Gebietskörperschaften und ihre aufgabengerechte Finanzausstattung stärken. Auch die Kommunen sind Gebietskörperschaften. Daher müssen die Finanzbeziehungen zwischen Bund, Ländern und Kommunen neu geordnet werden. Außerdem treten die Kommunen im System der Finanzverfassung unmittelbar in Erscheinung. Neben dem Bund und den Ländern fließen gemäß Art. 106 des Grundgesetzes auch den Kommunen Steuereinnahmen zu. Wir fordern eine unmittelbare und umfassende Beteiligung der Kommunen. Die kommunalen Spitzenverbände müssen mit Rede- und Antragsrecht ausgestattet werden.
Es muss bei dieser Reform um eine grundsätzliche Neuordnung der Finanzen gehen und nicht um Kosmetik. Wir wollen den Anteil der Kommunen an den Einnahmen aus den Gemeinschaftsteuern wirksam erhöhen. Derzeit beträgt dieser Anteil in Deutschland 13,2 Prozent. In Skandinavien hingegen liegt er zwischen 40 und 60 Prozent. Wir sagen: Die Verteilung der Finanzen muss vom Kopf auf die Füße gestellt werden. Es muss auch Aufgabe der Kommission sein, eine nachhaltige Gemeindefinanzreform auf den Weg zu bringen. Wenn es aber bei der vorgeschlagenen Besetzung der Kommission bleibt, wird niemand die Interessen der Kommunen in diesen existenziellen Fragen vertreten.
Weder Bund noch Länder können dies tun. Die Interessenlagen sind viel zu unterschiedlich. Den Ländern wird es in erster Linie um ihre Finanzausstattung gehen und nicht darum, wie die Kommunen aufgestellt sind.
Das sind die ?klebrigen Hände“, die Sie, Herr Steinbrück, vorhin erwähnt haben.
In der Vergangenheit haben Bund und Länder über die Kommunen hinweg Entscheidungen getroffen. Die Folge sind zum Beispiel Mehrbelastungen bei den Kosten der Unterkunft. Es ist überhaupt nicht akzeptabel, dass der Anteil, den die Kommunen an den Verwaltungskosten der Argen zu tragen haben, demnächst erhöht werden soll. Dieser Kurs zulasten der Kommunen darf nicht fortgesetzt werden. Die Bundespolitik muss sich daran messen lassen, wie gut oder schlecht sie bis in die unteren Ebenen wirkt und wie sie bei den Bürgerinnen und Bürgern ankommt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich frage Sie: Welche zwingenden Gründe gibt es, diese Kommission nicht mindestens so zu besetzen wie die erste Kommission zur Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung? Damals gab es für viele hier im Haus anscheinend gute Gründe - ich darf zitieren -:
Schließlich haben wir die Interessen unserer Kommunen zu achten, ohne deren aktive Mitwirkung am demokratischen Prozess unsere Demokratie von unten her ausgetrocknet würde. Deswegen dürfen wir sie auch finanziell nicht austrocknen.
So hat sich damals der Kollege Thierse geäußert. Dem können wir nur zustimmen.
Die vorgesehene Beteiligung der Landtage und kommunalen Spitzenverbände halten wir für angemessen.
Diese Position stammt von Herrn Böhmer, dem Ministerpräsidenten von Sachsen-Anhalt.
Jetzt aber geht es um Geld. Die Kommunen sollen zwar weiterhin möglichst viele Leistungen erbringen und möglichst viel in eigener Sache entscheiden, aber die Ressourcen und das Geld dazu sollen ihnen entzogen werden. Die Formulierung, die Sie in Ihrem Antrag im Hinblick auf die Beteiligung der kommunalen Spitzenverbände gefunden haben - dort heißt es, dass sie ?in geeigneter Weise“ einbezogen werden sollen -, ist uns nicht verbindlich genug.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, fast jeder zweite von Ihnen war oder ist in einer kommunalen Vertretung tätig. Ich bitte Sie, unserem Antrag im Interesse der Kommunen zuzustimmen.
Ich danke Ihnen.
Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms:
Das Wort hat jetzt der Kollege Volker Kröning von der SPD-Fraktion.
Volker Kröning (SPD):
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, der heutige Auftakt zur zweiten Stufe der Bundesstaatsreform im Deutschen Bundestag kann sich hören und sehen lassen. Mit Interesse werde ich die Debatte nachlesen, die zu diesem Thema parallel im Bundesrat geführt wird. Peer Steinbrück hat in erfrischender Weise die Themen und Beispiele aufgelistet, um die es bei den uns bevorstehenden Beratungen gehen wird. Ich schließe nicht aus - ich fürchte es sogar fast -, dass die nächste Zeit noch weitere Beispiele liefern wird.
Verehrter Herr Fraktionsvorsitzender Dr. Struck, gegenwärtig gibt es zum Beispiel zwischen Bund und Ländern und übrigens auch zwischen Staat und Wirtschaft eine Auseinandersetzung über die Absicherung der FuE-Strategie. Das ist eine praktische Frage, Herr Kollege Kuhn, um die es auch bei der Verwirklichung der Wissensgesellschaft geht. Wir werden es also ständig mit neuen Lehrbeispielen zu tun haben.
Das föderale Credo von Herrn Bundesminister Schäuble, der meines Wissens noch nicht in der Landespolitik tätig war, übernehmen mein Fraktionsvorsitzender und ich sicherlich gerne. Ganz bescheiden gesagt, Herr Minister, erwarten wir im Bundesrat eine Achse Baden-Württemberg-Bremen.
Es scheint einen gemeinsamen Nenner einer breiten Mehrheit in diesem Haus zu geben, was das erste Thema auf der Agenda sein wird sowie dass wir keine geschlossene Themenliste wollen. Obenan soll es um die Prävention von Haushaltsnotlagen gehen. Ich rechne allerdings fest damit, dass sich das Bundesverfassungsgericht mit den Anträgen des Saarlandes und Bremens erst beschäftigen wird, wenn es absehen kann, was der Bundesgesetzgeber auch zur Bewältigung von Haushaltsnotlagen bzw. -beinahenotlagen tun wird.
Es sind bereits entsprechende Modelle genannt worden. Ich will uns Mut machen mit dem Beispiel der Schuldenbremse, die im Jahre 2001, als wir mit dem Solidarpakt II beschäftigt waren, von der Schweizer Bevölkerung mit 85 -prozentiger Mehrheit gebilligt worden ist. Und sie funktioniert. Der gewachsene Föderalstaat Schweiz ist zwar klein, mit ihm kann sich die Bundesrepublik Deutschland aber am ehesten vergleichen.
Was ist das Interesse der Länder und was ist das Interesse des Bundes? Die Länder - das muss deutlich gesagt werden - sind Teil des bundesstaatlichen Finanzsystems, unabhängig von ihrer Zahl. Es ist schon zu Beginn der Föderalismusreform I bekräftigt worden, dass Art. 79 Abs. 3 des Grundgesetzes - die so genannte Ewigkeitsgarantie - die Gliederung der Bundesrepublik in Länder festschreibt. Aber die Länder haben ein Problem - besonders in ihrem Verhältnis zum Bund, aber auch in ihrem Verhältnis zu ihren Gemeinden -: Sie haben in ihren Budgets den höchsten Anteil der Fixkosten, aber zugleich die schlechtesten Finanzierungsmöglichkeiten, erst recht wenn eine Schuldenbremse geschaffen werden wird.
Es ist so viel von der Asymmetrie im Föderalismus die Rede. Die Asymmetrie besteht vor allen Dingen zwischen den Ländern, aber auch innerhalb ein und desselben Landes sowie in den jeweiligen Länderhaushalten. Während die Föderalismusreform I die Ausgabenautonomie der Länder gestärkt hat, wovon sie in der nächsten Zeit sicher Gebrauch machen werden - Berlin hat damit begonnen -, ist ihre Einnahmenautonomie bis auf die Kreditaufnahme gleich null; doch gerade die soll ja begrenzt werden. Also bleibt die Frage von mehr Steuerautonomie, die wir bereits bei der Föderalismusreform I andiskutiert haben, unausweichlich. Die Länder haben dieses Thema noch nicht in ihre Themensammlung aufgenommen; doch sie werden dieser Frage nicht ausweichen können.
Es gibt auch klare Interessen des Bundes. Neben seinen Eigeninteressen hat der Bund auch gesamtstaatliche Interessen. Denn als Einzelkörperschaft ist er leichter handlungsfähig als die Ländergesamtheit, und im Außenverhältnis wird er zur Verantwortung gezogen, nicht die 16 Länder. Dazu will ich als Haushälter, der sich für das Steuergeld verantwortlich fühlt, sagen: Der Bund trägt 61 Prozent der gesamtstaatlichen Schulden; aber er bekommt nur 42,1 Prozent des gesamten Steueraufkommens. Und der Gesamtschuldenstand - wir reden nicht nur von der Neuverschuldung - von Bund und Ländern, Gemeinden und Sozialkassen ist nach wie vor zu hoch, von einem Schuldenabbau ist unser Gesamtstaat noch weit entfernt! Darum muss gehandelt werden; das ist der eigentliche Grund, warum wir diese Stufe II einleiten.
Eine Seitenbemerkung zur Neugliederung der Länder, einem seit einiger Zeit nicht mehr nur außerhalb, sondern auch innerhalb des Hauses besonders beliebten Thema, kann ich mir nicht verkneifen: Man kann eine Neugliederung nach Art. 29 des Grundgesetzes vornehmen. Die Schwelle ist im Sinne von mehr Verantwortung der Länder gesenkt worden; mit der Wiedervereinigung ist aus einer Mussvorschrift eine Kannvorschrift gemacht worden. Debatten über die Fusion von Ländern sind scheinbar tabuisiert. Dennoch werden manche geführt, zum Beispiel die über ein Land Berlin-Brandenburg. Ich finde, jedes Land sollte im Hinblick auf seine Leistungsfähigkeit - das ist das Kriterium des Art. 29 Abs. 1 Satz 1 des Grundgesetzes - auf den Prüfstand gestellt werden. Dazu sollte jedes Land bereit sein. Jedes Land sollte sich allerdings auch fragen und in die Debatte einbringen, ob und unter welchen Voraussetzungen föderaler Fairness es sich zutraut, auf einen grünen Zweig zu kommen, das heißt, den allfälligen Strukturwandel zu bewältigen und mit den anderen Gliedern der Gemeinschaft gleichzuziehen.
Herr Bundesminister Schäuble, Sie haben als Beispiel das Land Bremen genannt. Hier hat sich gezeigt, dass dies nicht ohne Hilfe möglich ist. Dieser Hilfe muss man dann aber auch gerecht werden. Das ist ein mehrfaches Wechselverhältnis. Deshalb gefällt mir die Formel von Herrn Kollegen Kuhn vom fairen Wettbewerb sehr gut.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich darf aus der heutigen Debatte, in der nicht alles vorweggenommen werden konnte, zusammenfassen: Wir vonseiten des Bundes werden parallel zu den Ländern einen eigenen Standpunkt entwickeln. Ich begrüße es, dass die Bundesregierung auf die Bank des Bundestages aufgenommen wurde. Das entwertet die Kommission, die beide gesetzgebenden Körperschaften umfasst, überhaupt nicht.
Im Gegenteil - ich erlaube mir eine etwas skeptische Anmerkung -: Ich hätte es schön gefunden, wenn auch die Länderregierungen und die Ministerpräsidenten bereit gewesen wären, die Landtage auf ihre Bank mitaufzunehmen.
Das wäre am heutigen Tage ein sehr guter parlamentarischer und föderaler Doppelauftakt gewesen.
Wir werden als Bund darauf aufpassen müssen, dass wir den Gemeinden nicht zu sehr entgegentreten. Wir haben den Gemeinden in den letzten Jahren schon sehr viel Gutes getan. Die große Gemeindefinanzreform haben wir hinter und nicht vor uns.
Die Länder werden sich daran gewöhnen müssen, dass sie die erste Adresse der Gemeinden sind.
Die Zeitspanne des 2001 neu geregelten und 2019 auslaufenden Finanzausgleichs und die eigentümliche Norm des Art. 143 c Abs. 3 Satz 3 des Grundgesetzes, die wir jüngst geschaffen haben - ich zitiere wörtlich: ?Die Vereinbarungen aus dem Solidarpakt II bleiben unberührt“ -, geben uns allen Planungssicherheit. Diesen Satz richte ich vor allem an die Bundesratsvertreter in der Kommission. Angesichts dieser Planungssicherheit sollten wir uns vor einer offenen Diskussion nicht ängstigen.
Vielen Dank.
Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms:
Als letztem Redner zu diesem Tagesordnungspunkt gebe ich das Wort dem Kollegen Dr. Hans-Peter Friedrich von der CDU/CSU-Fraktion.
Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof) (CDU/CSU):
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich denke, die Debatte hat deutlich gemacht, dass es richtig war, für die Föderalismusreform II eine sehr breit gefasste und offene Themenliste vorzusehen. Ja, wir drehen damit ein sehr großes Rad; das haben wir uns vorgenommen, Herr Minister Steinbrück. Wir haben keinen Grund zu Pessimismus.
Ich erinnere mich an die Einsetzung der Föderalismuskommission I. Damals waren viele, ja sogar die meisten skeptisch. Und tatsächlich: Kurze Zeit später - das war in der Vorweihnachtszeit vor zwei Jahren - ist sie gescheitert. Aber die Ergebnisse, die in dieser Föderalismuskommission I erarbeitet wurden, waren Grundlage für weitere Beratungen, erst zwischen Stoiber und Müntefering, später auch in den Koalitionsverhandlungen. Wichtig war, dass man einen langen Atem bewahrt hat. Lieber Kollege Struck, ich wünsche Ihnen und Herrn Ministerpräsidenten Oettinger, dass auch Sie in dieser Föderalismuskommission II langen Atem haben, den wir für einen Erfolg brauchen.
Wir werden - ich denke, das hat diese Debatte deutlich gemacht - drei Kategorien von Themen angehen müssen:
Der erste Themenbereich umfasst Themen, die besser heute als morgen oder gar übermorgen gelöst werden müssen. Ich meine damit vor allem die Aufgabe, den Weg in den Schuldenstaat zu stoppen. Das muss noch in dieser Wahlperiode mit klaren Regelungen gelingen.
Zweitens. Es gibt Themen, bei denen wir zwischen Bund und Ländern bzw. zwischen den Ländern untereinander erst noch ein gemeinsames Verständnis entwickeln müssen. Dazu zählen die Bündelung von Verwaltungsaufgaben, Verwaltungsvereinfachung - Minister Schäuble hat das schon angedeutet -, Erschließung von Synergieeffekten und kritische Überprüfung von Staatsaufgaben. Das ist die zweite Kategorie, für die wir der Diskussion innerhalb dieser Kommission eine Struktur geben müssen.
Zur dritten Kategorie zählen die Themen, die auf die politische Tagesordnung hier in Berlin und in Deutschland gehören. Wir wissen aber, dass wir die Probleme nicht auf einen Schlag lösen können. Ein Stichwort ist hier genannt worden, nämlich die Länderneugliederung.
Wir werden mit dieser Föderalismuskommission II einen politischen Prozess bzw. zumindest eine weiterführende Diskussion anstoßen. Ich denke, dass wir Georg Paul Hefty, der in der ?FAZ“ heute vor Illusionen warnt, beruhigen können. Wir werden uns nicht überheben, sondern ganz realistisch an die Dinge herangehen.
Das Ziel, die Finanzbeziehungen neu zu regeln, umfasst mehr als Grundgesetzänderungen. Grundgesetzänderungen werden aber nötig sein. Eine ist heute schon genannt worden. Mit dem Art. 115 des Grundgesetzes wurde nicht das erreicht, was man sich erhofft hatte: Die Verschuldung konnte nicht in breitem Maße gestoppt werden. An dieser Stelle brauchen wir also eine Verfassungsänderung. Dies gilt übrigens auch für andere Bereiche. Zum Beispiel müssen beim Verteilen von Geld mehr Pflichten gelten.
Wir werden aber auch eine zweite Kategorie der Gesetzgebung beachten müssen, nämlich einfachgesetzliche Regelungen unterhalb des Grundgesetzes. Auch sie müssen Gegenstand der Diskussionen zwischen dem Bund und den Ländern sowie innerhalb der Länder sein. Ich denke zum Beispiel, dass mit Art. 109 des Grundgesetzes schon heute viele Möglichkeiten gegeben sind, durch Bundesgesetze mit Zustimmung des Bundesrates mehr Disziplin in der Haushaltsführung einzuführen. Wir werden also sicher darüber diskutieren müssen, auch auf der Ebene unterhalb der Verfassung Regelungen zu treffen.
Die wichtigste Aufgabe ist, den Marsch in den Schuldenstaat zu stoppen. Roman Herzog, der frühere Bundespräsident, wird im ?Tagesspiegel“ zitiert. Dort steht:
Der öffentliche Schuldenstand von insgesamt 1 500 Milliarden Euro sei das Ergebnis der ?organisierten Verantwortungslosigkeit unserer derzeitigen Finanzverfassung“.
Unser Auftrag für diese Kommission ist, diese organisierte Verantwortungslosigkeit zu beenden.
Kollege Ernst Burgbacher, wir werden darüber streiten, ob wir ein generelles oder ein relatives Verschuldungsverbot einführen und ob wir Ausnahmen zulassen - wie auch immer. Das Ziel sollte uns allerdings immer vor Augen bleiben: Wir wollen, dass die Neuverschuldung der Gebietskörperschaften - Bund, Länder und Gemeinden - künftig nur noch eine Ausnahme und nicht wie heute die Regel ist. Das muss uns gelingen. Wer Schulden macht, ohne beantworten zu können, wie er sie zurückzahlt, handelt verantwortungslos, unsolide und unmoralisch - auch gegenüber den künftigen Generationen.
Die Bürger eines Landes müssen wissen, dass ihnen die Regierung, die Schulden macht, letzten Endes die Konsequenzen daraus - sie bestehen beispielsweise darin, einen handlungsunfähigen Staat zu hinterlassen - aufbürdet. Letzen Endes zahlen die Bürger die Rechnung, die ihnen diejenigen, die Schulden machen, präsentieren.
Wir brauchen deswegen Mechanismen, um Haushaltsrisiken vorzubeugen, sie zu erkennen und sie zu bewältigen. Das Bundesverfassungsgericht hat uns in seinem Berlinurteil eine klare Anweisung - sozusagen einen Handlungsauftrag, wenn ich es einmal so sagen darf - dafür gegeben, indem es gesagt hat:
Das Bundesstaatsprinzip macht solche Bestrebungen
- nämlich solche Mechanismen zu entwickeln -
angesichts der gegenwärtig defizitären Rechtslage erforderlich.
Es ist unsere Aufgabe, dieses Defizit durch diese Föderalismuskommission zu beseitigen.
Ich bedanke mich beim Verfassungsgericht für die Steilvorlage, die wir mit dem Berlinurteil für die Arbeit in der Kommission erhalten haben. Mit den Urteilen zur Erforderlichkeitsklausel haben wir übrigens auch schon bei der letzten Kommission Flankenschutz von dem anderen Verfassungsorgan erhalten, für den wir uns herzlich bedanken sollten.
Wir brauchen noch in dieser Wahlperiode einen nationalen Stabilitätspakt, der nicht nur so heißt, sondern seinen Namen auch verdient. Wir brauchen klare Maßstäbe für die Neuverschuldung. Wir brauchen ein Frühwarnsystem für Haushaltskrisen, die den Ländern drohen.
Das ist auch eine Frage des demokratischen Prinzips, der demokratischen Verantwortung: Möglichst zeitnah muss jede Regierung - nicht erst die übernächste Regierung - für die Schulden, die sie den Bürgern aufbürdet, zur Verantwortung gezogen werden.
Georg Milbradt, der Ministerpräsident von Sachsen, hat vorgestern in einem Interview mit dem ?Handelsblatt“ gesagt:
Wir können es uns nicht mehr leisten, dass auf der einen Seite alle Länder auf ihre Finanzautonomie pochen und gleichzeitig die Solidargemeinschaft für hochverschuldete Länder einstehen muss.
Ich stimme diesem Zitat zu. Mit anderen Worten: Wer sich beim Schuldenmachen auf Haushaltsautonomie beruft, kann sich beim Zurückzahlen von Schulden nicht auf Solidarität berufen.
Das Bundesverfassungsgericht hat uns mit seiner Berlinentscheidung und dem klaren Hinweis, dass jedes Land für politische Entscheidungen und ihre Folgen selber verantwortlich ist, in dieser Frage Flankenschutz gegeben.
Wir brauchen Sanktionsmechanismen. Ich habe jetzt in der Diskussion gemerkt, dass wir durchaus unterschiedliche Ansatzpunkte haben. Man muss entscheiden, was man will: mehr Rechte, von außen einzugreifen, oder eine stärkere Entflechtung im Hinblick auf die Solidarität. Wir werden darüber streiten, was der richtige Weg ist. Der Wissenschaftliche Beirat beim BMF hat Vorschläge gemacht, wie man Haushaltskrisen bewältigen und ihnen rechtzeitig vorbeugen kann. Ich nenne hier das Stichwort Stabilitätsrat. Das ist ein Thema, dem wir uns sehr zügig widmen sollten.
Man muss sich allerdings im Klaren darüber sein, dass aufgrund der Staatlichkeit der Länder Eingriffen von außen Grenzen gesetzt sind. Ich bedanke mich herzlich bei Bundesinnenminister Schäuble, der auf die große Bedeutung der föderalistischen Tradition unserer Verfassung hingewiesen hat. Wir haben die Staatlichkeit der Länder zu achten und müssen Rücksicht nehmen auf das, was unsere Verfassungstradition ausmacht.
Ich möchte das Thema Länderneugliederung nicht vertiefen. Nur so viel: Das ist keine heilige Kuh; das muss auf die Tagesordnung.
Lassen Sie mich zuletzt etwas zu den Kommunen sagen. Die Kommunen sind über Art. 28 des Grundgesetzes, aber auch als Adressaten von Finanzzuweisungen geschützt. Ich kann für meine Fraktion versichern, dass wir die Kommunen, immer wenn ihre Rechte betroffen sind, in die Diskussion, in die Verhandlungen einbeziehen werden. Wir, die Bundestagsabgeordneten der Koalitionsfraktionen, können und wollen die Interessen unserer Kommunen in der Föderalismuskommission nachhaltig vertreten.
Ich danke Ihnen.
Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms:
Ich schließe die Aussprache.
Ich bitte um Aufmerksamkeit, damit wir die folgenden Abstimmungen ordentlich durchführen können. - Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, der SPD und der FDP mit dem Titel ?Einsetzung einer gemeinsamen Kommission zur Modernisierung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen“. Hierzu liegen zwei Änderungsanträge vor, über die wir zuerst abstimmen.
Wer stimmt für den Änderungsantrag der Fraktion Die Linke auf Drucksache 16/3888? - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Der Änderungsantrag ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen und der FDP-Fraktion bei Zustimmung der Fraktion Die Linke und der Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen abgelehnt.
Wer stimmt für den Änderungsantrag der Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen auf Drucksache 16/3887? - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Der Änderungsantrag ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen und der FDP-Fraktion bei Zustimmung der Fraktion Die Linke und der Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen abgelehnt.
Jetzt kommen wir zum eigentlichen Antrag mit dem Titel ?Einsetzung einer gemeinsamen Kommission zur Modernisierung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen“ auf Drucksache 16/3885. Wer stimmt für diesen Antrag? - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Der Antrag ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen und der FDP-Fraktion bei Gegenstimmen der Fraktion Die Linke und Enthaltung der Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen angenommen.
Abstimmung über den Antrag der Fraktion Die Linke auf Drucksache 16/3539 mit dem Titel ?Beteiligung der Landtage bei der zweiten Stufe der Föderalismusreform und Information des Deutschen Bundestages“. Die Fraktion Die Linke hat namentliche Abstimmung verlangt. Ich möchte darauf aufmerksam machen, dass wir nach der namentlichen Abstimmung noch die Mitglieder der soeben eingesetzten Kommission mittels einfacher Abstimmung wählen werden.
Ich bitte jetzt die Schriftführerinnen und Schriftführer, die Plätze einzunehmen. Sind alle Plätze eingenommen? - Dann eröffne ich die Abstimmung.
Sind noch Mitglieder des Hauses anwesend, die ihre Stimme nicht abgegeben haben? - Das scheint nicht der Fall zu sein. Dann schließe ich die Abstimmung und bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, mit der Auszählung zu beginnen. Das Ergebnis der Abstimmung wird Ihnen später bekannt gegeben.
Ich gehe davon aus, dass wir mit der Wahl der Mitglieder der Kommission fortfahren können. Deswegen bitte ich Sie, sich auf Ihre Plätze zu begeben, damit ich bei der kommenden Abstimmung einen Überblick habe.
Kolleginnen und Kollegen, ich bitte Sie, wieder Platz zu nehmen.
Wir kommen damit zur Wahl der vom Deutschen Bundestag zu entsendenden Mitglieder der gemeinsamen Kommission zur Modernisierung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen. Hierzu liegen Wahlvorschläge der Fraktionen auf Drucksache 16/3886 vor. Wer stimmt für diese Wahlvorschläge? - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Die Wahlvorschläge sind einstimmig angenommen. Damit sind die vom Deutschen Bundestag zu entsendenden Mitglieder der gemeinsamen Kommission gewählt.
Ich rufe jetzt die Tagesordnungspunkte 22 a bis 22 e auf:
a) Beratung des Antrags der Abgeordneten Bärbel Höhn, Undine Kurth (Quedlinburg), Ulrike Höfken, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
Kennzeichnungspflicht auf verarbeitete Eier ausweiten
- Drucksache 16/3703 -
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz (f)
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (10. Ausschuss)
- zu dem Antrag der Abgeordneten Eva Bulling-Schröter, Dr. Kirsten Tackmann, Dr. Dietmar Bartsch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der LINKEN
Arbeitsplätze durch artgerechte Legehennenhaltung in Deutschland sichern - Verbot der Käfighaltung ab 2007 durchsetzen
- zu dem Antrag der Abgeordneten Bärbel Höhn, Ulrike Höfken, Cornelia Behm, Undine Kurth (Quedlinburg) und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
Verbot der Käfighaltung für Legehennen ab 2007 beibehalten
- Drucksachen 16/1128, 16/839, 16/1463 -
Berichterstattung:
Abgeordnete Dr. Peter Jahr
Dr. Wilhelm Priesmeier
Hans-Michael Goldmann
Dr. Kirsten Tackmann
Bärbel Höhn
c) Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (10. Ausschuss) zu dem Antrag der Abgeordneten Undine Kurth (Quedlinburg), Bärbel Höhn, Ulrike Höfken, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
Tierschutzpolitik energisch fortführen und weiterentwickeln
- Drucksachen 16/550, 16/1464 -
Berichterstattung:
Abgeordnete Dr. Peter Jahr
Dr. Wilhelm Priesmeier
Hans-Michael Goldmann
Dr. Kirsten Tackmann
Bärbel Höhn
d) Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (10. Ausschuss) zu dem Antrag der Abgeordneten Hans-Michael Goldmann, Dr. Karl Addicks, Christian Ahrendt, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP, der Abgeordneten Eva Bulling-Schröter, Dr. Gesine Lötzsch, Heidrun Bluhm, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der LINKEN sowie der Abgeordneten Undine Kurth (Quedlinburg), Bärbel Höhn, Rainder Steenblock, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
Verbot der Einfuhr von Wildvögeln
- Drucksachen 16/1502, 16/2849 -
Berichterstattung:
Abgeordnete Dr. Hans-Heinrich Jordan
Dr. Wilhelm Priesmeier
Hans-Michael Goldmann
Dr. Kirsten Tackmann
Undine Kurth (Quedlinburg)
e) Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (10. Ausschuss) zu dem Antrag der Abgeordneten Undine Kurth (Quedlinburg), Bärbel Höhn, Ulrike Höfken, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
Einfuhrverbot für Katzen- und Hundefelle
- Drucksachen 16/841, 16/3079 -
Berichterstattung:
Abgeordnete Dr. Peter Jahr
Dr. Wilhelm Priesmeier
Hans-Michael Goldmann
Dr. Kirsten Tackmann
Undine Kurth (Quedlinburg)
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für die Aussprache anderthalb Stunden vorgesehen. Gibt es Widerspruch? - Das ist nicht der Fall. Dann ist das so beschlossen.
Ich eröffne die Aussprache und erteile als erster Rednerin das Wort der Kollegin Bärbel Höhn vom Bündnis 90/Die Grünen.
Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Heute ist der letzte Debattentag vor Weihnachten. Da sich das Jahr dem Ende nähert, ist es richtig, im Bereich des Tierschutzes Bilanz zu ziehen. Was hat das Jahr 2006 für den Tierschutz gebracht? Der 1. Januar 2007 sollte der große Tag des Tierschutzes werden; denn Renate Künast hatte erkämpft, dass an diesem Tag ein Verbot der Batteriekäfighaltung in Kraft tritt. Kein Huhn in Batteriekäfighaltung ab dem 1. Januar 2007!
Es wird leider nicht so kommen; denn Bundesminister Seehofer hatte nichts Besseres zu tun, als gemeinsam mit den Ländern das Verbot rückgängig zu machen. Er zwingt die Legehenne für weitere Jahre in die schlimmste Form der Käfighaltung. 2006 ist also kein gutes Jahr für den Tierschutz in Deutschland.
Die Fortführung der Batteriekäfighaltung wurde übrigens schon 1999 vom Bundesverfassungsgericht als verfassungswidrig eingestuft. Deshalb ist das rückgängig gemachte Verbot ein Rückschlag. Bundesminister Seehofer hält es offensichtlich noch nicht einmal für nötig, hier anwesend zu sein, obwohl er den Weiterbetrieb unterschrieben hat.
- Es wäre gut, wenn Herr Seehofer zuhörte.
2002, vor fast genau fünf Jahren, haben alle Fraktionen in diesem Haus den Tierschutz in die Verfassung aufgenommen. Ich habe mir die Protokolle der Debatten vom Jahre 2000 und 2002 noch einmal durchgelesen und fand die Rede von Herrn Röttgen interessant. Er hat sich zum Schutz der Tiere bekannt und gesagt: Der Schutz der Tiere ist ein essenzieller Bestandteil jeder humanen Gesellschaft. Die Anerkennung der Würde der Tiere zählt zu den zivilisatorisch-kulturellen Elementen. Für die CDU/CSU sei das kein Lippenbekenntnis. Sie trete vielmehr für eine konkrete, aktiv betriebene Tierschutzpolitik ein.
Gute Worte, gute Lippenbekenntnisse! Aber ich frage mich, ob es konkreter, aktiv betriebener Tierschutz ist, wenn Legehennen so wenig Platz haben, dass sie noch nicht einmal nebeneinander schlafen oder gleichzeitig fressen können. Das ist nicht artgerecht. Deshalb muss mit der Batteriekäfighaltung in Deutschland Schluss sein.
Batteriekäfighaltung ist agroindustriell. Das eigentliche Problem ist, dass es jetzt nicht nur für Hühner gilt, sondern dass es zunehmend auch auf Schweine angewandt wird. In den neuen Bundesländern haben wir mittlerweile Schweinefabriken mit mehr als 20 000 Tieren in einem Betrieb. Das ist zu viel. Das hat mit Tierschutz nichts zu tun.
Riesige Mastanlagen mit bis zu 90 000 Tieren sind in Planung. Die Schweine werden in Deutschland auf harten Betonböden mit Spalten gehalten, durch die ihre Exkremente fallen, und in diesem Gestank leben die Schweine in Deutschland. Billige Schweine- und Putenschnitzel haben ihren Preis, gerade was den Tierschutz angeht, und das müssen wir ändern.
Auf EU-Ebene steht im nächsten Jahr die Hähnchenmast an. Der Vorschlag, den die EU hierzu unterbreitet hat, würde in Deutschland zu einer Verschlechterung führen. Es würden dann immerhin 38 Kilogramm pro Quadratmeter zugelassen, wobei ich es abartig finde, dass man, wenn man von Tieren redet, von Kilogramm pro Quadratmeter spricht. Tiere werden in Deutschland nur noch nach Kilogramm bemessen und nicht mehr nach Tierzahl.
Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, was die Verbraucher tun können. Sie können mit dem Einkaufswagen entscheiden, aber sie müssen es auch können. Bezüglich der Eier gibt es mittlerweile eine Kennzeichnungspflicht. Wir sagen eindeutig: Kein Ei mit der ?3“, denn das sind Batteriekäfigeier. Die Verbraucherinnen und Verbraucher halten sich auch daran, was ihr Frühstücksei angeht. Sie halten sich aber nicht beim Kauf von verarbeiteten Produkten daran, denn dort gibt es keine Kennzeichnungspflicht. Deshalb fordern wir eine Kennzeichnungspflicht auch bei verarbeiteten Produkten. Diesen Antrag haben wir eingebracht.
Bezüglich des Informationsrechts für die Verbraucherinnen und Verbraucher gibt es auch das Verbraucherinformationsgesetz. Dies ist die zweite Pleite des Jahres 2006. Dieses Verbraucherinformationsgesetz ist inhaltlich schlecht, lückenhaft und lässt sehr viele Ausnahmen zu. Dieses Gesetz ist aber nicht nur inhaltlich schlecht, sondern auch juristisch falsch gemacht. Das sind keine zusätzlichen Rechte für die Verbraucherinnen und Verbraucher in diesem Land. Nehmen Sie einfach den Gesetzentwurf der Grünen. Der ist gut und würde den Verbraucherinnen und Verbrauchern endlich etwas bringen. Das ist Verbraucherschutz.
Herr Seehofer hat in seiner Rede vor dem Deutschen Tierschutzbund eine Menge Redewendungen gebracht, die mit Tieren zu tun haben. Ich kann Ihnen auch eine Redewendung nennen. Herr Seehofer, bezüglich der Batteriekäfighaltung hat man mit Ihnen den Bock zum Gärtner gemacht. Das war keine gute Lösung für die Tiere.
Ansonsten zeichnen Sie sich durch eine Vogel-Strauß-Politik aus. Anstatt die Initiative Hessens zum jüngsten Urteil zum Schächten aufzugreifen, in der Tierschutz und freie Religionsausübung zusammengebracht werden, stecken Sie den Kopf in den Sand und nützen nicht den Tieren in diesem Land.
Ich komme zum Schluss. Wir haben auf Initiative der Grünen mit Mehrheit aller Fraktionen - dafür danke ich Ihnen - das Verbot der Einfuhr von Robbenprodukten in Deutschland beschlossen. Weihnachten ist ja die Zeit der Geschenke, und zwar auch für Tiere. Uns liegen nicht nur die Robben in Kanada und Norwegen am Herzen, sondern wir sollten auch mehr für die mehr als 100 Millionen Nutztiere in Deutschland tun. Das wäre ein Geschenk an die Tiere.
Vielen Dank.
Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms:
Bevor wir in der Rednerliste fortfahren, gebe ich Ihnen das Ergebnis der namentlichen Abstimmung zu dem Antrag der Fraktion Die Linke ?Beteiligung der Landtage bei der zweiten Stufe der Föderalismusreform und Information des Deutschen Bundestages“ auf Drucksache 16/3539 bekannt: Abgegebene Stimmen 544, mit Ja haben 47 gestimmt, mit Nein haben 451 gestimmt, Stimmenthaltungen 46. Der Antrag ist damit abgelehnt.
Die nächste Rednerin ist Kollegin Julia Klöckner, CDU/CSU-Fraktion.
Julia Klöckner (CDU/CSU):
Herr Präsident! Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Unsere Freunde von der grünen Fraktion haben wieder einen putzigen Antrag gestellt. Wir haben bald Weihnachten, können Wunschzettel schreiben und auch an das Christkind glauben. Frau Höhn, wenn ich Sie richtig verstanden habe, fordern Sie allen Ernstes, die Lebensmittelkennzeichnungsverordnung so zu ändern, dass Angaben zur Haltungsform der Legehennen bei allen Lebensmitteln und auch anderen Produkten, die Ei als Zutat enthalten, verpflichtend vorgeschrieben werden.
Die Frage ist: Darf es sonst noch irgendetwas sein? Sie bleiben Ihren ideologischen Vorstellungen treu. Bei Ihnen gibt es nur Schwarzweißmalerei. Hennenhaltungsbetriebe, die hochtechnisiert sind, sind schlecht und deshalb sollen die Eier dieser Betriebe stigmatisiert werden. Was bei Ihren Anträgen immer wieder fehlt, ist der Realitätssinn und der Wunsch, praktikable Regelungen zu treffen. Eines finde ich noch viel trauriger: Sie sprechen von Weihnachtsgeschenken. Ihre Botschaft an die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die in dieser Branche arbeiten, heißt: Wir möchten Arbeitsplätze vernichten.
Es ist schon schlimm, dass es trotz des härter werdenden Wettbewerbs zahlreiche Ausnahmeregelungen für Länder, die der EU kürzlich beigetreten sind, gibt. Ich nenne Tschechien, Ungarn und Slowenien. Diese Ausnahmeregelungen belasten die deutsche Produktion. Die Ausnahmeregelungen gelten bis zum Jahr 2009. Diese Länder brauchen Tierschutzstandards, die unsere Betriebe in Deutschland einhalten müssen, nicht einzuhalten. Mittlerweile kommt jedes fünfte Ei, das derzeit in Tschechien produziert wird, aus Betrieben, die die Mindeststandards des Tierschutzes nicht einhalten. Sie, Frau Künast, haben als ehemalige Ministerin diesen Regelungen bei den Beitrittsverhandlungen zugestimmt. Für die deutschen Unternehmen haben Sie aber eine viel strengere Regelung gefordert.
- Doppelzüngigkeit ist das.
Sie fordern eine willkürliche Kennzeichnung auf Verpackungen. Die hätten Sie in Ihrer Regierungszeit umsetzen können. In Ihrer Regierungszeit hätten Sie die Mehrheit dafür sammeln können. Jetzt glauben Sie allen Ernstes, dass wir dem Antrag heute zustimmen. Ihnen fehlt der Realitätssinn. Selbst die EU hat 2003 Ihr Ansinnen, Frau Künast, abgelehnt.
Dieser Realitätssinn ist ein Grund, warum ich auf die EU stolz sein kann.
Haben wir keine anderen Probleme in diesem Land, als diese absurden Forderungen zu diskutieren? Konkret heißt das nämlich, dass Sie auf jeder Nudelpackung, bei jedem Kuchen, bei allen Keksen und bei allen Produkten, die Eier aus Legehennenhaltung enthalten, eine Kennzeichnung durchsetzen möchten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen der Grünen, ich stelle mir jetzt eine Szene im Restaurant vor, wenn das panierte Schnitzel gebracht wird. Vielleicht haben Sie auch noch Vorschläge, wie man den Teller optisch gestalten könnte, damit man erkennt, welches Ei, das in der Panade ist, aus Freilandhaltung, welches aus Bodenhaltung und welches aus Käfighaltung stammt.
Sie haben einen Wunschzettel, auf dem Sie gerne noch diesbezüglich etwas aufschreiben können. Das hört sich bei Ihnen alles prima an, aber wir müssen das zu Ende denken. Das heißt nämlich, dass alle Produkte gekennzeichnet werden müssen, nicht nur Majonäse, Schokoküsse und Haarshampoo, sondern auch Katzenfutter. Ich bezweifle, dass es die Katze interessiert, wie das Huhn das Ei gelegt hat.
Bedenken Sie einmal den Bürokratieaufwand.
Abgesehen davon, dass das nicht praktikabel ist, machen Sie keine Vorschläge, wie wir mit importierten Produkten umgehen sollen. Sie machen keine Vorschläge, wie wir die importierten Produkte überhaupt kontrollieren und letztlich rückverfolgen sollen. Für mich ist das eine klassische Inländerdiskriminierung, weil die Vorschrift auf EU-Ebene nicht harmonisiert ist. Sie machen es unseren Betrieben und damit den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in Deutschland unnötig schwer. Das ist die Wahrheit.
Bei einer weitgehenden Umstellung auf Eier aus Bodenhaltung, ob auf Freilandeier oder auf Bioeier, wäre der mengenmäßige Bedarf der industriellen Verarbeiter - die Zahlen sollten Sie sich anschauen - aus diesen Bereichen gar nicht zu decken. Die Deutschen konsumieren jährlich 14 Milliarden Eier. Denken Sie doch einmal einen kleinen Schritt um die Ecke, wenn der Weg nicht gerade geht. Wenn eine Mauer kommt, rennen Sie als Grüne immer dagegen.
Sie schaffen es einfach nicht, um die Kurve zu denken.
70 Prozent der 14 Milliarden Eier, die hier in Deutschland konsumiert werden, kommen aus Legehennenhaltung; 12 Prozent kommen aus Freilandhaltung. Wenn wir Ihre Forderung umsetzten, käme es zu immensen Engpässen bei der Produktion. Wir wissen alle, wo die Eier dann herkommen.
- ?Ja und?“, sagt Frau Höfken. Dann würde uns der Tierschutz außerhalb Deutschlands überhaupt nicht interessieren. Wir würden dann Eier aus Ländern beziehen, die einen viel geringeren Tierschutzstandard als wir in Deutschland haben, und das einschließlich Verbrauchertäuschung; denn der Verbraucher weiß dann noch weniger über die Herkunft der Eier als hier in Deutschland.
Sie als Grüne schieben gerne immer die Interessen der Verbraucher vor, um Ihre eigenen ideologischen Vorstellungen durchzusetzen.
Bei einer Umfrage der Verbraucherzentrale gaben 64 Prozent der Befragten an, mit den bisherigen Informationen auf den Verpackungen eigentlich zufrieden zu sein. Außerdem gaben sie an, dass sie Wert darauf legen, Informationen darüber zu erhalten, welche Inhaltsstoffe enthalten sind, die für sie möglicherweise gesundheitsgefährdend sind; das ist zum Beispiel für Allergiker sehr wichtig. Das halten auch wir für richtig.
Aber seien Sie doch so realitätsnah, einzusehen, dass der Verbraucher, wenn wir noch mehr auf eine Verpackung schreiben, gar nicht mehr draufschaut und auch nicht mehr weiß, wie er damit umgehen soll. Auf eine solche Informationsflut zu verzichten, das ist richtig verstandener Verbraucherschutz; das ist besser als reiner Aktionismus.
Warum sagen Sie nicht, was Sie wirklich wollen? Sie wollen eine Haltungsform verbieten. Dazu haben Sie vor Monaten einen Antrag gestellt, der nicht durchgekommen ist. Deshalb versuchen Sie jetzt, diesen Antrag mithilfe irgendwelcher anderen fadenscheinigen bürokratischen Regelungen doch noch durchzubringen. Für wie blöd halten Sie uns eigentlich? Wir sind ein bisschen früher aufgestanden, als Sie glauben und als Sie es je schaffen werden.
Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:
Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Künast?
Julia Klöckner (CDU/CSU):
Ich würde gerne erst meine Rede beenden. Dann können Sie noch einmal nachfragen.
Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:
Nein, nach der Redezeit lasse ich keine Zwischenfrage mehr zu.
Julia Klöckner (CDU/CSU):
Umso besser.
Ich halte es auch für sehr wichtig, noch einmal darauf hinzuweisen, dass Ihnen die Arbeitsplätze in Deutschland offensichtlich völlig egal sind. Sie verlieren kein Wort darüber, wenn man Sie fragt, wie Sie damit umgehen. Dass Tierschutzstandards in anderen Ländern viel niedriger sind,
interessiert Sie nicht. Auch wenn die Kennzeichnung im Ausland nicht durchsetzbar ist, ist Ihnen das egal.
Wir als CDU/CSU-Fraktion setzen darauf, dass der Verbraucher entscheiden soll und kann. Es ist richtig, dass er auch jetzt im Supermarkt entscheiden kann. Wir sind dafür, dass die wichtigsten Informationen gegeben werden, zum Beispiel für die Allergiker über allergene Stoffe, damit sie kein falsches Produkt greifen, oder Tabellen mit Nährwertkennzeichnung. Das machen viele Betriebe freiwillig und darin liegt ein Wettbewerbsvorteil. Darauf setzen wir.
Noch eines, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Grünenfraktion.
Bei der Grünen Gentechnik fordern Sie keine Kennzeichnung. Da könnten wir doch eine Kennzeichnung vornehmen! Aber weil klar ist, dass schon jetzt 80 Prozent aller Produkte gentechnisch verändert sind, fürchten Sie, dass der Verbraucher sich daran gewöhnt und Sie Ihr Schreckensszenario nicht mehr verbreiten können.
Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:
Ich frage Sie noch einmal, Frau Kollegin: Gestatten Sie jetzt eine Zwischenfrage der Kollegin Künast?
Julia Klöckner (CDU/CSU):
Es wird nicht dadurch besser, dass sie sich öfter meldet.
Die derzeitige Kennzeichnungsregelung führt meiner Meinung nach in die Irre. Meine Fraktion und ich sind dafür, zukünftig alle Produkte zu kennzeichnen, die gentechnisch verändert sind oder bestimmte Stoffe enthalten können. Dann sieht der Verbraucher, dass bereits 80 Prozent gentechnisch verändert sind.
Es ist keiner daran gestorben.
Ich denke, das ist eine ganz klare Botschaft. Wir als CDU/CSU-Fraktion werden uns im kommenden Jahr der Ernährung widmen. Wir werden in unserer Fraktion einen Ernährungskongress veranstalten. Mit unserem Koalitionspartner werden wir einen Ernährungsantrag stellen. Die Bundesregierung hat zugesagt, einen nationalen Ernährungsplan und einen Allergieplan mit auf den Weg zu bringen. Sie sehen, bei uns ist das Thema in den richtigen Händen.
Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:
Frau Kollegin, jetzt müssen Sie zum Ende kommen.
Julia Klöckner (CDU/CSU):
Dann wünsche ich allen trotz Ihres Wunschzettels wunderschöne Weihnachtstage.
Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:
Das Wort hat der Kollege Michael Goldmann, FDP-Fraktion.
Hans-Michael Goldmann (FDP):
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die FDP-Bundestagsfraktion und ich persönlich begrüßen es, dass wir uns heute zu einer angemessenen Tageszeit - diese Debatte wird übertragen - dem Tierschutz in Deutschland zuwenden. Wir können heute eine Leistungsbilanz vorlegen und darstellen, welche gute Arbeit wir im Ausschuss geleistet haben.
Weil es vielleicht den einen oder anderen gibt, der sich die Tagesordnung nicht so genau angeschaut hat, will ich einmal aufzählen, worüber wir konkret reden wollen. Wir reden über die Ausweitung der Kennzeichnungspflicht auf verarbeitete Eier, über Käfighaltung, über das Verbot der Einfuhr von Wildvögeln und über das Einfuhrverbot für Katzen- und Hundefelle. Ich glaube, viele Menschen in Deutschland bewegen diese Themen; sie sind in der vorweihnachtlichen Zeit davon durchaus berührt. Deswegen finden wir es, wie gesagt, prima, dass wir darüber reden können.
Wir als FDP begrüßen dies auch, weil wir insoweit in einer guten Tradition stehen. Herr Hirsch hat damals dafür gekämpft, den Tierschutz in die Verfassung aufzunehmen. 2002 wurde dann der Tierschutz als Staatsziel ins Grundgesetz aufgenommen. Das war ein Erfolg. Vielleicht hat sich die Position, die den Grünen vorschwebte, nicht ganz durchgesetzt. Aber es ist besser, Fakten zu schaffen als nur Zeichen zu setzen oder Aktionismus zu betreiben. Ich denke, in dieser Kontinuität sollten wir die Dinge fortführen.
Wir müssen uns intensiv darüber unterhalten, wie wir es mit der Kennzeichnungspflicht halten. Der Antrag der Grünen geht meiner Meinung nach nicht substanziell genug mit dem Sachverhalt um. Aber wir alle, die wir in diesen Bereichen arbeiten, wissen, dass Rückverfolgbarkeit heute ein außerordentlich wichtiges Kriterium ist
und dass dadurch Verbraucherentscheidungen durchaus beeinflusst werden. Ein mündiger Verbraucher muss wissen, unter welchen Bedingungen ein Produkt hergestellt wurde und was darin enthalten ist. Ansonsten kann er sich nicht qualifiziert verhalten. Wir sollten also über diese Punkte reden.
Auch ich finde es ein bisschen eigenartig, dass Frischeier gekennzeichnet werden müssen, dass aber verarbeitete Eier keinerlei Kennzeichnung haben.
Ich finde es auch nicht besonders glücklich, dass, wie wir alle wissen, aus Brasilien importiertes Fleisch mit dem so genannten Frischemerkmal durch das Hinzufügen von Salz und auch aufgetautes Fleisch als Frischfleisch gehandelt werden können, obwohl Frischfleisch nach Auffassung der Verbraucher in der Tat frisches Fleisch sein sollte. Ich denke, wir müssen zum Wohle der Ernährungswirtschaft in Deutschland und, liebe Julia Klöckner, im Interesse der Arbeitsplätze in diesem Bereich darüber reden.
Denn wir werden den Wettbewerb um Arbeitsplätze nur gewinnen, wenn wir in diesem Bereich Vorreiter sind.
In diesem Punkt hat Frau Künast mit ihrem Zwischenruf schon Recht, dass man manchmal etwas vorauseilend machen muss, um etwas zu erreichen.
Ich erinnere mich an Diskussionen im Ausschuss darüber, wie wir es eigentlich mit dem Einfuhrverbot für Katzen- und Hundefelle und mit dem Verbot der Einfuhr von Wildvögeln halten. Aus dem Haus kam dann die Bemerkung, dass man das nicht national regeln könne, sondern dass es europaweit geregelt werden müsse. Jetzt hat es eine europaweite Regelung gegeben. Warum? Weil die Dänen vorher ein Verbot erlassen hatten. Die Harmonisierung musste also ?durch die Hintertür“ eingeführt werden.
Weil die Dänen Vorreiter waren, ist es Gott sei Dank zu einem Verbot für die meiner Meinung nach völlig unmögliche Einfuhr von Katzen- und Hundefellen gekommen. Ich kann das nur begrüßen.
Ich denke, auch bei dem Verbot der Einfuhr von Wildvögeln müssen wir genau diesen Weg gehen.
- Es geht hier nicht um ?eins zu eins“. Bei einer Eins-zu-eins-Umsetzung geht es um Verordnungen, die von der europäischen Ebene kommen. Hier geht es aber darum, etwas auf den Weg zu bringen, was dann in allen europäischen Ländern hoffentlich umgesetzt wird.
- Herr Kelber, das ist überhaupt kein Widerspruch. Wenn Sie die Ausschussarbeit verfolgen, dann wissen Sie, dass sich die Vertreter der Opposition in diesen Fragen zum Erstaunen des einen oder anderen fachlich zusammenfinden.
Ich finde es richtig, dass man in der Ausschussarbeit den fachlichen Aspekt in den Vordergrund stellt.
- Dass die Erkenntnis durchgreift, gilt hoffentlich auch für Ihre eigene Fraktion.
Weil es uns Vergnügen macht, darüber zu reden, will ich in Erinnerung rufen, was wir im Ausschuss alles gemacht haben. Wir haben zum Beispiel über die Robbenproblematik gesprochen. Mir hat sehr imponiert, was Sie von Ihrem Besuch in Kanada erzählt haben. Wir haben gehandelt. Wir haben uns beispielsweise mit dem Import von Wildvögeln und mit dem Halten von Tieren in Zirkussen beschäftigt. Dazu gab es eine hochinteressante Anhörung. Wir haben uns mit dem Halten von Tieren in Zoos beschäftigt. Ich glaube, dass jedem von Ihnen, der zurzeit in ländliche Gegenden kommt, in denen ein Zirkus untergebracht ist, und sieht, wie Zirkustiere zum Teil in ihren Winterquartieren gehalten werden, das Tierschutzherz schmerzt.
Ich finde es nicht schlimm, dass es einen schmerzt. Man muss dann aber zu den Leuten gehen und mit ihnen reden. Man muss sich kommunalpolitisch und wir müssen uns bundespolitisch dafür einsetzen, dass Verbesserungen erzielt werden.
Frau Höhn, ich finde es gut, wenn Sie eine Aktion in der Form machen: der Wal und ich vor dem Brandenburger Tor. Das ist hübsch; das hat eine Botschaft. Aber bei den Legehennen liegen Sie nun wirklich falsch. Für die Haltung von Legehennen haben wir in Deutschland eine Lösung gefunden, die ich für praktikabel halte.
Wenn Legehennen Eier legen, ist das eine Leistung.
Aber man muss vielleicht ein bisschen biologisch und tierärztlich gebildet sein, was ich Gott sei Dank bin, um zu wissen: Hühner legen nur Eier, wenn es ihnen gesundheitlich gut geht. Wenn die Eierlegeleistung in der neuen Haltungsform, in der Volierenhaltung oder der Kleingruppenhaltung, hoch ist, dann können Sie bis zu einem gewissen Grad davon ausgehen, dass diese Haltungsform der Artgerechtigkeit bei diesen Tieren nicht unmittelbar widerspricht.
Frau Höhn, bei solchen Dingen sollten wir nicht irgendetwas in die Gegend blubbern und Wind in Bezug auf den Tierschutz machen, sondern konkret Problemlösungen angehen. Ich finde, dass die Lösung, die hierzu gefunden worden ist - Sie wissen, dass das nicht immer unsere Vorstellung war -, sachgerecht ist und durchaus eine Zukunftschance haben sollte.
Sie sollten nicht einfach Blindbegriffe verwenden. Die Zuhörer sind ja keine Experten. Die neue Haltungsform hat nichts mit Batteriekäfighaltung zu tun.
Das hat nichts mit agroindustrieller Wirtschaftsweise zu tun. Frau Höhn, das ist schlicht Quatsch.
- Frau Höhn, das ist schlicht Quatsch.
Ich bin ja mit meinem Vater seit 1954 durch die Gegend gefahren
und habe landwirtschaftliche Betriebe besucht; auch mein Vater war ja Tierarzt. Da hatten die Bauern acht bis zehn Kühe. Ich sage Ihnen einmal ganz ehrlich ein bisschen flapsig: Da hätte ich weiß Gott keine Kuh sein wollen. Die standen mit dem Kopf vor der Wand; es tropfte. Sie standen mit den Beinen hinten im Mist und hatten ?saumäßige“ Haltungsbedingungen.
Heute haben bei uns Milchbauern in leistungsfähigen Betrieben, wo sie sich - weil sie, nebenbei gesagt, eine gute Ertragssituation haben - um die Tiergesundheit und den Status des Tieres in der Haltungsform kümmern können, 120 bis 150 Milchkühe. All diese Kühe sind nicht mehr angebunden. Diese Kühe können ihre Liegefläche wählen, wie sie wollen. Diese Kühe werden zu dem Zeitpunkt gefüttert, zu dem die Tiere es wollen. Diese Tiere haben heute einen Gesundheitsstatus, der dem in früheren Zeiten haushoch überlegen ist.
Deswegen ist es schlicht falsch, zu sagen: Eintierhaltung ist gut und Vieltierhaltung ist schlecht. Es kommt darauf an, wie die Vieltierhaltung ausgestaltet ist. Das sollten Sie endlich einmal zur Kenntnis nehmen.
Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:
Herr Kollege, die Frau Kollegin Höhn würde furchtbar gerne eine Zwischenfrage stellen.
Hans-Michael Goldmann (FDP):
Das gönne ich ihr.
Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Herr Kollege Goldmann, ich habe eben von der Batteriekäfighaltung gesprochen. Ich habe diese Batteriekäfighaltung auf das bezogen, was über Jahrzehnte in Deutschland üblich war und was zum 1. Januar nächsten Jahres auslaufen sollte. Können Sie bestätigen, dass die Möglichkeit der schlimmen alten Batteriekäfighaltung, die wir von vielen Bildern kennen und die viele auch in der Praxis gesehen haben - ich rede nicht von dem neuen Käfig, der aus meiner Sicht aber auch schlimm genug ist -, von der Bundesregierung und den Ländern um zwei weitere Jahre verlängert worden ist?
Hans-Michael Goldmann (FDP):
Es ist richtig, was Sie sagen: Die Möglichkeit dieser Haltungsform ist verlängert worden. Denn es macht meiner Meinung nach keinen Sinn, dass man diese Haltungsform ins Ausland exportiert und wir dann die Geflügelprodukte - Fleisch und Eier - aus einem Land bekommen, wo die Haltungskriterien viel schlechter sind als bei uns.
Ich will Ihnen etwas anderes sagen, Frau Höhn: Sie tun sich selbst keinen Gefallen damit, wenn Sie in diesem Zusammenhang das Wort ?Käfig“ wieder so benutzen, wie es für frühere Zeiten zutraf. Sie wissen ganz genau: Der alte Käfig ist verboten. Wir sind auf dem Weg, Haltungsformen zu entwickeln, die den Tieren gerechter werden. Es gibt Versuche dazu. Ich glaube, dass wir da auf einem guten Weg sind.
- Frau Höhn, Sie tun sich damit keinen Gefallen.
Auch der Begriff ?Schweinefabrik“ hat nichts mit der Idee des Tierschutzes zu tun.
- Nein, Frau Höhn. - Das ist eine Diskriminierung gegenüber heute notwendigen Haltungsformen. Frau Höhn, es ist schlicht falsch, anzunehmen, dass es dem Tier Nr. 36 besser geht als dem Tier Nr. 8 720 in einem Betrieb.
Es kommt darauf an, wie viel Platz das Tier hat, wie viel Licht es bekommt und welchen Futterzugang es hat. Wenn die Haltungsformen nicht tier- und artgerecht wären, könnten wir die züchterischen Erfolge überhaupt nicht erzielen, hätten keine Marktteilhabe mehr und wären im Grunde genommen auf Importe aus Ländern angewiesen, in denen ich wirklich kein Tier sein wollte; Gott sei Dank bin ich es nicht.
Wir müssen uns auf das Ziel fokussieren, guten Tierschutz in Deutschland zu verwirklichen. Dafür müssen wir gemeinsam streiten.
Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:
Herr Kollege, ich glaube, die Zwischenfrage ist jetzt beantwortet, und ich darf die Redezeit weiterlaufen lassen.
Hans-Michael Goldmann (FDP):
Liebe Frau Präsidentin, meine Redezeit ist ja auch schon abgelaufen.
Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:
So ist es.
Hans-Michael Goldmann (FDP):
Das habe ich selbst registriert. Deswegen war ich für Ihre Frage, Frau Höhn, durchaus dankbar.
Ich finde es gut, dass wir darüber reden. Lassen Sie uns gemeinsam weitermachen, damit wir viel für die Tiere erreichen. Wir sind auf einem guten Weg. Wir müssen aber vernünftig sein. Es geht nicht um Aktionismus, sondern um das konkrete Tun, liebe Frau Höhn.
Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:
Nächste Rednerin ist die Kollegin Mechthild Rawert, SPD-Fraktion.
Mechthild Rawert (SPD):
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Werte Gäste! Tierschutz ist ein hohes Gut. Der Schutz der Tiere ist zwischenzeitlich auch im Grundgesetz festgeschrieben worden.
Ich möchte mich an dieser Stelle bei den vielen Mitbürgerinnen und Mitbürgern bedanken, die sich in Tierschutzorganisationen engagieren, in kleinen und großen Verbänden, die nicht nur auf lokaler und regionaler Ebene tätig sind. Ihnen gebührt unser Dank. Dieser Dank soll hier und heute von mir - ich denke, im Namen des Hauses - ausgesprochen werden.
Die Bundesregierung nimmt die Aufgabe des Tierschutzes sehr ernst und verfolgt das Ziel, ein hohes Tierschutzniveau in Deutschland zu gewährleisten und den Tierschutz weiterzuentwickeln. Das betrifft den Bereich der Rechtsprechung sowie die Berücksichtigung des Tierschutzes bei der Abwägung mit anderen Rechtsgütern und schließt die finanzielle Unterstützung tiergerechter Haltungsformen, die Forschungsförderung und ein intensives Engagement auf europäischer und internationaler Ebene ein. Die Bundesregierung setzt mit ihrem Engagement in den Gremien Akzente. Sie beteiligt sich an zahlreichen nationalen und internationalen Vorhaben zur Verbesserung des Tierschutzes. Das gilt hier und heute genauso wie in der Zukunft.
Die SPD ist und bleibt die Tierschutzpartei. Sie setzt sich seit Jahren kontinuierlich für die Weiterentwicklung des Tierschutzes inner- und außerhalb Deutschlands ein. Wir gehen voran. Wir gehen vorwärts.
Wir stellen uns der Verpflichtung des ersten Paragrafen unseres Tierschutzgesetzes:
Niemand darf einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen.
In 2002 wurde - maßgeblich von meiner Fraktion vorangetrieben - der Tierschutz in Art. 20 a unseres Grundgesetzes als Staatsziel verankert. Damit wurde eine lange Diskussion über den Rang des Tierschutzes im Verfassungsgefüge endlich beendet. Dieses Staatsziel muss aufseiten der Politik bei der Gesetzgebung und aufseiten der Verwaltungsbehörden und der Gerichte bei der Auslegung und Anwendung des Tierschutzrechts immer Berücksichtigung finden.
Ich komme zur Verbindung zwischen Tierschutz und Verbraucherschutz. Nach dem Auftreten von BSE und zahlreichen Gammelfleischskandalen ist das gesamte Feld rund um die Ernährung kritisch hinterfragt und neu bewertet worden: von der Sicherheit und Qualität der Lebensmittel über die Produktionsprozesse und deren Auswirkungen auf Umwelt, Natur und Tierhaltung, quasi ?From the Farm to the Fork“, von der Farm zur Gabel.
Tierschutz ist für uns integraler Bestandteil einer Nachhaltigkeitsstrategie, die dem vorsorgenden Verbraucherschutz Vorrang einräumt, den schonenden Umgang mit Natur und Umwelt beachtet, auf eine nachhaltig produzierende Landwirtschaft setzt und den ländlichen Raum mit seinen verschiedenen Funktionen als Lebens-, Wirtschafts-, Natur- und Erholungsraum in den Blick nimmt.
Verbraucherinnen und Verbraucher entscheiden durch bewusste Kaufentscheidungen an der Ladentheke - darüber wurde heute schon ein wenig dissonant diskutiert - darüber, wie unsere Tiere in der Landwirtschaft gehalten und genutzt werden.
Jede und jeder hat somit die Möglichkeit, sich tagtäglich in kleinem und in größerem Umfang für den Tierschutz einzusetzen.
Dies setzt jedoch voraus, dass die Verbraucherinnen und Verbraucher ausreichend über die Produkte informiert sind. Mit Recht fordern sie daher von uns eine detailliertere Informationspflicht bezüglich der Produkte und der damit verbundenen Herstellungsprozesse, damit die Kaufentscheidung adäquat getroffen werden kann.
Die Kennzeichnung in Deutschland ist jedoch nach wie vor ein Buch mit sieben Siegeln. Die Verbraucherinnen und Verbraucher müssen zwischen einer Vielzahl von Bio- und Ökosiegeln unterscheiden und wissen oft nicht, welche Qualitätsstandards sich dahinter verbergen. So sind Produkte, die nach der EU-Öko-Verordnung gekennzeichnet sind, mit einem Biosiegel und einem Code der Kontrollstelle versehen. Mittlerweile haben viele Supermärkte eigene Handelsmarken - das Wettbewerbsrecht verbietet jetzt leider eine Aufzählung -, unter denen sie Bioprodukte vertreiben. Einige Verbände des ökologischen Landbaus haben eigene Siegel und legen strengere Auflagen, als die EU-Öko-Verordnung vorgibt, für ihre Produzenten fest.
Abhilfe für die Verbraucherinnen und Verbraucher könnte ein einheitliches europäisches Tierschutzsiegel schaffen. Dieses Tierschutzsiegel muss für die Verbraucherinnen und Verbraucher verständlich und ihnen leicht vermittelbar sein. Selbstverständlich muss es gesetzliche Standards für die Haltung aller Tierarten festlegen. So gibt es zum Beispiel bis heute keine Regelungen für Mastgeflügel, Rinder, Schafe, Ziegen oder Kaninchen.
Die grundlegenden Kriterien für ein solches Tierschutzsiegel sollten unter anderem Bewegungsfreiraum, Einstreu, Tageslicht, Beschäftigungsmaterial, Strukturierung und auch Außenklima sein.
Es hat sich - das wurde in den Reden deutlich - durchaus schon Diskussionsbedarf innerhalb der Koalition aufgetan. Ich habe vorhin sehr intensiv die Rede von Frau Klöckner verfolgt. Dieses Tierschutzsiegel könnte ein weiteres Problem bei der Lebensmittelkennzeichnung lösen. Zurzeit können die Verbraucherinnen und Verbraucher beim Einkauf nämlich nicht erkennen, unter welchen Bedingungen die einzelnen Zutaten für Fertigprodukte verwendet werden und wie sie hergestellt worden sind. So können - bleiben wir heute beim Beispiel der Eier - Konsumentinnen und Konsumenten von Hühnereiern zwar durch die Kennzeichnung erkennen, ob es sich um ein Ei aus Freiland- oder Käfighaltung - demnächst Volierenhaltung - handelt. Diese Kennzeichnung findet allerdings nicht bei Produkten statt, bei denen die Eier Zutat sind, wie zum Beispiel Mayonnaise, Nudeln oder Backwaren.
Das gilt selbstverständlich auch für alle anderen Fertigprodukte.
Im Zuge der EU-Ratspräsidentschaft, die jetzt beginnt, hat Deutschland die Gelegenheit, dieses Thema auf europäischer Ebene aktiv voranzubringen. Ich bin mir sicher, dass die Bundesregierung diese Pflicht sieht. Ich fordere unseren Bundesminister ausdrücklich auf, sich hierfür einzusetzen
und für die entsprechende Aufklärung der Verbraucherinnen und Verbraucher zu sorgen. Unsere Fraktion wird hierbei selbstverständlich die größtmögliche Unterstützung geben.
Den teilweisen Widerstand gegen einen besseren Tierschutz vonseiten einzelner Produzenten in der Landwirtschaft verstehe ich nicht. Gerade besserer Tierschutz als Qualitätsmerkmal kann heimischen Lebensmitteln einen Marktvorteil bringen und sichtbar machen, dass durch tierschutzgerechtes Wirtschaften Arbeitsplätze erhalten und neue geschaffen werden. Dass das möglich ist, zeigt - erneut komme ich auf die Hühnereier zurück - die große Nachfrage nach Bio- und Freilandeiern, die zurzeit nicht aus der heimischen Produktion gedeckt werden kann.
An dieser Stelle möchte ich auf Folgendes hinweisen: Ich selber komme von einem Bauernhof. Wir hatten 15 000 Hühner. Ich bin mit Eiereinsammeln und der entsprechenden Arbeit durchaus vertraut. In diesem Bereich ist es möglich, viel zu tun. Jetzt hier davon zu reden, dass in diesem Bereich keine neuen Arbeitsplätze geschaffen werden können, lehne ich ab, nicht nur aus der eigenen familiären Biografie heraus, sondern auch aus den Erfahrungen meiner Bekanntschaft, meiner Freunde und Verwandten und auch sämtlicher Nachbarn und Nachbarinnen.
Kommen wir zu den Bioeiern zurück. Sie kommen zurzeit aus den Niederlanden. Ich bin der Meinung, dass unsere deutschen Bauern und Unternehmen eine Chance am deutschen und auch am europäischen Markt vertun. Ich rechne aus diesem Grunde auch mit der Unterstützung des Lebensmittelhandels für meine Vorschläge und erwarte, dass auch die Produzenten in Deutschland das ständig wachsende Marktpotenzial für Bioprodukte endlich erkennen und nutzen.
Gerade jetzt sind dazu mehrere Umfragen durchgeführt worden. Sie belegen, dass hier von einer Ausweitung und nicht von einem Rückgang gesprochen werden kann. Mit Blick auf die Arbeitsplätze und mit Blick auf die Produktion wären wir hier auf dem vollkommen richtigen Weg.
Aus verbraucherpolitischer Sicht ist mir noch ein anderes Thema wichtig, nämlich die Förderung neuer und innovativer Techniken zur tierversuchsfreien Forschung. Verbraucherinnen und Verbraucher achten sehr wohl darauf, ob Produkte mithilfe von Tierversuchen getestet worden sind oder nicht. Seit 2004 ist es bereits verboten, kosmetische Mittel einschließlich ihrer Bestandteile in Verkehr zu bringen, wenn diese im Tierversuch überprüft wurden, obwohl alternative Methoden zur Verfügung stehen. Ich bin sehr dankbar, dass das Forschungsministerium nach wie vor große Förderprogramme in Bezug auf Ersatzmethoden für den Tierversuch, aber auch in Bezug auf die Vergabe von Forschungsmitteln zur wissenschaftlichen Erarbeitung von Tierversuchsersatzmethoden finanziert. Wie das funktioniert, konnten vor kurzem die Mitglieder des Landwirtschaftsausschusses beim Bundesinstitut für Risikobewertung in Augenschein nehmen. Ich bin der festen Überzeugung, dass Verbraucherinnen und Verbraucher gern solche Produkte kaufen, bei denen sie überzeugend nachgewiesen bekommen, dass sie nicht unter Verwendung von Tierversuchen produziert worden sind. Die SPD ist daher der Meinung, dass solche Forschungsvorhaben und Techniken zugleich wichtige Impulse für unseren Forschungs- und Wirtschaftsstandort geben und dass wir somit in diesem Bereich weltweit eine Vorreiterrolle übernehmen können.
Zu dem Antrag der Grünen möchte ich am Ende meiner Rede nur ein kurzes Wort sagen. Er ist leider ein wenig alt, zehn Monate. Ein Teil der darin enthaltenen Forderungen, zum Beispiel hinsichtlich der Nutztierhaltungsverordnung für Pelztiere, ist durch Verabschiedung einer entsprechenden Vorlage im Bundesrat längst erfüllt worden. Das steht schon im Gesetzblatt. Wir haben auch dafür gesorgt, dass für kommerziell gehaltene Nerze, Iltisse, Füchse, Marderhunde, Sumpfbiber und auch Chinchillas künftig konkrete Haltungsbedingungen gelten.
Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:
Frau Kollegin, Sie müssen zum Schluss kommen.
Mechthild Rawert (SPD):
Ich komme hiermit zum Schluss. - Ich freue mich als Berichterstatterin für Grauwale, dass wir 2007 das Jahr der Wale und Delphine haben.
Ich freue mich ebenfalls, dass in den nächsten Tagen insbesondere Ochs und Esel, Schafe und Kamele mit Sicherheit -
Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:
Frau Kollegin, ich muss Sie darauf aufmerksam machen, dass Sie auf Kosten Ihres Nachfolgers reden.
Mechthild Rawert (SPD):
- eine gute Haltung haben werden. - Ich bin fertig.
Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:
Nächste Rednerin ist die Kollegin Eva Bulling-Schröter, Fraktion Die Linke.
[Der folgende Berichtsteil - und damit der gesamte Stenografische Bericht der 74. Sitzung - wird am
Montag, den 18. Dezember 2006,
an dieser Stelle veröffentlicht.]